Der Blob: Das macht den intelligenten Schleimpilz so einzigartig
- Veröffentlicht: 23.07.2022
- 20:45 Uhr
- Alena Brandt
Forscher:innen sind nahezu verrückt nach dem Blob - der intelligente Einzeller könnte nämlich wichtige Erkenntnisse für die Wissenschaft liefern. Erfahre hier, was den Super-Organismus so einzigartig macht und wo du ihn bestaunen kannst.
Das Wichtigste zum Thema Blob
Weder Tier noch Pflanze - was ist der Blob? Der Schleimpilz ist ein Einzeller (Myxomyzet) und gehört zu den ältesten Lebewesen der Erde.
Gelb und glibberig: Optisch erinnert die schleimige Masse an einen Pfannkuchen, der nicht ganz durchgebraten ist.
Der Blob hat kein Gehirn, gilt aber als intelligent. Er hat 720 Geschlechter. Schneidet man ihn in der Mitte durch, entsteht binnen zwei Minuten ein zweiter Blob.
Der Schleimpilz kann pro Tag sein Volumen verdoppeln und auf mehrere Quadratmeter anwachsen. Findet er keine Nahrung, stellt er sich auf Stand-by und überlebt bis zu zwei Jahre im Ruhemodus.
Der Schleimpilz wohnt im dunklen Unterholz. Seine Lieblings-Beschäftigungen: futtern und wandern - obwohl er weder Magen noch Beine hat.
Benannt ist der Blob nach einem Vielfraß in einem Science-Fiction-Film. Sein wissenschaftlicher Name lautet Physarum polycephanum, vielköpfiger Schleimpilz.
Du willst den Super-Organismus mal live erleben? Im Pariser Zoo gibt es einen Blob.
Was ist ein Blob?
- Der Schleimpilz Blob ist ein Einzeller (Myxomyzet), der zu den ältesten Lebewesen der Welt gehört und damit älter als die lebenden Fossilien Pfeilschwanzkrebse ist.
- Der Schleimpilz mit dem Namen Physarum polycephalum gehört zur Ordnung der Physarida und damit zu den Echten Schleimpilzen (Myxogastria).
- Das Genom des Schleimpilzes wurde erst 2015 vollständig entschlüsselt, bis dahin konnte er keinem Fachgebiet eindeutig zugeordnet werden.
- Der Blob wird zwar Schleimpilz genannt, hat jedoch mit herkömmlichen Pilzen nichts zu tun, sondern gehört zu den Amöben. Amöben bestehen nur aus einer einzigen Zelle - zum Vergleich: Der menschliche Körper besteht aus vielen Millionen Zellen.
- Der Schleimpilz Blob gehört zu den außergewöhnlichsten Lebewesen der Erde.
Der Blob: Aussehen und Merkmale
Der Blob ähnelt einem gelben, glibbrigen Kohlblatt. Er hat keinen Mund, keine Gliedmaßen, keine Augen und keinen Magen.
Die Sporokarpe, das sind die sporenbildenden Frucht-Körper der Schleimpilze, sind gelb bis grau und linsen- oder scheibenförmig, oder auch aufgerollt und zusammenfließend. Sie sind etwa 1 bis 1,5 Millimeter breit und 1,5 bis 2 Millimeter hoch, gestielt und häufig in Gruppen zusammenstehend.
Die Peridie, so wird die Hülle des Sporokarps bezeichnet, ist weiß bis blassgelb, brüchig und häutig und mit gelben bis weißen Kalk-Knötchen besetzt.
Der lange, schlanke und biegsame Stiel ist gelb und durchscheinend, manchmal am Absatz abgeflacht und verbreitert.
Die feinstacheligen und aufgerauten Sporen messen im Durchmesser acht bis elf Mikrometer und sehen in der Masse schwarzbraun, einzeln im Durchlicht violett aus.
Daher hat der Blob seinen Spitznamen
Der Schleimpilz Physarum polycephalum hat seine Spitznamen Blob aus einem gleichnamigen Horrorfilm aus den 1950er Jahren: Dort fraß ein außerirdisches Wesen namens Blob alles auf, was ihm in die Quere kam, sogar Menschen! Zum Glück verspeist der echte Blob nur Pilze und Bakterien.
