Wissens-Check
Wie gesund ist Barfußlaufen wirklich?
- Aktualisiert: 16.05.2024
- 04:04 Uhr
- Chris Tomas
Einen Großteil des Jahres führen unsere Füße ein Schattendasein: in engen Schuhen und dicken Socken. Dabei tut Barfußlaufen gut – auch der Gesundheit. Aber wie fängt man an? Und was bringen Barfußschuhe?
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Das Wichtigste übers Barfußlaufen
Schuhe schützen zwar unsere Füße und Zehen vor Kälte und Verletzungen, schränken aber auch ihre Bewegungsfreiheit ein. Daher tut es gut, ab und zu barfuß zu laufen.
Das Gehen auf nackten Sohlen wirkt wie eine Mini-Massage, stärkt die Fußmuskeln und fördert die Stabilität. Unser Körper ist darauf ausgerichtet, barfuß zu laufen.
Allerdings hat das Barfußlaufen auch Nachteile: Steinchen, Scherben oder spitze Gegenstände können eher zu Schrammen führen, und wer im Gras barfuß läuft, muss mit Zecken-Stichen rechnen. Auch bei manchen Krankheiten ist das Barfußlaufen gefährlich.
Aus diesem Grund solltest du nicht nur langsam starten, sondern ein paar Dinge beachten, wenn du deinen Füßen mehr Freiraum gönnen willst. Welche das sind, erfährst du weiter unten.
Ein Kompromiss sind sogenannte Minimalschuhe: Beim Laufen verleihen sie ein Barfuß-Gefühl, ohne dass sich das Verletzungsrisiko erhöht.
Im Video: So fühlt es sich an, einen Tag barfuß zu laufen
Wie gesund ist es, barfuß zu laufen?
👣 Ein prominenter Befürworter des Barfußlaufens ist der Harvard-Professor Daniel Lieberman. Der Evolutionsbiologe glaubt, dass Barfußlaufen natürlicher ist und das Verletzungsrisiko dabei kleiner ist. Der Grund: Beim Barfußlaufen setzt man den Vorder- und Mittelfuß zuerst auf; mit Schuhen hingegen die Ferse. Die Füße werden vorsichtiger und weicher voreinander gesetzt. Das dämpft den Aufprall ab, und man knickt weniger leicht um.
👣 Eine Vergleichsstudie der Forscherinnen Allison Altman und Irene Davis ergab jedoch, dass das Verletzungsrisiko ungefähr gleich ist.
👣 Immerhin: Barfußlaufen scheint dem Fuß mehr Stabilität zu verleihen, die Feinmotorik zu verbessern und die Muskelkraft zu stärken. Das ergab eine weitere Vergleichsstudie von einem irisch-neuseeländischen Forscherteam.
👣 Zudem wird durchs Barfußlaufen die Fußhaut dicker und robuster. Gleichzeitig bleibt sie aber genauso sensibel. Das zeigt eine Harvard-Studie, an der auch Prof. Lieberman beteiligt war.
👣 Laut einer britischen Übersichtsarbeit genügt es aber bereits, mit leichten Schuhen (Gewicht unter 440 Gramm) unterwegs zu sein, um die eigene Lauf-Ökonomie zu verbessern.
👣 Für Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren ist Barfußlaufen gesünder als das Laufen in Schuhen, haben Forschende aus Tschechien herausgefunden.
👣 Ob sich durchs Barfußgehen aber zusätzlich Rückenprobleme, Fußfehlstellungen und andere Beschwerden bessern, wie es oft heißt, muss noch geklärt werden.
So läufst du mehr barfuß
Im Laufsport hat das Barfußlaufen eine lange Tradition. Vor allem Athlet:innen aus afrikanischen Ländern feierten damit große Erfolge. Der Äthiopier Abebe Bikila etwa lief 1960 ohne Schuhe einen Marathon in Bestzeit, gewann dadurch olympisches Gold. Dafür brauchte er zwei Stunden, 15 Minuten und 16.2 Sekunden. Seine Leistung steht bis heute im Guinnessbuch der Rekorde.
