Game Over nach 3 Stunden pro Woche: China führt Sperrstunde für Online-Games ein
- Veröffentlicht: 12.09.2021
- 20:45 Uhr
- Carina Neumann-Mahlkau
Montags bis donnerstags ist Zocken für Jugendliche verboten. Selbst am Wochenende wird der Bildschirm nach 3 Stunden schwarz. Die chinesische Regierung bezeichnet die Sperrstunde für Online-Games als Jugendschutz - junge Gamer:innen suchen nach Schlupflöchern.
Das Wichtigste zum Thema Sperrstunde für Online-Games
Kinder und Jugendliche in China dürfen pro Woche nur 3 Stunden lang Online-Games spielen.
Und das nur am Wochenende und an Feiertagen zwischen 20 und 21 Uhr. Von Montag bis Donnerstag ist Daddeln komplett untersagt.
Vordergründig will China seine Jugend damit vor krankhafter Gaming-Sucht schützen.
Fachleute sehen in der Maßnahme aber auch Chinas Bestreben, dessen Macht über Videospiel-Konzerne klarzustellen.
China reguliert Online-Games - mit Gesichtserkennung
Im Jahr 2019 verschärfte China den Jugendschutz schon einmal. Damals war die Sperrstunde für Online-Games noch auf die Zeit zwischen 22 Uhr abends und 8 Uhr morgens beschränkt. Dadurch sollte nächtliches Zocken von Kindern und Jugendlichen verhindert werden.
Nun zieht die Regierung um Präsident Xi Jinping die Zügel zur Vermeidung von Gaming-Sucht noch weiter an: Freitag-, samstag-, sonntag- und feiertagabends dürfen Minderjährige je 1 Stunde von 20 bis 21 Uhr online spielen. Zu anderen Zeiten ist der Online-Zugang zu "Honor of Kings" und Co. für Jugendliche gesperrt.
Für die Umsetzung der Sperrstunde sind die Spiele-Anbieter wie Gaming-Gigant Tencent verantwortlich. Chinas Regierung kündigte den Unternehmen dazu bereits strenge Kontrollen an und droht mit harten Strafen.
Einige Herstellende fordern bei der Anmeldung zu Online-Games bereits einen Nachweis durch den Personalausweis. Zum Beispiel bei mobilen Games auf dem Smartphone experimentieren manche außerdem mit Software zur Gesichtserkennung.
Werden Jugendliche beim Zocken außerhalb des gesetzlich erlaubten Rahmens erwischt, ist der Zugang automatisch gesperrt. Nur Erwachsene dürfen an jedem Wochentag unbegrenzt online spielen.
Was Jugendliche und Fachleute von der Sperrstunde halten
Die jungen chinesischen Gamer:innen sind - wenig überraschend - nicht begeistert von dem fast vollständigen Gaming-Verbot. Beobachter:innen gehen davon aus, dass die Jugendlichen weiterhin den Zugang zu ihren Lieblingsspielen suchen werden - notfalls über Umwege.
Einfach den Account der Eltern zu nutzen, wird durch mögliche Gesichtserkennung oder den Abgleich mit staatlichen Datenbanken zwar vermutlich schwierig. Unter Umständen bekommen einige aber etwa über VPN-Clients (Virtual Private Networks), die - vereinfacht gesagt - einen Login aus einem anderen Land vortäuschen, Zutritt zu Online-Games.
Einigen Expert:innen ist die Festlegung der Sperrstunde auf 3 Stunden pro Woche ohnehin zu willkürlich. Statt starrer politischer Vorgaben nehmen sie die Eltern in die Pflicht: Wichtig sei eine maßvolle Erziehung, die klare Grenzen und auch Alternativen zu Videospielen beinhalte.
5 Fun Facts zur Gaming-Geschichte
🔝 Das meistverkaufte Computerspiel ist der Klassiker Tetris - mit fast 500 Millionen verkauften Exemplaren.
⌛ Der erste Game Boy lief über 2 einfache Batterien, und das 30 Stunden lang. Der Grund: Das Display war unbeleuchtet und in Graustufen gehalten.
🍄 Der erste Super Mario in "Donkey Kong" hieß "Jumpman" und war kein Klempner, sondern Schreiner. Erst später lieferte Mario Segale, der Vermieter des amerikanischen Nintendo-Büros, die Namens-Inspiration für den Pixel-Helden.
👾 Apropos Pixel: Marios Bart und Mütze haben keine Style-Gründe. Damals war das technische Design einfach so limitiert, dass Haare und ein Mund nicht erkennbar gewesen wären.
🐷 Die Idee der gegnerischen Schweine in Angry Birds kam der Computerspiel-Firma Rovio durch die damals grassierende Schweinegrippe.
Jugendschutz und/oder Ideologie?
Offiziell will China mit der Sperrstunde für Online-Games die "körperliche und geistige Gesundheit" von Jugendlichen schützen. Staatsmedien bezeichneten Videospiele sogar als "spirituelles Opium".
Ohne Zweifel ist maßloses Gaming laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) - wie auch exzessives Glücksspiel - eine ernst zu nehmende Suchtkrankheit.
Kritiker:innen zufolge plane die kommunistische Regierung aber eigentlich eine ideologische Gehirnwäsche: Demnach sollen junge Menschen statt Konsum die Liebe zum Vaterland und zur Kommunistischen Partei lernen.
Außerdem gehe es darum, die Macht von Tech-Giganten wie Tencent oder auch Alibaba zu beschränken. Dadurch solle der Markt reguliert und der in den letzten Jahren rasant gewachsene Wohlstand umverteilt werden.
Hier findest du mehr Infos und Hilfe zum Thema Gaming-Sucht
Studie der DAK-Gesundheit zu Computerspielsucht
Computersuchthilfe (vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Webseite)