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Immerzu allein daheim? Was gegen das Gefühl der Einsamkeit hilft

  • Veröffentlicht: 03.04.2020
  • 17:00 Uhr
  • Franziska Schosser
Article Image Media
© picture alliance/ZUMA Press

"... und ich bin wieder allein, allein ..." - der Song hätte durchaus das Zeug zum Corona-Soundtrack. Wer nicht mit der Familie oder dem Partner zusammenwohnt, verbringt viel Zeit mit sich selbst. Macht uns die Krise also automatisch einsamer? Und was gegen das Allein-Sein hilft.

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Das Wichtigste zum Thema Einsamkeit

  • Es gibt einen Unterschied zwischen Einsamkeit und sozialer Isolation. Ersteres ist ein subjektives Gefühl. Haben wir nicht so viele Sozialkontakte, wie wir gerne hätten, fühlen wir uns einsam. Soziale Isolation oder Abgeschnittenheit erleben viele aktuell durch Kontaktverbote und Ausgangsbeschränkungen.

  • Einsamkeit ist nicht nur ein individuelles, sondern auch ein gesellschaftliches Phänomen.

  • Heutzutage wird oft von einer Vereinsamung der Gesellschaft gesprochen. In Großbritannien gibt es deshalb seit 2018 sogar ein Einsamkeitsministerium.

  • Betroffen sind nicht nur Ältere, wie oft angenommen. Auch mit Ende 20 oder um die 50 steigt das Risiko einsam zu sein.*

  • Lang anhaltende Einsamkeit kann sich auf die Gesundheit auswirken. Sie soll zu einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte und sogar Krebserkrankungen führen.

Anteil der Menschen, die in Deutschland alleine leben.
Anteil der Menschen, die in Deutschland alleine leben.
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Was gegen Einsamkeit tun? Das rät Psychologin Sophia Terwiel*

Wer ist aktuell von Einsamkeit besonders betroffen?

💬 Aktuell sind Allein-Lebende stärker von Einsamkeit betroffen - das gilt unabhängig vom Alter.

Welche Auswirkungen kann Einsamkeit haben?

💬 Kurzfristig - das erleben wir momentan - suchen wir soziale Kontakte, weil uns die Anzahl oder die Qualität gerade nicht ausreichen.

Und welche Folgen drohen dabei langfristig?

💬 Da kann Einsamkeit auch körperliche und psychische Erkrankungen mit sich bringen, zum Beispiel Angst, Depression oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Welche Rolle spielen dabei soziale Medien?

💬 Die Forschung ist sich nicht ganz einig. Grundsätzlich können virtuelle Kontakte natürlich körperliche nicht ersetzen. Aber in der aktuellen - eher kurzfristigeren - Situation sind sie ein gutes Mittel, um Kontakte zu halten und sich weniger einsam zu fühlen.

Macht uns Corona alle einsamer?

💬 Dazu haben wir noch keine Daten. Aber wir können Entwicklungen beobachten. Corona wird dazu führen, dass manche Leute einsamer sind, zum Beispiel die, die alleine wohnen. Wichtig ist: Einsamkeit ist kein Makel! Denn gerade geht es vielen so.

Gleichzeitig nimmt aber auch die Hilfsbereitschaft und Solidarität zu.

Ja. Das spricht wiederum dafür, dass Einsamkeit nicht mehr, sondern weniger wird.

Gibt es Faktoren, die dafür entscheidend sind, wie wir mit Einsamkeit umgehen?

💬 Es gibt definitiv Unterschiede. Wir wissen zum Beispiel, dass Personen, die eher dazu neigen sich Sorgen zu machen, auch dazu neigen einsamer zu sein.

Was kann man gegen die Einsamkeit tun?

💬 Ich würde empfehlen Kontakte auszubauen. Grundsätzlich ist es leichter Kontakte zu reaktivieren, als neue zu knüpfen. Die aktuelle Situation verstärkt das noch. Außerdem hilft es, Pläne zu schmieden. Meine Empfehlung: aktiv bleiben, tun, was einem gut tut und gewisse Routinen entwickeln.

