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Gesundheits-Ämter: Warum sie nicht nur in Corona-Zeiten so wichtig sind

  • Veröffentlicht: 06.11.2020
  • 07:45 Uhr
  • Sven Hasselberg

Die Gesundheitsämter verfolgen Corona-Infektions-Kontakte. Warum sie so überlastet sind, wie sie uns aus der Krise helfen sollen - und was sie noch alles leisten.

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Das Wichtigste zum Thema Gesundheitsämter

  • Deutschlandweit gibt es rund 400 kommunale Gesundheitsämter. Sie sind Behörden des öffentlichen Gesundheitsdiensts. Aufbau, Struktur und Bezeichnung sind je nach Bundesland verschieden. Viele sind bei den Landratsämtern angesiedelt und werden meist von einem Amtsarzt geleitet.

  • In der Corona-Krise nehmen die Gesundheitsämter nicht nur die Hygienekonzepte von Restaurants, Theatern oder Sportveranstaltungen ab, sondern helfen bei der Verfolgung von Corona-Kontakten, sammeln Infektionszahlen und vieles mehr.

  • Dabei stoßen sie an ihre Grenzen. Die Mitarbeiterkapazitäten reichen nicht mehr aus. In vielen Orten müssen bereits städtische Angestellte, Medizinstudenten oder Soldaten bei der Arbeit in den Ämtern helfen.

  • Wenn du wissen willst, warum es seit 1994 kein Bundesgesundheitsamt mehr gibt und welche Aufgaben die Gesundheitsämter noch wahrnehmen, lies einfach unten weiter.

Hier findest du das Gesundheitsamt vor Ort

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So helfen die Gesundheitsämter in der Corona-Krise

Während sich Ärzte und Krankenhäuser eher um das Wohl jedes einzelnen Patienten kümmern, haben Gesundheitsämter die gesamte Bevölkerung im Blick. Dabei geht's ihnen auch um die Prävention von Krankheiten und Maßnahmen gegen Epidemien.

Seit dem Ausbruch von Corona setzen die Gesundheitsämter Gesetze um, die es zum Schutz der Bevölkerung vor einer breiten Ansteckung gibt. Sie sammeln nicht nur Infektionszahlen ihres Gebietes und leiten die an das Gesundheitsministerium, beziehungsweise das Robert Koch-Institut, weiter.

Sie managen auch die Tests, überwachen die Quarantäne und nehmen Hygiene-Konzepte von Theatern, Sportveranstaltungen, Läden oder Restaurants ab.

Auch arbeiten sie lokale Maßnahmen zur Eindämmung aus und setzen die durch. Außerdem ihr Job: die Nachverfolgung der Kontaktpersonen von Corona-Infizierten. So sollen Infektionsketten erkannt und unterbrochen werden.

Warum ist es so schwer, Corona-Kontaktpersonen zu finden?

Bei steigenden Infektionszahlen und wegen Personalmangels kommen die Gesundheitsämter oft nicht mehr hinterher, all die Kontaktpersonen eines Corona-Infizierten zu finden und zu informieren. Auch, weil einige Menschen nicht die korrekten Kontaktdaten beim Besuch eines Restaurants oder Kinos angaben oder private Kontakte verschweigen.

Doch selbst wenn die Kontaktpersonen alle benannt werden, sind es mittlerweile so viele, dass das Personal der Ämter zeitlich gar nicht so schnell alle anrufen und warnen kann. Dauert dies aus zu lange, können die Kontaktpersonen im Fall einer Infektion in der Zwischenzeit aber schon wieder andere anstecken.

Außerdem haben die Gesundheitsämter zum Beispiel keinen Zugriff auf die Daten der Corona-Warn-App. Wie die Bundesregierung hier für bessere Bedingungen sorgen will, zeigt dir die Grafik unten.

