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Von süß bis umami: Welche Geschmäcker nehmen wir wirklich wahr?

  • Veröffentlicht: 27.03.2021
  • 15:45 Uhr
  • Galileo

Wusstest du, dass Kinder anders schmecken als Erwachsene: Doch was macht den Geschmackssinn aus und wie funktioniert er überhaupt? Und: Wir klären den Mythos über die Geschmackszonen auf.

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Wie funktioniert der Geschmackssinn?

Die meisten der 2.000 bis 5.000 Geschmacksknospen eines Erwachsenen befinden sich auf der Zunge, einige aber auch zum Beispiel am Kehlkopf. Die Geschmacksknospen sitzen wiederum in den sogenannten Geschmackspapillen zusammen.

Über eine kleine Öffnung in der Geschmacksknospe strömt der Speichel mit den in ihm gelösten Nahrungsbestandteilen hinein und gelangt so zu den bis zu 100 Geschmackssinneszellen, die in den Knospen sitzen.

Dass die Zunge in Geschmackszonen aufgeteilt ist, ist übrigens ein Irrtum: Die Geschmacksrezeptoren liegen überall. Mehr dazu unten.

Auf der Zunge befinden sich unzählige Geschmackspapillen mit den Geschmacksknospen.
Auf der Zunge befinden sich unzählige Geschmackspapillen mit den Geschmacksknospen.© Getty Images
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Der Geruchssinn ist essenziell für den Geschmack

Doch dass nicht nur die Geschmacksknospen für das Schmecken entscheidend sind, merkst du bei Schnupfen. Mehr als die Grundgeschmäcker kannst du dann nicht unterscheiden, denn der Geruchssinn macht den größten "Geschmacksteil" aus.

Über deinen Rachen gelangen kleine Nahrungsbestandteile in die Nase und reizen dort die Geruchsrezeptoren. Die und die Geschmackssinneszellen auf der Zunge senden Signale über die Nerven ans Gehirn, wo diese dann zu "einem" Geschmack verarbeitet werden.

Der menschliche Geschmackssinn ist relativ einfach angelegt. Die richtig komplexen Geschmäcker mit feinen Aromen entstehen erst durch das Zusammenspiel von Geruchssinn, Geschmackssinn sowie Tastsinn, Temperaturempfinden und Schmerzempfinden, etwa bei "scharfen" Chilis, wenn die Zunge brennt.

Lässt sich über Geschmack streiten?

Jeder Mensch schmeckt etwas anders. Daher schmecken ihm auch andere Dinge, dies hängt unter anderem von unserer Gen-Ausstattung ab sowie der kindlichen Prägung. Sogar die Ernährung der Mutter in der Schwangerschaft ist entscheidend.

Wie Kinder ihre Geschmäcker entwickeln, erklären wir weiter unten.

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Süßes oder saures: Welche Geschmäcker können wir wahrnehmen?

🍭 Süß: die liebste Geschmacksrichtung der meisten Menschen. Süß steht für Zucker und andere Kohlenhydrate. Sie liefern Energie, die dein Körper zum Überleben braucht. Allerdings lässt sich dieser Sinn durch energiearme Süßstoffe auch täuschen.

🍟 Salzig: Ohne Salz kann dein Körper nicht leben, deshalb zählt auch salzig zu den beliebteren Geschmacksrichtungen. Doch Vorsicht mit der Dosierung: Heutzutage sind viele Speisen völlig übersalzen, was auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen wie Bluthochdruck führen kann.

🍋 Sauer gilt als Warnung vor unreifen Früchten, die unter anderem Durchfall verursachen können. Eine leichte Säure verleiht vielen Gerichten jedoch den Feinschliff, und wir wissen diesen Geschmack zu schätzen.

👅 Bitter ist als Geschmack ziemlich unbeliebt, was auch sinnvoll ist. Es ist eine Warnung und hat unsere Vorfahren vor dem Tod bewahrt. Giftige Pflanzen enthalten nämlich sehr oft Bitterstoffe, etwa zum Schutz vor Fressfeinden. Es gibt aber auch viele gesunde Bitterstoffe wie die in Artischocken. Sie helfen bei der Verdauung, regen die Funktion von Leber und Galle an. Außerdem aktiviert Bitteres die Produktion von Speichel und Magensaft.

🤤 Umami ist ein herzhafter, würziger, fleischiger Geschmack und lässt sich als Geschmacksrichtung nur schwer beschreiben. Denn eigentlich ist umami einfach nur lecker. Diese 5. Geschmacksrichtung wurde erst 1909 von japanischen Forschern entdeckt und wird durch die Aminosäure Glutamat erzeugt. Von Natur aus sind Fleisch, Fisch, Käse, Sojasoße, aber auch getrocknete Tomaten und Muttermilch sehr umami.

🌶️ Übrigens: Fett wird aktuell als 6. Geschmackssinn diskutiert, und scharf ist keine Geschmacksrichtung, sondern ein Schmerzempfinden. Das unter anderem in Chili enthaltene Capsaicin sendet ein Schmerzsignal ans Gehirn: Das Gewebe wird besser durchblutet und zur Schmerzlinderung Endorphine ausgeschüttet. Die sorgen übrigens für ein Glücksgefühl.

Galileo vom 2019-05-05

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An einen Geschmack gewöhnen? Das geht!

