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Diskussionen im sächsischen Landtag

"Nur eine Stunde pro Woche": Kretschmer will wöchentliche Arbeitszeit verlängern

  • Veröffentlicht: 07.07.2023
  • 16:53 Uhr
  • Lena Glöckner
Michael Kretschmer hat vorgeschlagen, die Arbeitszeiten zu verlängern.
Michael Kretschmer hat vorgeschlagen, die Arbeitszeiten zu verlängern.© Jan Woitas/dpa

Deutschland fehlen Arbeitskräfte. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer will deshalb, dass Menschen wieder länger arbeiten. Zudem soll die Rente mit 63 abgeschafft werden - das stößt auf Kritik.

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Die Forderungen des sächsischen Regierungschefs Michael Kretschmer (CDU) nach längeren Arbeitszeiten und späterer Renteneintritte sorgen im Landtag für Diskussionen. "Wenn Michael Kretschmer jetzt eine Verlängerung der Arbeitszeiten im Osten fordert - in dem Wissen, dass wir hier ohnehin schon bis zu zwei Wochen mehr arbeiten als im Westen - ist das zynisch", sagte der sächsische Arbeitsminister Martin Dulig (SPD) am Donnerstag (6. Juli) auf Anfrage.

Dulig zufolge sei es wesentlich sinnvoller, wenn die Tarifbindung in Sachsen endlich steigen würde. Kretschmer will mit seinen Vorschlägen den Mangel an Arbeitskräften in den Griff bekommen.

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Kretschmer hatte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND) am Donnerstag gesagt, dass alle eine Stunde pro Woche länger arbeiten könnten, um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. "Würde jeder Erwerbstätige in Deutschland nur eine Stunde pro Woche länger arbeiten, würde sich ein großes Potenzial für die Bekämpfung des Fachkräftemangels ergeben." Zudem brauche es neue Arbeitszeitmodelle und mehr Anreize für Arbeiten über die Rente hinaus.

"Rentenkürzungsvorschlag auf dem Rücken der Beschäftigten"

Auch diesen Vorschlag wies Dulig zurück. "Generell wird eine Erhöhung der Arbeitszeiten und Renteneintritte das Problem der fehlenden Arbeits- und Fachkräfte nicht lösen." Vielmehr brauche es gute Aus- und Weiterbildungen, mehr Zuwanderung von Arbeits- und Fachkräften und Investitionen in die Automatisierung von Arbeitsabläufen. Duligs Parteikollegin und Sozialministerin, Petra Köpping, sagte: "Das ist kein Beitrag zur Fachkräftesicherung, sondern ein Rentenkürzungsvorschlag auf dem Rücken der Beschäftigten."

Die Landesvorsitzenden der Linken, Susanne Schaper und Stefan Hartmann, bezeichneten Kretschmers Äußerungen als "Vorschläge aus dem letzten Jahrhundert". "Länger arbeiten führt keineswegs zu einem höheren Arbeitsertrag. Entscheidend ist die Arbeitsproduktivität", sagte Schaper. Hartmann betonte: "Kretschmer will den Leuten einfach nur weismachen, sie sollen sich am Fließband mehr anstrengen und eine Stunde länger dort stehen, um unseren Wohlstand zu erhalten." Eigentlich sei aber eine Modernisierung der Anlagen und Infrastruktur nötig.

Dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Grünen, Gerhard Liebscher, zufolge sitzt Kretschmer mit seinen Vorschlägen einem grundlegenden Irrtum auf. "Statt auf Unternehmen und Arbeitnehmende zu zeigen, sollten wir viel stärker über die Rahmenbedingungen sprechen." Er forderte strukturelle Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Arbeitsleben - etwa ein funktionierendes und flächendeckendes ÖPNV-Netz.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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