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Umfrage in den Bundesländern

Mehr Gewalt an Kindergärten

  • Veröffentlicht: 08.05.2023
  • 08:10 Uhr
  • Joachim Vonderthann
Die Gewalt in Kindertagesstätten hat in manchen Bundesländern zugenommen.
Die Gewalt in Kindertagesstätten hat in manchen Bundesländern zugenommen.© Christophe Gateau/dpa

Kindertagesstätten sollen sichere Orte für die Kleinsten sein. Doch Demütigungen und Schläge durch Kita-Personal häufen sich in manchen Bundesländern.

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Das Wichtigste in Kürze

  • In Kindertagesstätten gab es 2022 in manchen Bundesländern mehr Fehlverhalten durch das Personal. 

  • Einer dpa-Umfrage zufolge häuften sich mancherorts Demütigungen und Schläge.

  • Expert:innen beklagen eine lückenhafte Erfassung solcher Vorfälle.

Die Zahl der Meldungen über Gewalt in Kindergärten sowie bei Verdacht auf Fehlverhalten von Beschäftigten ist 2022 in einigen Bundesländern gestiegen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter Aufsichtsbehörden. Expert:innen kritisieren, dass solche Vorfälle nur lückenhaft erfasst werden.

Umfrage: Gewalt in Kitas hat zugenommen

Wie verbreitet das Problem ist, zeigen die Zahlen aus den Ländern: Aus Berliner Kitas wurden im Vorjahr 83 Fälle von grenzverletzendem Verhalten gegenüber Kindern gemeldet - die höchste Zahl der vergangenen vier Jahre. Dazu zählten auch Verdachtsfälle, teilte die Bildungsverwaltung mit. In Brandenburg wurden dem Bildungsministerium 82 Verdachtsfälle von übergriffigem Verhalten von Beschäftigten gegenüber Kindern bekannt. Im Jahr 2021 waren es noch 56 Fälle.

Auch Niedersachsen verzeichnete einen Anstieg. 2022 gingen dem Kultusministerium zufolge 338 Meldungen von Verdacht auf ein Fehlverhalten von Beschäftigten ein, ein Jahr zuvor waren es noch 223. Dabei sei es etwa ums Schlagen, Kneifen, Zerren, sexuelle oder verbale Übergriffe sowie um Zwangsfütterung gegangen.

Im Rheinland in Nordrhein-Westfalen listeten die Behörden 2022 insgesamt 271 Fälle von pädagogischem Fehlverhalten auf, 46 mehr als im Jahr davor. Auch in Bayern hatte es einer Umfrage des Bayerischen Rundfunks von Ende Dezember zufolge einen Anstieg gegeben.

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Psychische Gewalt statt Ohrfeigen

Wie es bundesweit aussieht, lässt sich nicht so leicht beantworten. "Wir verfügen leider nicht über Zahlen, weil viel zu wenig geforscht wird", bedauerte die Vize-Vorsitzende des Kinderschutzbundes, Martina Huxoll-von Ahn. Das sächsische Sozialministerium teilte zum Beispiel auf dpa-Anfrage mit, für das Landesjugendamt bestehe keine Verpflichtung zur statistischen Erfassung von Meldungen etwa darüber, wie oft das Kindeswohl in Sachsens Kitas gefährdet war.

Das macht es Experten schwer, das Ausmaß von Gewalt zu erfassen. "Zu vermuten ist, statt Prügel oder Ohrfeigen wird psychische Gewalt angewendet - also Kinder niederbrüllen, erniedrigen, sozial isolieren", so Huxoll-von Ahn. Seit dem Jahr 2000 steht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben. Seither sei die Akzeptanz von Körperstrafen deutlich zurückgegangen, aber nicht ganz verschwunden, sagte die Fachfrau.

Überfordertes Personal als Hauptgrund?

Um Übergriffe vorzubeugen, sind Kindergärten bundesweit gesetzlich dazu verpflichtet, Gewaltschutzkonzepte zu haben. Darin steht etwa, wie Gewalt verhindert oder Fälle aufgearbeitet werden können. Diese Konzepte seien noch nicht flächendeckend umgesetzt worden, sagte der Kinderschutzexperte Jörg Maywald. "Wir sind mitten in dem Prozess. Das ist von Bundesland zu Bundesland und auch von Träger zu Träger unterschiedlich." Es gebe hierbei einen bunten Flickenteppich.

Der Kinderschutzbund sieht eine Ursache für die Übergriffe gegenüber Kindern in der Überforderung des Personals. "In Kitas haben wir das Problem eines eklatanten Fachkräftemangels. Solche Stresssituationen können Formen von Gewalt verschärfen", sagt Huxoll-von Ahn. Eine Bertelsmann-Studie vom Herbst 2022 hatte den Personalmangel als alarmierend bezeichnet.

Der Kinderschutzexperte Maywald sieht das Personalproblem nicht als alleinigen Grund: "Wir haben schlecht ausgestattete Kitas, die hervorragende Arbeit leisten, andererseits relativ gut ausgestattete, die eine weniger gute Arbeit machen." 

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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