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Wahl in Belarus: Das steckt hinter den Protesten gegen Europas letzten Diktator

  • Veröffentlicht: 10.08.2020
  • 17:53 Uhr
  • Galileo
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Der weißrussische Präsident Alexander Lukashenko regiert seit mehr als 25 Jahren, auch weil ihn gefälschte Wahl-Ergebnisse immer wieder im Amt bestätigen - zuletzt am 9. August. Doch jetzt wächst der Widerstand. Was passiert gerade in dem osteuropäischen Staat?

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Das Wichtigste zum Thema Wahlen in Belarus

  • Alexander Lukashenko regiert seit 1994 in Belarus. Längst ist das Land zwischen Polen und Russland als Europas letzte Diktatur bekannt.

  • Oppositionellen Politikern, Journalisten und Demonstranten droht Haft. Presse- und Meinungsfreiheit sind in dem Land genauso Wunschdenken wie freie Wahlen.

  • Denn Wahlen werden zur Farce: gefälschte Stimmzettel, eingesperrte Gegenkandidaten und eingeschüchterte Bürgerinnen und Bürger inklusive.

  • Lukashenko lässt sich nach der Wahl mit angeblich mehr als 80 Prozent der Stimmen zum Wahlsieger ausrufen. Aber die Zivilgesellschaft demonstriert.

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Wahlbetrug in Belarus: Wie Lukashenko die Demokratie unterdrückt

Schon vor der Wahl war klar: Auch diesmal sind die Wahlen in Belarus nicht demokratisch.

Amtsinhaber Alexander Lukashenko hatte zuvor führende Stimmen der Oppositionsbewegung verhaften lassen. Ein Beispiel: 2 Monate vor der Wahl wurde der wichtigste Herausforderer Viktor Babaryko eingesperrt. Ihm drohen 15 Jahre Haft wegen angeblicher Finanzvergehen.

Auch bei der Stimmabgabe kam es zu krassen Manipulationen. Die Wahllokale waren eine Woche lang geöffnet. Genug Zeit, um Stimmzettel verschwinden zu lassen und durch gefälschte zu ersetzen. Mehr Verstöße gegen das demokratische Wahlrecht findest du weiter unten.

Belarus geht auf die Straße: Eindrücke aus einem umkämpften Land

Wahl in Belarus: Das steckt hinter den Protesten gegen Europas letzten Diktator

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Das Handy in den Himmel gereckt: Protestierende in Minsk. Kurz nachdem die Wahllokale schlossen, formierte sich im ganzen Land Protest.
© picture alliance / Iliya Pitalev / Sputnik / dpa

Das Handy in den Himmel gereckt: Protestierende in Minsk. Kurz nachdem die Wahllokale schlossen, formierte sich im ganzen Land Protest.

Ein Demonstrant stellt sich der Polizei entgegen.
© picture alliance / NurPhoto / Celestino Arce

Ein Demonstrant stellt sich der Polizei entgegen.

Die Polizei reagiert mit Tränengas und Wasserwerfern.
© picture alliance / Valery Sharifulin / TASS / dpa

Die Polizei reagiert mit Tränengas und Wasserwerfern.

Auch von körperlicher Gewalt wird berichtet.
© picture alliance / Natalia Fedosenko/ TASS / dpa

Auch von körperlicher Gewalt wird berichtet.

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So werden in Belarus Wahlen gefälscht: eine Leiter und verdächtig volle Tüten

Durch die Hintertür, genauer das Hinterfenster, klettert eine Frau aus einem Wahllokal. In der Hand hält sie eine volle Tüte, ihre Leiter wird von einem Polizisten gehalten. Die wahrscheinlichste Erklärung: Sie schafft unliebsame Stimmzettel weg.

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Wie Alexander Lukashenko zu "Europas letzten Diktator" wurde?

Lukashenkos Aufstieg zum autoritären Diktator begann 1993 als Vorsitzender des Anti-Korruptionssausschusses (kein Scherz). Er nutzte diese Rolle, um mit Anschuldigungen führende Regierungspolitiker zum Rücktritt zu zwingen. In den folgenden Wahlen wurde er 1994 zum Präsidenten gewählt. Schon damals wiesen Wahlbeobachter auf Manipulationen hin.

Frisch gewählt ging er gegen die freie Presse vor. In mehreren (ebenfalls als manipuliert geltenden) Referenden sicherte er sich in den kommenden Jahren nahezu unbegrenzte Macht. Stück für Stück entwertete er zudem das Parlament und baute ein repressives System auf. Heute sitzt kein einziger Oppositioneller mehr in der "Volksvertretung".

