So entstehen die Wahlprognosen zur Bundestagswahl 2021
- Veröffentlicht: 26.09.2021
- 18:46 Uhr
- Galileo
Sobald die Wahllokale am heutigen 26. September um 18 Uhr schließen, wird im TV die erste Wahlprognose zur Bundestagswahl 2021 gezeigt. Aber woher kennt man diese Zahlen zum Wahlausgang, wenn noch keine Stimmen ausgezählt wurden? Erfahre, wie die Wahlprognosen entstehen und wie verlässlich sie sind. Im Clip: Hochrechnungen.
Wahlprognosen zur Bundestagswahl: Die wichtigsten Fakten
Am Abend der Bundestagswahl 2021 gibt es um 18:00 Uhr die ersten Wahlprognosen der Meinungsforschungsinstitute: die bekannten bunten Balken- und Tortendiagramme. Wer wird Bundeskanzler:in? Welche Parteien haben Stimmen gewonnen? Wer hat verloren? Welche Koalitionen sind im neuen Bundestag möglich?
Eine Prognose ist ein erster Trend, der das tatsächliche Wahlergebnis möglichst korrekt aufzeigen soll. Für die Prognosen werden am heutigen Sonntag Wähler:innen vor ausgewählten Wahllokalen befragt, die gerade ihre Stimme abgegeben haben.
Zu 100 Prozent verlässlich sind die Prognosen noch nicht: Sie können sich vom Endergebnis der Wahl unterscheiden, wobei die Abweichungen zwischen den Prognosen und den endgültigen Wahlergebnissen meist gering sind. Noch genauere Zahlen liefern die Hochrechnungen, die es ab 18:15 Uhr gibt.
Bundestagswahl 2021: Wie entstehen die Wahlprognosen?
💻 Meinungsforschungsinstitute wie infratest dimap, Forschungsgruppe Wahlen und Emnid erstellen am Tag der Bundestagswahl 2021 wieder die Wahlprognosen. Dazu befragen sie vor den Wahllokalen bis zu 100.000 Wähler:innen, die gerade ihre Stimme abgegeben haben. Die Institute tun dies nicht auf eigene Faust, sondern im Auftrag von TV-Sendern, die den Zuschauer:innen um 18:00 Uhr die ersten Zahlen zur Bundestagswahl präsentieren wollen.
🗺 Eine 18-Uhr-Prognose am 26. September 2021 wird wieder von infratest dimap erstellt. Das Meinungsforschungsinstitut hat dazu 560 Wahlbezirke in ganz Deutschland ausgewählt. Diese Wahlbezirke lagen bei der vergangenen Bundestagswahl sehr nah am Endergebnis. Durch die Verteilung auf das ganze Bundesgebiet soll möglichst genau abgebildet werden, wie in den verschiedenen Teilen Deutschlands gewählt wird.
📝 Die Wähler:innen bekommen von den Interviewer:innen der Meinungsforschungsinstitute einen anonymen Fragebogen. Darin sollen sie angeben, was sie gerade gewählt haben, ihr Alter, ihr Geschlecht, ihren Beruf und ihre Konfession. Mit diesen Daten können die Meinungsforschungsinstitute in ihrer Prognose beispielsweise erklären, welche Parteien besonders viele Stimmen von Männern, Rentner:innen oder Mitgliedern von christlichen Konfessionen bekommen haben.
🕟 Was die Meinungsforscher:innen so in der Vergangenheit schon herausgefunden haben: Die Wähler:innen von CDU/CSU gehen meist schon morgens zur Wahl, die Wähler:innen der Grünen eher gegen Ende des Wahltages.
🤔 Die Befragung ist anonym und freiwillig. Niemand muss daran teilnehmen, wenn er auf dem Weg aus dem Wahllokal von einer Interviewerin oder einem Interviewer angesprochen wird. Natürlich können die Meinungsforschungsinstitute auch nicht prüfen, ob die Befragten die Fragen wahrheitsgetreu beantwortet haben.
📞 Die in Boxen gesammelten Fragebögen werden mehrmals am heutigen Tag ausgewertet und die Ergebnisse per Telefon an die Zentralen durchgegeben. Auf Grundlage dieser Befragungen (und spezieller Schätzungen zur Briefwahl) entsteht die Prognose, die am Wahlabend um Punkt 18:00 Uhr präsentiert wird.
