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Krankheiten

Tollwut: Das musst du tun, wenn du gebissen wirst

  • Veröffentlicht: 08.11.2023
  • 05:00 Uhr
  • Chris Tomas

Wenn dich ein Tier beißt, das mit Tollwut infiziert ist, kann das schnell lebensbedrohlich werden. Aber was passiert da eigentlich im Körper? Wie erkennt man ein tollwütiges Tier? Und brauchst du eine Impfung? Diese Fragen klären wir hier.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Alle zehn Minuten stirbt laut WHO ein Mensch an Tollwut. Weltweit gibt es nur 15 bekannte Fälle, in denen jemand eine Infektion überlebt hat. Damit gehört Tollwut zu den gefährlichsten und tödlichsten Krankheiten überhaupt.

  • Tollwut ist hochansteckend und wird durch Viren übertragen, etwa durch den Biss eines infizierten Tieres. Das kann ein Hund sein, aber auch ein Fuchs, ein Affe oder eine Fledermaus. Medizinisch heißt die Erkrankung Rabies.

  • Das Problem: Nicht immer ist ein infiziertes Tier sofort zu erkennen. Nicht jedes hat zum Beispiel Schaum vorm Maul, wie viele glauben. 

  • In Deutschland gilt Tollwut seit 15 Jahren als ausgerottet. Nur in Fledermäusen wird sie noch gelegentlich nachgewiesen. 

Wie wird Tollwut übertragen?

Tollwut wird durch Viren übertragen. Auslöser sind verschiedene Lyssaviren wie etwa das Rabiesvirus (das klassische Tollwutvirus) und Fledermaus-Tollwutviren.

Die Viren dringen in den menschlichen Körper ein, wenn der Speichel eines infizierten Tieres in Berührung mit verletzter Haut kommt, etwa bei einem Biss, bei einem Kratzer oder wenn das Tier eine Wunde ableckt. Es kann sogar ausreichen, wenn der Speichel an die Schleimhäute gerät – zum Beispiel wenn du dir nach dem Kontakt das Auge reibst. Reines Streicheln ist zwar ungefährlich, aber bei unbekannten Tieren nicht immer eine gute Idee.

Da das Virus von Tieren auf Menschen übertragen wird, handelt es sich bei Tollwut um eine sogenannte Zoonose. In Europa, Asien und Afrika ist der Überträger meist ein Hund. Aber theoretisch können alle Säugetiere Tollwut weitergeben. Auf dem amerikanischen Kontinent sind vor allem Fledermäuse für Infektionen verantwortlich.

Normalerweise stecken betroffene Menschen keine anderen Menschen an. Es kam aber schon vor, dass das Tollwut-Virus bei einer Organtransplantation übertragen wurde. In einem Fall in Deutschland im Jahr 2005 hatte sich die Organspenderin zuvor bei einer Indien-Reise infiziert. Nachdem sie an Herzversagen verstorben war, steckten ihre Organe sechs weitere Menschen an.

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Was passiert bei Tollwut im Körper?

Phase 1: Wenn das Virus eingedrungen ist, vermehrt es sich als erstes an der Stelle, an der es in den Körper gelangt ist. Nach etwa drei Tagen breitet es sich dann ganz langsam entlang der Nervenbahnen im Körper aus und wandert ins periphere Nervensystem, das die Nerven außerhalb von Gehirn und Rückenmark umfasst. In dieser Zeit treten oft noch keine Symptome auf. Oder sie sind schwer zuzuordnen, zum Beispiel Kopfweh, Übelkeit oder Erkältungsbeschwerden. Manchmal juckt oder schmerzt die Eintrittswunde.

Diese Inkubationszeit kann Tage, Wochen, aber auch Monate und Jahre dauern. Im Durchschnitt rechnet man mit etwa drei Monaten.

Phase 2: Im Anschluss bewegt das Tollwut-Virus weiter ins zentrale Nervensystem, ins Gehirn und Rückenmark. Einmal hier angekommen, nützt eine Impfung nichts mehr. Das Virus löst eine Entzündungsreaktion im Gehirn aus. Jetzt beginnen auch die neurologischen Symptome: Unruhe, Verwirrtheit, Aggressionsschübe, Muskelzuckungen. Hinzu kommen Fieber, Schlaflosigkeit und übermäßiger Speichelfluss. Auffallend ist die Angst vor Wasser: Betroffene reagieren mit starken Krämpfen auf jede Form von Flüssigkeit, selbst wenn sie eigentlich am Verdursten sind. Sie können nicht mehr sprechen oder schlucken, leiden schlimmste Qualen. Simple Umweltreize wie Licht, Geräusche oder ein Luftzug, etwa durch einen Ventilator, ertragen sie kaum.

Es gibt außerdem eine stumme Form der Tollwut, die "stille Wut", bei der Lähmungen im Vordergrund stehen.