Lebensraum des Blobs
Der Blob existiert seit fast einer Milliarde Jahre auf der Erde. Er bevorzugt eine dunkle Umgebung und lebt in der gemäßigten Zone in Nadel-, Misch- oder Laub-Wäldern auf verrottetem Holz oder Pilzen.
Attraktion im Pariser Zoo: Hier kannst du den Blob hautnah erleben
Seit Oktober 2019 ist der Einzeller im Pariser Zoo zu bewundern. In einem eigens für ihn errichteten Raum wird er als "faszinierendes Lebewesen mit ungeahnten Möglichkeiten" präsentiert.
Als Standort des nationalen Naturkundemuseums sieht es der Pariser Zoo-Direktor als seine Aufgabe, den faszinierenden Blob zu zeigen: Denn er ist ein intelligentes Lebewesen ohne Gehirn, kann interagieren und sogar Rätsel lösen.
Der Blob: So vermehrt sich der schleimige Einzeller
- Der Blob vermehrt sich über Konjugation. Dabei werden Gene direkt von einer Spender- auf eine Empfänger-Zelle übertragen, ohne dass es zu einer Verschmelzung der Zellen kommt.
- Der Blob hat 720 Geschlechter, die meist Zwischenformen von männlich und weiblich sind. Er kann sich mit allen Geschlechtern, außer dem eignen, paaren. Das tatsächliche Geschlecht des Blobs wird durch drei Gene bestimmt.
- Schneidet man den Blob in der Mitte durch, ist die Zelle innerhalb von zwei Minuten wieder voll funktionstüchtig.
- Der Blob kann auf eine Größe von mehreren Quadratmetern anwachsen, indem er sein Volumen pro Tag verdoppelt. Selbst ohne Nahrung kann er bis zu zwei Jahre überleben, indem er sich in den Ruhemodus versetzt.
So kurios verschmelzen Blobs miteinander
Trifft der Blob einen anderen Blob, verschmilzt er mit ihm. Professorin und Künstlerin Heather Barnett machte ein Video davon.
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Lebensweise des Blobs: So intelligent ist der Einzeller
🧠 Der Blob hat kein Gehirn, löst aber Probleme: Der Super-Organismus ist lernfähig und gibt sein Wissen sogar an andere Blobs weiter, wenn er sich mit ihnen vereint. Er erinnert sich an Wanderungen und Mahlzeiten und speichert dieses Wissen in seinem Venen-Netz. Erinnerungen zirkulieren in seinem Körper.
👄 Der Blob hat kein Maul, ernährt sich aber optimal: Der Blob ist in der Lage, sich zu orientieren und kann den kürzesten Weg zwischen Nahrungs-Quellen finden. Hierfür wächst er und bildet ein großes schleimiges Geflecht – manchmal über einen Quadratmeter groß. Hat der Blob Nahrung gefunden, bildet er sich auf die direkten Verbindungen zum Futter zurück.
🍮 Seine natürliche Nahrung sind Bakterien und Pilze. Französische Forscher:innen entwickelten einen speziellen Pudding. Der Blob stürzte sich darauf und ließ weniger nahrhafte Speisen links liegen. Er versorgt sich also optimal mit Nährstoffen. Wenn nötig, kombiniert er dafür verschiedene Speisen. Übrigens: Er liebt Haferflocken.
👀 Der Blob hat keine Augen, findet sich aber im Labyrinth zurecht: Japanische Forscher:innen setzten den Blob in ein Labyrinth und schauten, ob er den Weg zur Haferflocke fand, seinem Lieblings-Snack. Der Schleimpilz war erfolgreich. Sein Fortbewegungs-Netz ist so effektiv wie das japanische Schienennetz. Der Blob markiert bereits erkundetes Terrain über eine Schleimspur. So orientiert er sich und vermeidet Umwege.
Der Blob liefert wichtige Erkenntnisse für die Forschung
🦠 Der Blob ist zwar ein Einzeller, der jedoch aus vielen identischen Zell-Kernen besteht. Diese haben sich zu einer Riesenzelle zusammengeschlossen und machen ihn so für uns mit bloßem Auge sichtbar.
🔬 Für Wissenschaftler:innen auf der ganzen Welt ist der Blob ein beliebtes Forschungs-Objekt. Er dient als Modell-Organismus zur Untersuchung verschiedener Zell-Funktionen.