Wer seinen Füßen mehr Freilauf lassen möchte, sollte jedoch langsam damit beginnen. Sonst drohen Überlastungsschäden. Ein bis zwei Stunden am Tag genügen für den Anfang. Am besten machst du deine ersten Schritte auf einem ebenen, weichen und wenig gefährlichen Untergrund, etwa im Garten, am Strand oder einfach in der eigenen Wohnung. Nach und nach, wenn deine Fußhaut dicker und deine Balance besser geworden ist, kannst du deinen Radius erweitern und zum Beispiel große Steine klettern oder über Baumstämme balancieren. Das trainiert die Fußmuskulatur und das Gleichgewicht.
Neben dem Joggen lassen sich auch viele andere Sportarten gut barfuß machen, zum Beispiel Aerobic oder Tanzen. Fernöstliche Kampfsportarten und Yoga werden ohnehin barfuß ausgeführt. Mutige können sich auch ans Barfußwandern heranwagen. Der Niederländer Antonius Nootenboom beispielsweise lief im Jahr 2021 mehr als dreitausend Kilometer barfuß, vom australischen Cairns nach Sydney. Weltrekord!
Barfußschuhe: Wem sie helfen und wem nicht
Eine Alternative zum Barfußlaufen sind Barfußschuhe - oder, wie sie auch genannt werden, Minimalschuhe. Sie haben eine extradünne und flexible Sohle, keine Absätze, dafür manchmal Fächer für die einzelnen Zehen. Durch die Minimalschuhe soll ein Barfußgefühl simuliert, gleichzeitig aber der Fuß geschützt werden. Es gibt sie als Sportschuhe, aber auch in der eleganten Variante für den Job.
Weil das Laufen in Minimalschuhen die Fußmuskulatur kräftigt, können sie die Gelenke stabilisieren oder Fehlstellungen ausgleichen. Lass dich aber vor dem Tragen in einer orthopädischen Praxis beraten. Menschen mit Diabetes und Erkrankungen des Nervensystems wie Polyneuropathien müssen auf Minimalschuhe meist verzichten: Die Verletzungsgefahr ist zu groß.
Seit wann tragen Menschen überhaupt Schuhe?
Auch wenn unsere Vorfahren wahrscheinlich barfuß unterwegs waren: Schuhe blicken ebenfalls auf eine lange Geschichte zurück. Funde aus dem US-Bundesstaat Oregon zeigen, dass sich Menschen schon vor rund 10.000 Jahren Pflanzenfasern als Sandalen um die Füße banden. In Armenien wurde in einer Höhe ein 5.500 Jahre alter Lederschuh entdeckt. Und Ötzi trug bereits ein ausgefeiltes Modell aus Bärenleder und einer dämpfenden Schicht aus Heu.
Häufige Fragen zum Thema Barfußlaufen
Barfußlaufen verleiht dem Fuß mehr Stabilität, stärkt die Fußmuskulatur und verbessert dadurch die Balance. Die Fußhaut wird dicker, gleichzeitig bleibt die Sensibilität erhalten. Kinder sollten regelmäßig barfußlaufen.
Barfußlaufen ist auch in der eigenen Wohnung gesund. Die Füße müssen sich allerdings erst daran gewöhnen. Wer bisher immer Socken oder Hausschuhe getragen hat, sollte mit einer Stunde pro Tag beginnen und sich nach und nach steigern.
Menschen mit Diabetes und Erkrankungen des Nervensystems wie Polyneuropathien sollten nur dort barfuß laufen, wo keine Verletzungsgefahr besteht. Auch wer Probleme mit den Gelenken oder eine Fußfehlstellung hat, lässt sich vorher am besten orthopädisch beraten.
Wissenschaftlich belegt ist der Nutzen von Minimalschuhen kaum. Viele berichten aber von positiven Erfahrungen, gerade im Laufsport. Ein Versuch kann sich also lohnen.