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Präsentismus: Warum du nicht arbeiten solltest, wenn du krank bist

  • Veröffentlicht: 19.10.2022
  • 14:45 Uhr
  • Galileo

Fühlst du dich krank? Dann erhol dich zu Hause und gehe nicht zur Arbeit, Schule oder Uni. Eigentlich selbstverständlich - nicht erst seit Corona. Aber einige halten sich nicht daran. Solches Verhalten beinhaltet der Begriff Präsentismus. Mehr erfährst du auf dieser Seite. Im Clip: Pioniere des Arbeitsrechts.

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Das Wichtigste zu Präsentismus

  • Der Ausdruck leitet sich vom lateinischen Adjektiv "praesens" ab, das ins Deutsche übersetzt "anwesend" bedeutet. Die Endung "-ismus" kennzeichnet, dass es sich um eine bestimmte Geisteshaltung handelt.

  • In den 50er-Jahren verwendeten Fachleute in den USA den Begriff zunächst lediglich, um auf die Anwesenheit am Arbeitsplatz zu verweisen. Die heutige Bedeutung als Arbeitsdrang trotz Krankheit entwickelte sich erst später.

  • Fast jeder neunte Corona-Infizierte geht zur Arbeit. Das hat eine Umfrage der Betriebskrankenkasse Pronova BKK gezeigt. Nicht nur in der Corona-Pandemie gilt: Wer Krankheitssymptome hat, sollte zu Hause bleiben. Warum es viele trotzdem nicht tun, klären wir weiter unten.

  • Als Gegenteil von Präsentismus gilt "Absentismus", was aus dem lateinischen Adjektiv "absens" (= abwesend) gebildet wird. Absentismus meint vereinfacht ausgedrückt Blaumachen - also das Fernbleiben von der Arbeit, obwohl keine Verhinderungen wie Krankheit vorliegen.

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Präsentismus: Arbeiten trotz Krankheit

Der Begriff Präsentismus umfasst das Verhalten, dass jemand zur Arbeit, Schule oder Universität geht, obwohl er oder sie unter einer körperlichen oder psychischen Erkrankung leidet, die das eigentlich verhindert.

Wie verbreitet das Phänomen ist, lässt sich nur annäherungsweise ermitteln. Ob jemand krank zur Arbeit geht, bilden Statistiken wie die jährlichen Krankheitstage nicht ab.

Im Fehlzeiten-Report 2021 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) gaben rund 13 Prozent der befragten Mitglieder der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) an, krank zur Arbeit gegangen zu sein. Bei einer Umfrage der Techniker Krankenkasse (TK) kam sogar heraus, dass 51 Prozent der Befragten manchmal, häufig oder sehr häufig krank zur Arbeit gehen.

Präsentismus hat vielfältige Ursachen und birgt schwerwiegende Risiken. Zum vorbeugenden Schutz sind teils umfassende Veränderungen - in der Arbeitswelt und der Gesellschaft - notwendig.

Mögliche Gründe für den ungesunden Arbeitsdrang

😃 Außerordentliche Motivation und Identifikation: Brennst du für deine berufliche Tätigkeit, kann dein Job sehr erfüllend sein. Zugleich schwindet die Schwelle zu übersteigertem Pflichtbewusstsein, wodurch du steten Arbeitsdrang verspürst.

🤝 Loyalität gegenüber Kolleg:innen: In Teams mit wenigen Mitgliedern kommt es zur Erledigung der Aufgaben auf jede Person an. Um andere vor Mehrarbeit zu schützen, gehen einige daher auch erkrankt zur Arbeit.

😰 Stigmatisierung und Diskriminierung: Herrschen im Job hohe Anwesenheits-Erwartungen, droht zuwiderhandelnden Angestellten der Stempel etwa als Faulenzer oder Egoist. Erst recht bei Krankheiten wie manchen psychischen Leiden, die nicht die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz erhalten.

😓 Extremes Arbeitspensum: Du kümmerst dich und werkelst - aber der Berg an Arbeit ist kaum zu erklimmen? Aus Sorge, die geforderte Leistung nicht zu erbringen, neigst du dann womöglich dazu, auch trotz Krankheit irgendetwas schaffen zu wollen.