👨🔬 In wissenschaftlichen Arbeiten werden die unglaublichen Fähigkeiten des Blobs präsentiert, die unter anderem zeigen, dass selbst bei einem fehlenden Gehirn Intelligenz vorhanden sein kann.
🧠 Forscher:innen bezeichnen das Verhalten als ausgelagertes Gehirn und sehen in der Tatsache, dass Organismen ohne Gehirn lernen können, als einen Meilenstein.
Verwendung des Blobs: Wie er der Menschheit helfen könnte
Wissenschaftler:innen weltweit erforschen den Schleimpilz. Auf diesen Gebieten könnte er Fortschritte bringen:
- Krebsforschung: Mediziner:innen gewinnen durch den Blob Erkenntnisse über das Wachstum von Tumoren. Krebszellen wachsen auf eine ähnliche Weise wie der gelbe Einzeller.
- Umweltschutz: Der Blob könnte dabei helfen, die Umwelt zu entgiften. Bei seinen Wanderungen nimmt er nämlich chemische Substanzen auf.
- Intelligente Roboter: Forscher:innen der Uni Southampton setzten den lichtscheuen Schleimpilz auf Roboter und steuerten die Maschinen über den Organismus in dunkle Ecken. Der Einzeller nimmt Informationen aus der Umwelt auf - das soll auch ein smarter Roboter lernen.
- Neue Medikamente: Der Blob hat keinen Magen zum Verdauen. Er scheidet Bakterien und Pilze über ein Enzym aus. Dabei produziert er Antibiotika.
Schau dir den schleimigen Super-Organismus an!
Der Blob: Das macht den intelligenten Schleimpilz so einzigartig
Ist der Blob gefährlich?
Zwar hat Physarum polycephalum seinen Spitznamen Blob von einer außerirdischen Schleim-Masse, die 1958 in einem Science-Fiction-Film die Erde bedroht und alles frisst, was ihr in die Quere kommt.
Doch der echte Schleimpilz Blob ernährt sich von Pilzen und Bakterien, in Gefangenschaft sogar von Haferflocken. Gefährlich ist er damit ganz bestimmt nicht.
Der Blob: Ein Super-Organismus mit Persönlichkeit
👩🔬 Die französische Top-Blob-Forscherin Audrey Dussutour fand heraus: Blobs aus unterschiedlichen Regionen verhalten sich auch unterschiedlich.
😋 Amerikanische Blobs stehen auf süße Frühstücks-Flocken und verschmähen Bio-Kost.
💨 Japanische Blobs sollen besonders schnell sein.
💞 Australische Blobs sind sehr sozial und lassen sogar Nahrung links liegen, wenn sie einen Artgenossen aufspüren.
Alles Wissenswerte zum Blob auf einen Blick
Der Echte Schleimpilz Blob lebt bevorzugt in der gemäßigten Zone in Nadel-, Misch- und Laub-Wäldern. Er besiedelt verrottetes Holz und die Fruchtkörper fleischiger Pilze.
Der Blob ist ein Einzeller und hat kein Gehirn. Trotzdem ist er lernfähig und gibt sein Wissen an andere Blobs weiter. Erinnerungen zirkulieren in seinem Körper und Wissen wird im Venen-Netz gespeichert.
Der Physarum polycephalum hat zwar seinen Spitznamen Blob von einer gefährlichen Schleim-Masse aus einem Science-Fiction-Film von 1958 erhalten, ist jedoch nicht gefährlich.
Der Schleimpilz kann innerhalb von einem Tag sein Volumen verdoppeln und auf mehrere Quadratmeter anwachsen. Wird er in der Mitte durchgeschnitten, kann er sich innerhalb von zwei Minuten selbst heilen und einen zweiten Blob entstehen lassen.
Der Blob ist im Pariser Zoo zu sehen, dort wurde dem "faszinierenden Lebewesen mit ungeahnten Möglichkeiten" im Oktober 2019 ein eigener Raum eingerichtet.
Der Blob ist unsterblich, hat 720 Geschlechter, kann sich ohne Gliedmaßen fortbewegen, ohne Mund Nahrung aufnehmen und ohne Gehirn lernen.