Phase 3: Die Symptome verschlimmern sich. Jetzt kann nur noch palliativ behandelt werden. Nach ein bis zwei Wochen tritt der Tod ein. Grund ist meist eine Atemlähmung oder ein Herzstillstand.

Von den 60.000 Menschen, die jährlich an Tollwut sterben, sind laut WHO 40 Prozent Kinder unter 15 Jahren.

Hat ein Tier Tollwut? Daran kannst du es erkennen

Wichtig zu wissen: Weil Tollwut so eine lange Inkubationszeit haben kann, lässt sich nicht jedes kranke Tier gleich identifizieren. Oft treten die Symptom erst nach einigen Wochen auf.

  • Streunende Hunde oder Wildtiere wie Füchse zeigen keine Scheu, kommen auf dich zu, sind ungewöhnlich zutraulich
  • Du begegnest einem Tier, das unruhig und aggressiv ist, schnappt oder beißt
  • Ein wildes Tier wirkt apathisch, lethargisch und hilfsbedürftig (kann auf die "stille Wut" hinweisen)
  • Das Tier sabbert stark (allerdings erst in Phase 2), was ein wenig wie Schaum aussieht
  • Fledermäuse fliegen nicht mehr, liegen paralysiert am Boden
  • Ein eigentlich nachtaktives Tier ist plötzlich auch am Tag aktiv
  • Ein Tier sieht krank aus, ist sehr dürr oder hat stumpfes, struppiges Fell
  • Bei Haustieren: Dein Tier hat plötzlich Lähmungen oder zeigt auffällige Verhaltensänderungen, ist zum Beispiel ungewöhnlich ängstlich, nervös oder erregt
Fledermäuse können Tollwut übertragen. Einen Biss bemerkt man kaum, weil sie so kleine Zähne haben. Die Tiere sollte man daher nur mit dicken Handschuhen anfassen.
Fledermäuse können Tollwut übertragen. Einen Biss bemerkt man kaum, weil sie so kleine Zähne haben. Die Tiere sollte man daher nur mit dicken Handschuhen anfassen.© IMAGO/imagebroker
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Tollwut-Behandlung: Gibt es eine Therapie?

Weil nur so wenige Menschen Tollwut überlebt haben, gilt die Krankheit offiziell als zu hundert Prozent tödlich. Es gibt kein Heilmittel.

Wer Kontakt mit einem infizierten Tier hatte – oder auch nur den Verdacht, das Tier könnte infiziert gewesen sein –, muss sich so schnell wie möglich impfen lassen. Am besten innerhalb weniger Stunden! Das gilt insbesondere nach dem Kontakt mit Fledermäusen. Die Nachimpfung ist lebensrettend, und sie wirkt nur, solange das Virus das zentrale Nervensystem noch nicht erreicht hat.

Hilfreich ist auch, die Wunde gründlich 15 Minuten lang mit Seife unter fließendem Wasser auszuwaschen und danach mit Desinfektionsspray oder Jodsalbe zu desinfizieren. Auf keinen Fall solltest du abwarten, ob sich auffällige Symptome melden. Leider ist es bisher nicht möglich, eine Infektion mithilfe eines Tests sicher auszuschließen.

Bei einer nachträglichen Tollwut-Impfung werden dir insgesamt fünf Dosen mit einigen Tagen Abstand gespritzt. Hinzu kommt eine Behandlung mit Antikörpern. Auch wer bereits gegen Tollwut geimpft ist, sollte sich laut WHO-Empfehlung beim einem Biss oder Kratzer eines potenziell kranken Tieres noch zwei weitere Spritzen geben lassen – am besten innerhalb von drei Tagen. Die Grundimmunisierung verschafft dafür vor allem Zeit. Gerade auf Reisen liegt das nächste Krankenhaus meist nicht um die Ecke oder hat den Impfstoff auf Lager.

Im Jahr 2005 konnte in den USA erstmals ein erkranktes Mädchen geheilt werden, weil sein Arzt es ins künstliche Koma versetzte und dann mit einem Mix aus Medikamenten behandelte – eine medizinische Sensation. Doch sein Konzept mit dem Namen "Milwaukee-Protokoll" ist umstritten. Die Erfolgschancen sind extrem klein, nur eine Handvoll Menschen hat Tollwut dadurch überlebt und viele trugen Schäden davon.

Werden auf der Insel Riems gefährlichen Viren produzierten?

Werden auf der Insel Riems gefährlichen Viren produzierten?

Riems ist die gefährlichste Insel Deutschlands: Dort arbeiten Forschende an Krankheitserregern - von Tollwut über Rinderwahn bis hin zu Ebola. "Galileo" hat eine Wissenschaftlerin durch ihren Arbeitsalltag im Labor mit Sicherheitsstufe 4 begleitet.