😫 Angst um Job und Existenz: Insbesondere in wirtschaftlich schweren Zeiten geben Arbeitnehmer:innen aus Sorge vor Kündigung beruflich alles. Umso ausgeprägter ist dies bei Beschäftigten mit befristeten Arbeitsverträgen sowie Selbstständigen, die nur für ihre geleistete Arbeit bezahlt werden.

🤷 Verantwortung ohne Vertretung: Vor allem in kleineren Betrieben sind Menschen in Führungspositionen für (manchmal zu) viel zuständig. Bräche ohne sie der Arbeitsablauf zusammen, bekommen sie das Gefühl, praktisch nicht ausfallen zu dürfen.

🙈 Private Probleme: Ein weiterer Anlass für Präsentismus können Konflikte im persönlichen Umfeld sein. Manche Menschen flüchten vor Streit sowie anderen Schwierigkeiten und stürzen sich stattdessen in die Arbeit.

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Konsequenzen von Präsentismus

🤒 Ausgeweitete Infektionsketten: Leidest du unter einer ansteckenden Erkrankung - nicht nur Corona - und fährst dennoch zur Arbeitsstelle, riskierst du auch die Gesundheit deiner Mitmenschen. Dadurch drohen noch mehr Mitarbeiter:innen auszufallen.

😵 Geringere Produktivität: Kranke Menschen sind eingeschränkt leistungsfähig. Trotz des Drangs bei Arbeit zu erscheinen, kommen im Zweifel kaum brauchbare Ergebnisse heraus.

Fehler und Unfälle: Zur begrenzten Effektivität gehört unter anderem eine verringerte Konzentration. Das erhöht die Gefahr von Fehlern und Arbeitsunfällen. Je nach Job, etwa bei Kranführer:innen oder Ärzt:innen, können davon sogar Menschenleben abhängen.

Dauerhafte Erkrankung: Wer sich nicht die benötigte Erholung gönnt, riskiert je nach Erkrankung eine Chronifizierung. Das bedeutet langfristige gesundheitliche Folgen und damit zusammenhängende Langzeit-Arbeitsunfähigkeit.

💸 Wirtschaftliche Einbußen: Aktuelle Forschung deutet darauf hin, dass Präsentismus höhere Kosten verursacht als krankheitsbedingte Fehlzeiten. Der Arbeitsdrang trotz Kranksein zahlt sich fürs Unternehmen also noch nicht einmal aus.

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Schützende Mittel gegen Präsentismus

Um den verschiedenen Anlässen zu Präsentismus entgegenzuwirken, gibt es verschiedene kurz- sowie mittel- und langfristig angelegte Maßnahmen.

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Was du selbst gegen Präsentismus tun kannst

Am besten fasst sich zunächst jede:r an die eigene Nase. Das bedeutet konkret: Verhindert eine Erkrankung, dass du arbeiten kannst, kuriere dich aus und bleibe der Arbeit, Schule oder Uni fern.

Andersherum ist klar: Bist du fit und leistungsfähig, verhalte dich verantwortungsvoll und erledige deine Aufgaben.

Ergreife außerdem die Initiative und nutze Angebote zur Gesundheitsförderung, wovon es inzwischen eine Vielzahl gibt.

Was Unternehmen bewirken können

Betriebe sollten die Treiber von Präsentismus ausmachen und bekämpfen, die bei ihnen üblich sind. Dazu reichen Auswertungen von Fehlzeiten allein nicht aus. Vielmehr helfen regelmäßige Befragungen und Feedback-Gespräche.

Gegen Präsentismus sind generell ein respektvolles und unterstützendes Arbeitsklima in der Belegschaft sowie ein gesundheitsorientiertes Verhalten von Führungskräften wirksam.

Spezielle Aufmerksamkeit verdient außerdem das zuletzt zunehmende Home-Office, wo Arbeiten trotz Krankheit weniger sichtbar ist.

Deine Meinung zu Präsentismus ist gefragt

FAQ zum Thema Präsentismus

Fachliche Quellen zum Thema Präsentismus

Steidelmüller, C. (2020) - Präsentismus als Selbstgefährdung

Lohaus, D. + Habermann, W. (2018) - Präsentismus

Hägerbäumer, M. (2017) - Risikofaktor Präsentismus

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