Alexander Lukashenko (links) umarmt den russischen Präsidenten Vladimir Putin. Beide sind an einem engen Verhältnis interessiert.
Alexander Lukashenko (links) umarmt den russischen Präsidenten Vladimir Putin. Beide sind an einem engen Verhältnis interessiert.© picture alliance / AP Images / Tatyana Zenkovich
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Mit Frauen-Power gegen die Diktatur

Wahl in Belarus: Das steckt hinter den Protesten gegen Europas letzten Diktator

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Swetlana Tichanowskaja ist zur Symbolfigur der Opposition geworden. Nach der Verhaftung ihres Mannes, dem politischen YouTube-Blogger Siarhei, mobilisierte sie die Massen. Statt der offiziellen 9,9 Prozent soll sie laut unabhängigen Nachwahlbefragungen im Ausland etwa 70 Prozent der Stimmen erhalten haben.
© picture alliance / dpa / Sputnik

Swetlana Tichanowskaja ist zur Symbolfigur der Opposition geworden. Nach der Verhaftung ihres Mannes, dem politischen YouTube-Blogger Siarhei, mobilisierte sie die Massen. Statt der offiziellen 9,9 Prozent soll sie laut unabhängigen Nachwahlbefragungen im Ausland etwa 70 Prozent der Stimmen erhalten haben.

Maria Kolesnikova war eigentlich im Wahlkampfbüro von Viktor Babariko - bis der Oppositionelle verhaftet wurde. Seitdem engagiert sie sich in der ersten Reihe gegen Lukashenko.
© picture alliance / Valery Sharifulin / TASS / dpa

Maria Kolesnikova war eigentlich im Wahlkampfbüro von Viktor Babariko - bis der Oppositionelle verhaftet wurde. Seitdem engagiert sie sich in der ersten Reihe gegen Lukashenko.

Veronika Tsepkalo ist die dritte Frau, die Lukashenko stürzen will. Ihr Mann Valery, ebenfalls Oppositionspolitiker, musste nach Russland fliehen und wurde nicht zur Wahl zugelassen.
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Veronika Tsepkalo ist die dritte Frau, die Lukashenko stürzen will. Ihr Mann Valery, ebenfalls Oppositionspolitiker, musste nach Russland fliehen und wurde nicht zur Wahl zugelassen.

Die 3 Politikerinnen schlossen sich zusammen und traten trotz Einschüchterungen öffentlich auf. So berichtet Tichanowskaja davon, dass sie und ihre Kinder am Telefon bedroht wurden. Zehntausende waren auf ihren Veranstaltungen.
© picture alliance / Natalia Fedosenko / TASS / dpa

Die 3 Politikerinnen schlossen sich zusammen und traten trotz Einschüchterungen öffentlich auf. So berichtet Tichanowskaja davon, dass sie und ihre Kinder am Telefon bedroht wurden. Zehntausende waren auf ihren Veranstaltungen.

Die 5 Kennzeichen demokratischer Wahlen nach dem deutschen Grundgesetz - und die Wahl in Belarus

👩🏽‍🤝‍🧑🏻 Allgemein: Jeder Bürger und jede Bürgerin ist wahlberechtigt, wenn er oder sie das 18. Lebensjahr vollendet hat.

❌ Manchen Belarussen und Belarussinnen wurde der Zugang zum Wahllokal verweigert.

🗽 Frei: Bei der Entscheidung, wen du wählst, darf niemand Druck auf dich ausüben.

❌ In manchen Wahllokalen wurden die Vorhänge der Wahlkabinen entfernt. Das Kalkül dahinter: Einschüchterung.

😎 Geheim: Du musst niemandem erzählen, wie du gewählt hast. Schon gar nicht darf dir da jemand über die Schulter schauen.

❌ Wie war das gleich nochmal mit den verschwundenen Vorhängen bei den Wahlkabinen?

🏋️‍♀️ Gleich: Jede Stimme zählt gleich viel - egal, welche Stellung jemand in der Gesellschaft hat.

❌ Wenn Stimmzettel einfach verschwinden und ausgetauscht werden, kann von einer gleichen Wahl keine Rede sein.

Unmittelbar: In Deutschland wählst du die Kandidaten oder die Parteilisten direkt. Du überträgst deine Stimme nicht an Wahlmänner.

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Keine ausländischen Wahlbeobachter und eine App der Opposition

Belarussische Regime-Gegner entwickelten eine App, um ihre Wahl selbst zu beobachten. Die Idee: Jeder und jede registriert sich mit Telefonnummer und macht ein Foto seines Stimmzettels und hinterlegt es in der App. Machen genug mit, ergibt sich ein verlässliche Tendenz, wie die Belarussen wirklich abgestimmt haben.

Normalerweise schickt die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder die Vereinten Nationen unabhängige Beobachter zu einer Wahl. Nicht so in Belarus. Das Auswärtige Amt kritisierte bereits Tage vor der Wahl, dass eine unabhängige Wahlbeobachtung nicht möglich war.

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