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Tollwut-Länderliste: Welches sind Risikogebiete?

⚠️ Kein Risiko besteht in Neuseeland und in der Antarktis.

⚠️ Ein geringes Risiko besteht in West- und Mitteleuropa, in den USA, Kanada, Teilen Südamerikas (etwa Argentinien, Chile, Bolivien, Uruguay), Saudi-Arabien, den Emiraten und Australien.

⚠️ Ein mittleres Risiko besteht in Osteuropa und auf dem Balkan, in Russland, in südafrikanischen Ländern, Thailand sowie in Ländern Mittel- und Südamerikas (zum Beispiel Mexiko, Brasilien).

⚠️ Ein hohes Risiko besteht in den meisten afrikanischen und asiatischen Ländern. 95 Prozent aller weltweiten Todesfälle werden hier gemeldet. Insbesondere Indien stellt eine Gefahr dar. Weitere Risikogebiete sind Teile Mittelamerikas (etwa Honduras, Guatemala) und der Karibik.

  • Quelle: WHO

Tollwut vorbeugen: So steckst du dich nicht an

✈️ Vor dem Urlaub impfen lassen: Wenn du länger in Risikogebieten herumreist oder auch beruflich viel mit Tieren zu tun hast, ist eine Tollwut-Impfung sinnvoll. Sie besteht aus drei Spritzen, die zu bei deiner Hausärztin oder deinem Hausarzt bekommst. Bist du unsicher, kannst du dich auch in einem Tropeninstitut oder einer Fachstelle für Reisemedizin beraten lassen.

🦊 Beim Kontakt mit fremden Tieren vorsichtig sein: Der verängstigte Straßenhund, das aufdringliche Äffchen oder der zutrauliche Fuchs könnten alle potenziell infiziert sein. Halte möglichst Abstand und achte auf seltsames Verhalten.

🦇 Bei Fledermäusen besonders aufpassen: Entdeckst du ein totes oder scheinbar totes Tier auf dem Boden, auf keinen Fall mit bloßen Händen anfassen. Fledermäuse haben winzige Zähnchen, deren Biss du kaum spürst. Willst du ein ins Haus geflogenes Tier ins Freie befördern, dann nur mit dicken Handschuhen. Auch Fledermaus-Höhlen solltest du meiden.

💉 Haustiere impfen lassen: In Deutschland ist eine Tollwutimpfung für Hunde und Katzen zwar nicht mehr vorgeschrieben. Du brauchst den Nachweis nur, wenn du mit deinem Tier ins Ausland willst. Die Immunisierung lohnt sich aber, denn sie hilft, die Krankheit einzudämmen, und schützt deinen Vierbeiner – und damit auch dich.

🐶 Haustiere nur bei seriösen Züchter:innen kaufen. Oder du gibst einem Tier aus dem Tierheim ein neues Zuhause. Im Internet werden oft eingeschmuggelte Tiere aus Osteuropa angeboten, die nicht nur unter schlechten Bedingungen gehalten werden, sondern auch mit Tollwut infiziert sein können. 2021 gab es einen solchen Fall in Bremen.

🐕 Keine Tiere aus dem Ausland einschmuggeln: Du möchtest ein heimatloses Tier im Ausland adoptieren? Vorsicht, es könnte mit Tollwut infiziert sein. 2019 starb eine 24-jährige Norwegerin, nachdem sie bei einer Philippinenreise einen Welpen von der Straße aufgelesen hatte. Streunende Tiere darfst du ohnehin nicht einfach nach Deutschland mitbringen. Und selbst wenn das Tier noch vor Ort geimpft wird, ist der Schutz erst nach drei Wochen gültig. Wende dich am besten an eine Organisation, die auf Tierrettung im Ausland spezialisiert ist.

😾 Das eigene Haustier im Blick behalten: Achte darauf, ob dein Tier plötzlich Verhaltensänderungen zeigt, die dir merkwürdig vorkommen, zum Beispiel ungewöhnlich aggressiv ist oder Lähmungen zeigt.

👩‍👧‍👦 Mit Kindern über das Thema Tollwut sprechen: Erkläre ihnen, worauf sie achten müssen – zum Beispiel keine Fledermäuse vom Boden aufheben, keine toten Tiere anfassen usw.

👨‍⚕️ Keine Impfköder aufheben: Um Wildtiere gegen Tollwut zu impfen, verwendet man spezieller Köder, die abgeschwächte Erreger enthalten. Die Tiere fressen den Impfstoff und sind vor der Krankheit gewappnet. In Deutschland geschah das 2008 zum letzten Mal, aber in vielen anderen Ländern werden weiter regelmäßig Köder ausgelegt, etwa in unserem Nachbarland Polen. Solltest du mit einem (schlimmstenfalls defekten) Köder in Kontakt gekommen sein, lass dich sicherheitshalber medizinisch beraten.

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