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Die Gesundheitsämter werden in der Corona-Krise von der Bundesregierung unterstützt.
Die Gesundheitsämter werden in der Corona-Krise von der Bundesregierung unterstützt. © Galileo/Bundesregierung
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Generelle Aufgaben der Gesundheitsämter

🩺 Amtsärztlicher Dienst: Amtsärzte stellen unter anderem Gutachten aus. Dies betrifft beispielsweise die Dienstfähigkeit vor der Einstellung von Beamten. Auch nehmen sie Untersuchungen im Auftrag von Gerichten vor, unter anderem zur Verhandlungs- oder Haftfähigkeit. Sie wirken grundsätzlich an der Gesundheits-Berichterstattung mit und beraten die Politik vor Ort.

🦠 Gesundheitsberichterstattung: Auf kommunaler Ebene wird unter anderem die gesamte Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ausgewertet - auch um zu sehen, wo sie noch verbessert werden kann.

🧫 Ausbruchsgeschehen: Beim Masern-Ausbruch in Köln 2018 oder dem Hepatitis-A-Ausbruch in Berlin 2017 entschieden die lokalen Gesundheitsbehörden zum Beispiel über geeignete Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheiten und setzten sie um.

🧴 Hygiene-Überwachung: Nicht nur zu Corona-Zeiten überwachen Gesundheitsämter Hygiene-Standards. Sie kontrollieren unter anderem Restaurants, Schlachthöfe, Saunen, Solarien, Fitness-Studios, Altenheime oder Krankenhäuser. Ebenso überwachen sie Trinkwasseranlagen, Heilquellen oder Mülldeponien.

🍼 Schwangerenberatung: Grundsätzlich ist Beratung von Familien ein Aufgabenpunkt der Gesundheitsämter. Zum Beispiel werden Schwangere vor und nach der Geburt zu Themen wie sozialen Leistungen, Mutterschutz, vorgeburtlicher Diagnostik und Abtreibung beraten.

🩸 AIDS-Beratung: Gesundheitsämter bieten Aids-Beratungsstellen und HIV-Test-Center an. Hier kann sich jeder anonym und kostenlos testen lassen. Sie nehmen wichtige Aufgaben bei der Aufklärung und der Prävention zu HIV wahr und kümmern sich auch um Hilfsangebote für Infizierte.

🥼 Sozialpsychiatrischer Dienst: Menschen mit Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie, posttraumatischen Belastungsstörungen, aber auch Suchtkranke werden hier beraten und bekommen Hilfe. Auch ihre Angehörigen können den Dienst in Anspruch nehmen.

🧸 Kinder- und Jugendärztlicher Dienst: Er stellt sicher, dass Kinder und Jugendliche regelmäßig untersucht werden. Bei der Vorschuluntersuchung oder Schuleingangsuntersuchung werden zum Beispiel Impfstatus, Gewicht und Sprachentwicklung von Schülern geprüft und eventuelle Fördermaßnahmen empfohlen. Auch zahnärztliche Untersuchungen finden regelmäßig statt.

Die Geschichte der Gesundheitsämter

Bereits im 18. Jahrhundert entwickelte der Arzt Johann Peter Frank die erste Idee für einen öffentlichen Gesundheitsdienst. Deshalb wird an seinem Geburtstag, dem 19. März, der "Tag der Gesundheitsämter" gefeiert.

1934 entstanden deutschlandweit einheitliche Gesundheitsämter. Die Nationalsozialisten benutzten sie auch zur Durchsetzung ihrer schrecklichen Rassengesetze und der Vermeidung von Erbkrankheiten. Nach dem Ende der Nazi-Herrschaft wurden ihre Organisation und Funktion komplett neu definiert.

Heute sind sie kommunal und Ländersache. Es gibt übergeordnete Landesgesundheitsämter. Von 1952 bis 1994 gab es ein Bundesgesundheitsamt als zentrale Forschungseinrichtung und zur Bewertung und Eindämmung von Gesundheitsrisiken.

Nach einem Skandal um mit HIV-kontaminierte Blutkonserven wurde das Bundesgesundheitsamt aufgelöst. 3 Nachfolger übernahmen die Aufgaben: das Robert-Koch-Institut, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und das Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Veterinärmedizin. Letzteres wurde 2002 wiederum aufgeteilt.

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