Umfragen und Prognosen zur Bundestagswahl 2021: Wo ist der Unterschied?
Bei den Wahlumfragen und Sonntagsfragen ("Welche Partei würde Sie wählen?", "Wie würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre?") in den Wochen vor der Bundestagswahl werden mindestens 1.000 Bürger:innen angerufen. 1.512 waren es etwa bei der Sonntagsfrage zum 16. September und 1.337 beim "Deutschlandtrend", den infratest dimap immer für die ARD erstellt.
Für die Wahlprognosen am Wahltag werden dagegen deutlich mehr Personen befragt (bis zu 100.000) und zudem genauer. Dabei entstehen die Prognosen bei sogenannten "Exit Polls", also bei Interviews vor den Wahllokalen mit Menschen, die soeben ihre Stimmen abgegeben haben. Durch die hohe Anzahl der Befragten sind die Abweichungen zwischen den Prognosen und endgültigen Wahlergebnissen in der Regel relativ gering.
Ein Beispiel: Bei der Prognose der Forschungsgruppe Wahlen zur Bundestagswahl 2017 lag die Abweichung zwischen Prognose und vorläufigem amtlichem Endergebnis bei den Grünen bei 0,1 Prozent, bei den Linken bei 0,2 Prozent, bei der AfD bei 0,4 Prozent, bei der SPD bei 0,5 Prozent, bei der Union bei 0,6 Prozent und bei der FDP bei 0,7 Prozent.
Verboten: Prognosen vor 18 Uhr zu veröffentlichen
❌ Es ist verboten, Trends und Prognosen vor der Schließung der Wahllokale zu verbreiten. Laut Wahlgesetz kann ein Verstoß mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro bestraft werden.
❌ So ein Vorfall ereignete sich am Tag der Bundestagswahl 2013. Im Twitter-Account eines Volontärs eines Radiosenders erschien um 16:29 Uhr der Tweet: "Habe von einem Umfrageinstituts-Mitarbeiter erste Zahlen bekommen." Was auf Twitter erschien, waren exakt die Werte eines Umfrageinstituts, die zu diesem Zeitpunkt schon etlichen Journalist:innen vorlagen. Die Zahlen waren durch die Befragung von Wähler:innen nach der Stimmabgabe entstanden. Der Volontär versicherte hinterher, dass sein Twitter-Account gehackt worden sei.
❌ Das Problem bei solchen Vorab-Trends und Prognosen: Wenn Wähler:innen schon vor dem Schließen der Wahllokale das höchstwahrscheinliche Ergebnis kennen, könnten sie ihre Wahlentscheidung davon abhängig machen.
Prognosen und Hochrechnung: Was ist der Unterschied?
Anders als die Prognosen basieren die Hochrechnungen nicht auf Befragungen, sondern auf den konkret ausgezählten Stimmen in den Wahllokalen. Von dort aus geben die Mitarbeiter:innen der Meinungsforschungsinstitute die ermittelten Daten an die Zentrale weiter.
In der Zentrale werden die bislang ausgezählten Teilergebnisse in ein wahrscheinliches Gesamtergebnis "hochgerechnet". Das bedeutet: Die Meinungsforschungsinstitute schließen von den in ausgewählten Wahllokalen bereits erfolgten Auszählungen auf das Gesamtergebnis. Später werden noch die ausgezählten Briefwahl-Stimmen in die Hochrechnungen einbezogen.
Bundestagswahl 2021: Wann gibt es erste Hochrechnungen?
🕕 Die ersten Hochrechnungen gab es bei den Bundestagswahlen 2009, 2013 und 2017 gegen 18:15 Uhr. Man kann auch 2021 mit der ersten Hochrechnung eine Viertelstunde nach Schließung der Wahllokale rechnen.
Hier kannst du am Wahlabend die Ergebnisse der einzelnen Wahlkreise sehen
Auf der Seite des Bundeswahlleiters werden am Sonntag, 26. September, die ausgezählten Ergebnisse in den Wahlkreisen, Ländern und im Bundesgebiet veröffentlicht.
Bundestagswahl 2021: Wann steht das Ergebnis fest?
📅 Das vorläufige amtliche Endergebnis kam bei der Bundestagswahl 2017 (sie fand am 24. September statt) um 5:30 Uhr des Folgetages. Das endgültige Ergebnis wurde am 12. Oktober bekannt gegeben.