Du kannst dich an einen Geschmack gewöhnen und ihn dann sogar lieben, obwohl du ihn erst nicht mochtest. Denke nur an bitteres Bier - oder einen starken bitteren Espresso.
Du kannst dich an einen Geschmack gewöhnen und ihn dann sogar lieben, obwohl du ihn erst nicht mochtest. Denke nur an bitteres Bier - oder einen starken bitteren Espresso.© Getty Images

Mythos der Geschmackszonen: Wir klären auf!

In der Schule hast du bestimmt gelernt, dass die Zunge in verschiedene Geschmackszonen aufgeteilt ist. Das stimmt jedoch nicht und basiert auf einem Übersetzungsfehler.

Zwar befinden sich in der Mitte der Zunge weniger Geschmacksrezeptoren als an den Rändern. Allerdings kannst du in allen Regionen nicht entweder süß, salzig, sauer, bitter oder umami schmecken, sondern alle Geschmacksrichtungen.

So kam es zum Irrglauben: Im Jahr 1901 beschrieb der deutsche Wissenschaftler David P. Hänig in seiner Arbeit "Zur Psychophysik des Geschmackssinnes" zum 1. Mal die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge. Er fand heraus, dass die Rezeptoren in den einzelnen Zonen sensibler auf gewisse Geschmacksrichtungen reagieren.

Seine visuelle Darstellung der Zonen machte auf andere Forschende den Eindruck, als könne die Zunge dort ausschließlich süß, salzig, sauer oder bitter schmecken.

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Übersetzungsfehler mit Folgen

Dies glaubte auch der US-Forscher Edwin G. Boring, als er 40 Jahre später Hänigs Arbeit übersetzte. Seine falsche Karte der Geschmackszonen (unten siehst du sie) wurde populär und schaffte es in jedes Schulbuch. Ein Mythos, der sich bis heute hartnäckig hält.

Geschmackszonen der Zunge - dies ist die alte, falsche Grafik

Umami war übrigens damals noch gar nicht eingezeichnet.
Umami war übrigens damals noch gar nicht eingezeichnet. © Galileo

Geschmackswahrnehmung: Warum Kinder anders schmecken

👶 Babys und kleine Kinder haben rund 10.000 Geschmacksknospen - also deutlich mehr als Erwachsene. Sie sind zudem überall im Mund verteilt - sogar auf der Lippenschleimhaut.

👅 Mit dem Alter werden die Geschmacksknospen immer weniger. Die übrig gebliebenen befinden sich überwiegend auf der Zunge.

🧒 Neugeborene schmecken schon die Geschmacksrichtungen süß, sauer und bitter, nach einigen Monaten auch salzig und umami. Mit rund 3 Jahren ist die Ausbildung der Geschmacksorgane abgeschlossen. Das heißt jedoch nicht, dass sich die Vorlieben dann nicht mehr ändern.

🍼 Süßes und Fettiges bevorzugt der Mensch schon aufgrund seiner Gene, da entsprechende Nahrungsmittel energiereich sind und das Überleben sichern. Auch die Muttermilch schmeckt süß und enthält viel Fett. Sauer und bitter lehnen Babys dagegen ab, da es verdorbene oder unreife Lebensmittel sein könnten. Dass kleine Kinder kein Gemüse mögen, ist daher nicht verwunderlich.

🤰 Welche Geschmacksvorlieben jemand später hat, wird durch die Ernährung der Mutter in der Schwangerschaft beeinflusst. Die verändert nämlich den Geschmack des Fruchtwassers, den schon Embryonen schmecken.

🤱 Auch in der Stillzeit wird der Geschmack geprägt. Denn je nachdem, was die Mutter isst, schmeckt die Muttermilch anders.

👪 Auch hat die Esskultur der Eltern einen Einfluss auf die Vorlieben des Kindes. Die Kleinen imitieren die Erwachsenen und essen, was sie essen. Zudem gilt: Was oft auf den Tisch kommt, wird meist auch gern gegessen.

🍦 Einige Geschmacksvorlieben entwickeln sich auch, weil die Kinder damit ein schönes Erlebnis verbinden, wie das Eis am See - aber auch, wenn sie es als Belohnung erhalten.

Der Geschmackssinn stumpft durch falsche Ernährung ab

Dein Geschmackssinn kann durch den ständigen Konsum von stark gewürzten, gesalzenen und aromatisierten Fertiggerichten abstumpfen. Natürliche Produkte schmecken dann nicht mehr so gut.
Dein Geschmackssinn kann durch den ständigen Konsum von stark gewürzten, gesalzenen und aromatisierten Fertiggerichten abstumpfen. Natürliche Produkte schmecken dann nicht mehr so gut.© picture alliance / Ulrich Baumgarten

Feuchte Angelegenheit: Speichel lässt dich schmecken

Beim Kauen wird die Speichelbildung angeregt. Aber auch schon allein der Geruch einer Speise oder gar der Gedanke an den Geschmack lässt einen wortwörtlich das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Dies ist ein wichtiger Reflex: Ohne Speichel würde die Nahrung sich nicht in winzige Nahrungsbestandteile lösen, die sich an die Geschmacks- und Geruchsrezeptoren binden. Und so könntest du kaum etwas schmecken.

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