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Heiß, heißer, unbewohnbar

Erderwärmung: Diese Orte könnten schon bald unbewohnbar sein

  • Aktualisiert: 17.10.2023
  • 15:27 Uhr
  • Stefan Kendzia
Die Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen wird zunehmen, die dem menschlichen Körper unmöglich macht, sich selbstregulierend abzukühlen.
Die Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen wird zunehmen, die dem menschlichen Körper unmöglich macht, sich selbstregulierend abzukühlen.© Jens Büttner/dpa

Die Erde schwitzt gewaltig. An manchen Orten mehr, an anderen weniger. Schreitet die Erderwärmung voran, wird es Regionen auf der Welt geben, in denen Extremtemperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit selbst junge und gesunde Menschen in Lebensgefahr bringen könnten, wie nun eine Studie herausgefunden haben will.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Schreitet die Erderwärmung voran, wird es Regionen auf der Welt geben, in denen Extremtemperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit selbst junge und gesunde Menschen in Lebensgefahr bringen könnten.

  • Die Forschung selbst fußt auf der Annahme, dass es eine Grenze dafür gibt, wie viel Hitze und Feuchtigkeit der menschliche Körper aushalten kann.

  • Untersuchungen haben bereits ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen zunimmt, die es dem menschlichen Körper unmöglich machen, sich selbst abzukühlen.

Schon für vorbelastete Menschen gibt es Gegenden auf der Welt, die sie aufgrund der Hitze meiden sollten. Eine Studie beschreibt nun, wenn es mit der Erderwärmung so weitergeht und Temperaturen sowie Luftfeuchtigkeit jedes Jahr für längere Zeit einen Schwellenwert überschreiten, könnte das auch junge und gesunde Menschen gefährden und sogar für unbewohnbare Gebiete sorgen.

Im Video: Extreme Hitze im Amazonasgebiet - über 100 tote Flussdelfine entdeckt

Die Wahrscheinlichkeit von lebensbedrohlichen Hitzewellen nimmt laut Forschung zu

Es gibt bereits Orte auf der Welt, die aufgrund des Klimawandels immer wieder zeitweise die Grenzen dessen überschreiten, was Menschen gesundheitlich überhaupt noch ertragen können. Die Forschung selbst fußt laut "Washington Post" auf der Annahme, dass es eine Grenze dafür gibt, wie viel Hitze und Feuchtigkeit der menschliche Körper aushalten kann. Lahoe in Pakistan ist ein Ort, der bereits heute an einigen Tagen im Jahr das Leben schier unmöglich macht. Eine Studie der "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)" hat nun herausgefunden, dass dort die Überlebensschwelle bis zur Mitte des Jahrhunderts für zwei oder drei Wochen im Jahr überschritten werden könnte. Im schlimmsten Fall sogar für Monate. Für die Hafenstadt Al Hudaydah am Roten Meer im Jemen könnten solche lebensbedrohlichen Bedingungen ein oder zwei Monate pro Jahr andauern - wenn nicht sogar das ganze Jahr über, wenn man die höchsten Prognosen zur globalen Erwärmung ansetzt.

Das bedeute nicht, dass diese Orte für Menschen bereits "unbewohnbar" seien, sagte Daniel Vecellio, Postdoktorand am Virginia Climate Center der George Mason University und Hauptautor der Studie. Dies könnte jedoch bald der Fall sein, wenn die Klimaveränderung dazu führe, dass die Menschen über weite Strecken keine Pause von starker Hitze und Feuchtigkeit hätten, sagte er. "Wenn man diese wochen- oder monatelangen Anhäufungen davon sieht, wird es zu heiß für Menschen", so Vecellio. Untersuchungen haben bereits ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen zunimmt, die es dem menschlichen Körper unmöglich machen, sich selbst abzukühlen. Eine ähnliche Studie, die in "Science Advances" veröffentlicht wurde, ergab, dass rund 200 Wetterstationen auf der ganzen Welt den Grenzwert bereits zeitweise überschritten haben.

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In Europa und Nordamerika, wo Menschen deutlich weniger Hitze und Luftfeuchtigkeit gewohnt sind, wäre eine Überschreitung der Überlebensschwelle selbst an nur wenigen Tagen sehr problematisch. Gerade in diesen Breitengraden, in denen Klimaanlagen selten sind und die Hitzeakklimatisierung des Menschen gering ist, "könnte es zu Massentoten oder Opfern kommen", sagte Carter Powis, Hauptautor dieser Studie und Forscher an der Universität Oxford. Die Studie prognostiziert allerdings für Europa keine derart extreme Hitze und Luftfeuchtigkeit und nur relativ kurze Abschnitte für Nordamerika. Für eine ernsthafte Gesundheitsbedrohung nimmt man dabei eine Feuchtkugeltemperatur (die niedrigste Temperatur, die durch Verdunstungskühlung erreicht werden kann) von 31 Grad Celsius an. Sind gesunde Menschen dieser Temperatur über Stunden ausgesetzt, ohne die Möglichkeit Klimaanlagen oder Schatten aufsuchen oder Wasser trinken zu können, kann dies zu Krankheiten oder zum Tod führen.

Die Länder, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, werden am meisten unter den Auswirkungen leiden

Die Wissenschaftler:innen haben nun Szenarien berechnet für eine durchschnittliche Klimaerwärmung von 1,5 und 4 Grad Celsius. Dementsprechend wurden Hunderte – wenn nicht Tausende – Stunden pro Jahr mit solch extremen Bedingungen in Teilen Asiens, des Nahen Ostens und Afrikas identifiziert. Lahore zum Beispiel würde im konservativsten Erwärmungsszenario die Hitze- und Feuchtigkeitsschwelle für 69,5 Stunden im Jahr überschreiten – fast neun Tage, wenn die Hitze acht Stunden am Tag andauerte. Bei einer globalen Erwärmung von 4 Grad Celsius würde die Feuchtkugeltemperatur mehr als 1.000 Stunden im Jahr über dem Grenzwert bleiben. Die Forschenden unterstreichen, dass die schwerwiegendsten Auswirkungen des Klimawandels in den Ländern zu spüren sein werden, die am wenigsten zu seiner Entstehung beigetragen haben, sagte Klimawissenschaftler Fahad Saeed der deutschen Denkfabrik Climate Analytics. "Sie sind diejenigen, die die Hauptlast tragen", so Saeed. "Wir können einige der schlimmsten Auswirkungen abwenden", sagte Vecellio, wenn die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau begrenzt würde. Ein Ziel, auf das sich die Staats- und Regierungschefs der Welt 2015 in Paris geeinigt hatten.

Der Studie zufolge würden nachstehende Städte Tage oder Wochen über der Hitzeschwelle liegen:

  • Delhi, mit 39 Stunden bei 2 Grad Erwärmung und 556,9 Stunden bei 4 Grad Erwärmung.
  • Hanoi, mit 37,7 Stunden bei 2 Grad Erwärmung und 602,1 Stunden bei 4 Grad.
  • Dammam, Saudi-Arabien, mit 223,6 Stunden bei 2 Grad Erwärmung und 804,7 Stunden bei 4 Grad.
  • Dubai mit 117,7 Stunden bei 2 Grad Erwärmung und 783,9 Stunden bei 4 Grad.
  • Bandar Abbas, Iran, mit 175,5 Stunden bei 2 Grad Erwärmung und 958,6 bei 4 Grad Erwärmung.
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