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Hikikomori: Wenn Menschen nie mehr das Haus verlassen

  • Veröffentlicht: 08.09.2020
  • 15:35 Uhr
  • Bianca Leppert
Article Image Media
© picture alliance / dpa Themendienst

Die Ausgangsbeschränkungen durch Corona waren für viele der Horror. Nun genießen wieder alle die wiedergewonnen Freiheiten - mit den vorgegebenen Sicherheitsmaßnahmen natürlich. In Japan suchen dagegen so genannte Hikikomori freiwillig die Isolation. Die Gründe dafür sind dramatisch.

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Das Wichtigste zum Thema Hikikomori

  • Sie wollen niemanden sehen, haben jahrelang die Wohnung nicht mehr verlassen: Diese Menschen nennt man Hikikomori - die Unsichtbaren. Das Phänomen kommt aus Japan.

  • Schätzungen zufolge haben über 1 Million Menschen in Japan diese Lebensform gewählt. Es sind hauptsächlich Männer.

  • Die Gründe: Oft stecken Ängste, Depressionen oder Angst vor beruflichem Versagen dahinter. In Deutschland verbindet man damit oft die so genannte Sozialphobie.

  • Sich zu Hause zurückziehen zu wollen, muss nicht nur negativ sein. Verwandte Trends im positiven Sinne sind Homing oder Cocooning.

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Warum isolieren sich Hikikomori freiwillig?

  • Es sind oft junge Männer, die nicht von zu Hause ausziehen wollen, weil sie Angst vor dem Studium haben oder keinen Job finden. Dazu kommt der enorm hohe Leistungsdruck in Japan.

  • Sie fühlen sich als Versager und meiden die vermeintlichen Gefahren der Außenwelt. Sie treffen keine Freunde mehr, lassen sich Lebensmittel vom Supermarkt liefern. Selbst Telefonieren ist oft tabu.

  • Ihre Zeit zu Hause verbringen sie oft mit Hacking, Videospielen und Comics. Manche Hikikomori schlafen tagsüber und sind nachts wach.

  • Die Initiative "New Start" soll Betroffenen in Japan helfen. Hier versuchen so genannte Mietschwestern langsam wieder den Kontakt zu ihnen aufzubauen.

Was ist der Unterschied zu Cocooning oder Homing?

Die Trends Cocooning oder Homing sind eher positiv besetzt und beziehen sich auch darauf, viel Zeit zu Hause zu verbringen. 

Cocooning bedeutet, das Zuhause als Rückzugsort von der hektischen Welt zu sehen und sich gemütlich einzurichten. 

Beim Homing geht es eher darum, Freunde eher zu Hause zu treffen statt im Restaurant, weil es bequemer ist und Geld spart.

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Zeit für sich allein - welche Vorteile das haben kann

😕 Man unterscheidet zwischen alleine sein und Einsamkeit. Wer sich einsam fühlt, ist unfreiwillig allein.

🤔 Die Dosis macht das Gift. Jeder Mensch hat unterschiedlich viel Bedarf, allein zu sein.

📖 Eine wissenschaftliche Studie der BBC untersuchte, wann Menschen am besten relaxen können: Auf Platz 1 stand Lesen, auf Platz 3 Zeit allein verbringen und erst auf Platz 12 Zeit mit Familie und Freunden.

🛋️ Me-Time kann also positive Effekte wie mehr Kreativität, Klarheit und ein niedrigeres Stress-Level mit sich bringen.

🧘 Was du allein machen kannst? Lesen, schreiben, meditieren, in die Natur gehen, nichts tun, vor dich hinträumen.

Welche Nachteile Einsamkeit haben kann

💊 Einsamkeit kann sich negativ auf den Körper auswirken. Eine Meta-Studie der US-Wissenschaftlerin Julianne Holt-Lunstad zeigte: Menschen mit guten sozialen Kontakten leiden seltener an vielen Krankheiten.

🤒 Tatsächlich werden Krankheiten wie Depressionen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs und Demenz mit Einsamkeit in Verbindung gebracht.

🚬 In Großbritannien gibt es seit 2018 ein Ministerium für Einsamkeit. Laut einer britischen Untersuchung sei Einsamkeit so schädlich wie täglich 15 Zigaretten.

👨‍👩‍👦‍👦 In Deutschland vermissen laut dem IW-Report des Instituts der deutschen Wirtschaft (22/2019) etwa 10 Prozent der Bevölkerung sehr oft oder oft die Gesellschaft anderer.

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