Wie gehen Sie denn persönlich mit der aktuellen Situation um?

💬 Ich arbeite schon länger im Home-Office und habe hier schon eine Routine entwickelt. Viele von den Tipps, die ich anderen gebe, verfolge ich außerdem auch selbst. Ich skype, schreibe viel mit Leuten und hab' tatsächlich auch Kontakte reaktiviert.

❓ Wer ist Psychologin Sophia Terwiel?

💬 Psychologin Sophia Terwiel ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Psychologische Methodenlehre an der Ruhr Universität Bochum

Tipps der Deutschen Gesellschaft für Psychologie bei häuslicher Isolation

👵 Tu' etwas für die Gemeinschaft. Tipps, wie du zum Corona-Helden werden kannst, gibt's hier.

⏰ Halte dich an deine Tagesstruktur und plane den Tag möglichst genau. Das beugt dem Gefühl von Kontrollverlust und Hilflosigkeit vor.

📰 Konsumiere Medien bewusst und gezielt. Seriöse Informationen können Ängste mindern, geben Sicherheit und Orientierung. Aber: Eine Überdosis an Corona-News kann auch belasten.

😵 Gönn' deinem Kopf eine Pause. In Stresssituationen tendieren wir dazu, viel zu grübeln. Wer übertreibt, wird allerdings nur noch gestresster.

🙋 Pflege soziale Kontakte auf Distanz. Familie und Freunde können dir Halt geben. Am besten sprichst du mit ihnen nicht nur über Corona, sondern auch über andere, freudige Dinge.

💪 Mach dir deine Stärken bewusst: Wer sich positive Erfahrungen aus dem eigenen Leben und bereits überwundene Probleme bewusst macht, steht Krisen leichter durch.

😢 Gib deinen Gefühlen genug Raum. Frag dich bewusst, wie du dich gerade fühlst und sprich auch mit anderen über die Dinge, die dich aktuell bewegen.

🧘 Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen können helfen, Angst und Unsicherheit zu verringern.

🏃 Regelmäßige Bewegung (egal ob an der frischen Luft oder in der Wohnung) tut gut: Eine Erholungspause für die Psyche und gut gegen Lagerkoller.

🤬 Versuche Konflikte zu vermeiden. Nimm dir bewusst Auszeiten und schaffe dir Rückzugsmöglichkeiten. Wenn Probleme aufkommen, sprich sie an. Im Allgemeinen solltest du jetzt aber nachsichtiger sein - gegenüber anderen und dir selbst.

🌄 Erinnere dich immer wieder daran: Die Situation wird vorübergehen.

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Allein-Sein oder Für-sich-Sein: So wird die Zeit zu Hause zu deiner Ich-Zeit

Allein-Sein kann auch eine positive Wirkung haben. Psychologen sprechen von einem "Deaktivierungseffekt". Wer nur 15 Minuten allein ist, wird ruhiger, wie Forscher herausfanden.

Allein-Sein kann außerdem Stress abbauen und sogar die Kreativität fördern. Das wurde allerdings bisher nur für Menschen nachgewiesen, die bewusst soziale Interaktionen meiden.

Gerade jetzt ist es also an dir, die Zeit, die du für dich allein hast, zu nutzen.

Hier bekommst du Hilfe und psychologische Beratung

📞 Telefonseelsorge: 0800/111 0 111 oder -222

📞 Nummer gegen Kummer: 116 111

📞 Sucht & Drogen Hotline: 01805 313 031

📞 Seniorentelefon: 0800 47 08 090

📞 Berufsverband Österreichischer PsychologInnen: 01/504 8000 (aus Österreich) oder helpline@boep.or.at

💻 Selfapy bietet ein kostenloses von Psychologen entwickeltes Corona-Programm an.

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