Corona-Super-Mutation: Welche Folgen das haben könnte
- Veröffentlicht: 01.04.2021
- 20:45 Uhr
- Galileo
Die Warnung vor einer Super-Mutante durch Kanzleramtschef Helge Braun beunruhigt viele Menschen. Doch gibt es die überhaupt schon in Deutschland und welche Folgen könnten diese stark mutierten Viren haben?
Das Wichtigste zum Thema Super-Mutanten
In einem Interview warnte Kanzleramtschef Helge Braun vor dem Entstehen einer Super-Mutante.
Diese könne durch die hohe Zahl der Infektionen und den daraus folgenden unkontrollierbaren Veränderungen im Erbgut der Viren entstehen.
Die Folgen könnten dramatisch sein.
Was steckt dahinter? Wir haben bei der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) und der Gesellschaft für Virologie (GfV) nachgefragt.
Mutierende Viren sind normal
Viren, aber auch Bakterien mutieren immer und ständig, Viren allerdings schneller als Bakterien. Während ihrer Vervielfältigung gibt es immer wieder Veränderungen im Erbgut.
Prof. Dr. Ulf Dittmer, 2. Vizepräsident der Gesellschaft für Virologie e.V. und Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Essen dazu:
"Viren, also auch das SARS-CoV-2-Virus, verändern sich permanent, das ist normal. Hinter den Veränderungen im Genom steckt der so genannte Evolutions- oder Selektionsdruck des Virus. Also das Ziel, sich immer effektiver zu verbreiten um so das Überleben zu sichern. Das erfolgreichere Virus setzt sich dann gegenüber den konkurrierenden Viren durch, wie wir es zur Zeit bei der Britischen Mutation erleben."
3 Arten von Mutationen setzen sich häufig durch:
- Viren, die sich schneller oder einfacher von Mensch zu Mensch übertragen, zum Beispiel auch draußen.
- Viren, die das menschliche Immunsystem, seine Abwehrmechanismen und Impfungen überlisten.
- Viren, die durch Medikamente nicht mehr unschädlich gemacht werden können.
Gibt es Super-Mutante schon in Deutschland?
Dazu Prof. Dr. Bernd Salzberger, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie und Bereichsleiter Infektiologie am Universitätsklinikum Regensburg:
"Die gute Nachricht zuerst: Nein, es gibt bisher keine Super-Mutante in Deutschland. Allerdings nimmt mit steigenden Infektionszahlen tatsächlich das Risiko einer Super-Mutante zu. Mir gefällt der Begriff übrigens nicht gut, ich finde ihn zu sensationell."
Mutationen können in 3 Varianten unterteilt werden:
- Variance of interest. Damit meinen wir alle Virusstämme, bei denen Gruppen von Mutationen häufiger auftreten.
- Variance of concern, also Varianten, die häufig auftreten und in der Diagnostik oder Therapie Schwierigkeiten bereiten. Diese bereiten uns Sorgen, daher der Name. Die Britische Variante zählt zu dieser Klassifizierung, denn sie ist bis zu 70 Prozent ansteckender und zu 50 bis 70 Prozent tödlicher. Aber: Da die Todeszahlen zur Zeit sehr niedrig sind, klingt diese Zahl dramatischer als sie ist.
- Variance of high consequence. Das wäre ein klassischer Super-Mutant mit dramatischen Konsequenzen.
Mögliche Konsequenzen einer Super-Mutante
🏥 Die Todeszahlen erhöhen sich drastisch.
🧑🔬 Das Virus könnte von PCR-Tests nicht mehr erkannt werden.
💉 Die Impfungen wirken nicht mehr.
Welche Folgen könnte ein Super-Mutant haben, Herr Prof. Dr. Salzberger?
Die mittlerweile vorherrschende Britische Variante spricht sehr gut auf die bestehenden Impfstoffe an. Die Südafrikanische reagiert etwas weniger. Trotzdem verhindern alle Impfungen schwere oder sogar tödliche Verläufe.
Ein Super-Mutant könnte auf die Impfstoffe nicht mehr ansprechen, vergleichbar mit dem Problem der multiresistenten Keime, gegen die viele Antibiotika mittlerweile machtlos sind.
Wissenschaftler und Impfmittelhersteller beobachten die Veränderungen des Virus genau. Es werden immer wieder Pläne für die nächsten Generation von Impfstoffen gemacht. Die Veränderung eines Impfstoffes ist dabei vor allem für mRNA-Impfstoffe sehr einfach. Es wird die mRNA des neuen Virus untersucht und ein passendes Vakzin hergestellt.
Schwieriger ist, bei der Weiterentwicklung mit dem Virus zeitlich Schritt zu halten. Teilweise geht das nur mit Schätzungen, wie sich das Virus verändern könnte, um rasch Millionen von Dosen Impfstoff herstellen zu können. So wird es auch bei der Herstellung vom Grippe-Impfstoff gemacht, der schon vor der Saison fertig sein muss. Bei diesen Vermutungen liegen wir zu etwa 70 Prozent richtig, aber auch zu 30 Prozent falsch, weil der Mutationsprozess so dynamisch verläuft.
Das halte ich für möglich. Wichtig ist, dass die Impfungen nicht zu ähnlich sind. Sonst könnte es sein, dass das Immunsystem die Unterschiede nicht mehr erkennt und dann kaum noch reagiert. Eine starke Immunantwort ist aber wichtig und zeigt, dass der Körper auf die Impfung anspricht und Anti-Körper bildet.
Warum infizieren sich in seltenen Fällen auch bereits Geimpfte?
Virologe Dittmer überrascht das nicht: "Keine Impfung bietet einen 100-prozentigen Schutz. Allerdings scheint auch der Schutz vor einer Infektion bei den zugelassenen Impfstoffen sehr hoch zu sein. Alle Impfungen entkoppeln eine SARS-CoV-2 Infektion von schweren oder tödlichen Verläufen. Die meisten Geimpften leiden nur noch unter milden oder gar keinen Symptomen mehr. Impfen bietet uns die große Chance, die Pandemie endlich in den Griff zu bekommen."
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