Semipalatinsk: Einer der verstrahltesten Orte der Welt - trotzdem leben Menschen dort
- Veröffentlicht: 05.10.2021
- 20:45 Uhr
- Heike Predikant
In der kasachischen Steppe wurden einst knapp 500 Atombomben gezündet. Warum sich trotz der Strahlen-Belastung immer mehr Menschen dort niederlassen, erfährst du hier. Ganz unbedenklich: Unser Travel-Guide für Kasachstan. Und im Clip: Die Rückkehr nach Fukushima.
Das Wichtigste zum Thema Semipalatinsk
Das einstige Atomwaffen-Testgelände der ehemaligen Sowjetunion liegt in Kasachstan, rund 400 Kilometer östlich der Hauptstadt Nur-Sultan.
Von 1949 bis 1989 fanden in der Steppenlandschaft ober- wie unterirdisch 496 nukleare Bomben-Tests statt - hauptsächlich zu militärischen Zwecken. In den 1950ern und frühen 1960ern wurden nirgendwo auf der Welt mehr Atombomben gezündet als hier.
Mit verheerenden Folgen: Weite Landesteile in Kasachstan und im angrenzenden Sibirien wurden radioaktiv verseucht.
Etwa 1,7 Millionen Menschen trugen gesundheitliche Schäden davon, in vielen Familien kam es zu Todesfällen. Krebs- und Knochen-Erkrankungen häuften sich, Kinder wurden mit Missbildungen geboren.
Es fanden Evakuierungen statt. Darüberhinaus verließen zahlreiche Bewohner:innen ihre Heimat.
Krater, Warnschilder, leerstehende Gebäude, Wachposten: Das Sperrgebiet erinnert an die dunkle Vergangenheit. Gänzlich ausgestorben ist die Gegend dennoch nicht.
Um Arbeit zu finden, lassen sich zunehmend mehr Menschen nieder. Trotz der Strahlen-Belastung, die an manchen Stellen 400-mal höher ist als der empfohlene Maximalwert.
Jobs gibt's nicht nur in der Land- und Weidewirtschaft. Da die Region reich an Bodenschätzen ist, schürfen viele auch nach Edelmetallen.
Achtung, Gefahr! Was man über radioaktive Strahlung wissen muss
☢️ Radioaktive Strahlung wird in Sievert (Sv) gemessen. Die Maßeinheit gibt die biologische Wirkung auf Menschen, Tiere oder Pflanzen an.
☢️ War man einer Strahlen-Belastung von mehr als 500 Millisievert ausgesetzt, treten laut dem Bundesamt für Strahlenschutz innerhalb kurzer Zeit gesundheitliche Schäden auf. Das ist etwa dann der Fall, wenn sich ein Reaktor-Unfall wie einst in Tschernobyl oder Fukushima ereignet und Menschen sich in der Nähe des Unglücksortes befinden.
☢️ Ab 1.000 Millisievert zeigen sich akute Strahlen-Effekte wie Übelkeit und Erbrechen. Bei über 8.000 Millisievert bestehen ohne medizinische Behandlung nur geringe Überlebenschancen.
☢️ Selbst bei niedrigeren Werten können nach Jahren oder Jahrzehnten noch gesundheitliche Folgen auftreten - insbesondere Krebs-Erkrankungen.
☢️ Ob beim Fliegen, Röntgen oder Bergsteigen - auch im Alltag wirkt Strahlung auf uns ein. Geringe Mengen kann der Körper verkraften. Die jährliche Dosis einer in Deutschland lebenden Person beträgt durchschnittlich 2,1 Millisievert.
☢️ Feuerwehr- und Katastrophenschutz-Einheiten tragen bei Einsätzen mit radioaktivem Material oder in Atomkraftwerken sogenannte Kontaminations-Schutzanzüge. Und dazu Gummistiefel, spezielle Handschuhe und Atemschutzmasken.
☢️ Beim Dark Tourism gehören ehemalige Katastrophen-Gebiete zu den beliebten Reisezielen. Wie Urlaub in Tschernobyl aussieht, kannst du dir im nachfolgenden Video angucken.
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"Touripedia" für Kasachstan
💱 Bezahlt wird in der Landeswährung, Geld tauschen kann man in Banken und Wechselstuben. 1 Euro entspricht etwa 500 kasachischen Tenge (KTZ) - und dafür gibt's beispielsweise 1 gezapftes, einheimisches Bier.
🚉 Auf einem Schienen-Netz von mehr als 16.000 Kilometern kommt man per Bahn bequem durchs Land. Beliebt ist die Strecke zwischen Nur-Sultan und Almaty - die schnellen Talgo-Züge brauchen für die etwa 1.100 Kilometer rund 12 Stunden.
🛍️ Supermarkt-Alternative: Günstige Lebensmittel bieten Läden mit der Aufschrift "Azyk Tulik" an.
🏕 Wildcamping ist meist erlaubt. Aber Vorsicht: In den Wäldern und Berg-Regionen tummeln sich Wölfe und Bären.
🎁 Die Menschen in Kasachstan sind für ihre Gastfreundschaft bekannt. Wird man zum Essen oder Tee-Trinken eingeladen, bringt man üblicherweise ein kleines Geschenk mit.