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Angriffe in Nahost

Israel reagiert auf Irans Atomprogramm: Wie groß ist die atomare Bedrohung?

  • Veröffentlicht: 13.06.2025
  • 20:50 Uhr
  • Oliwia Kowalak
Der Urananreicherungskomplex in der iranischen Stadt Isfahan.
Der Urananreicherungskomplex in der iranischen Stadt Isfahan.© epa/EPA/dpa

Vor dem Hintergrund des iranischen Atomprogramms hat Israel die Islamische Republik attackiert. Experten allerdings zweifeln an der Effektivität der Militäoperation und zeigen sich besorgt über Agriffe auf Atomanlagen.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Im Zuge des Atomprogramms im Iran wuchs besonders in den vergangenen Monaten die Sorge vor dem Bau von Atomwaffen.

  • Isarel sieht darin eine existenzielle Bedrohung für das jüdische Volk und hat begonnen, Ziele im Iran zu anzugreifen.

  • Experten zeigen sich besorgt: Der Agriff auf Atomanlagen kann weitreichende Konsequenzen haben - Isreal verstoße gegen Völkerrecht.

Weitere Eskalation in Nahost beunruhigt die internationale Gemeinschaft. In der Nacht auf Freitag (13. Juni) hat Israel gegen die Islamische Republik Iran Luftangriffe gestartet. Laut offiziellen Angaben der israelischen Regierung handelt es sich bei der Operation namens "Rising Lion" um eine Reaktion auf eine existenzielle Bedrohung des jüdischen Volkes.

Der Iran habe in Rahmen seines Atomprogramms "erhebliche Fortschritte in Richtung nuklearer Fähigkeiten gemacht", so der israelische Staatspräsident Izchak Herzog. "Das iranische Regime galoppiert in Richtung einer Atombombe", ergänzte er. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bestätigte, dass es "so viele Tage andauern wird, wie nötig sind, um die Bedrohung zu beseitigen". Im Visier seien das iranische Nuklearanreicherungs-, Atomwaffen- und Raketenprogramm sowie iranische Atomwissenschaftler.

Doch ist die Angst Israels begründet? Experten bezweifeln dies und warnen vor einer Eskalationsspirale: Der Versuch, das Atomprogramm aufzuhalten, könnte gegenteilige Effekte erzeugen.

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Irans Atomprogramm sorgt für internationale Beunruhigung

Berichte der Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) versetzten den Westen in Alarmbereitschaft. Darin hieß es, dass die Islamische Republik seit November 2024 seine Produktion von Uran, das auf nahezu waffenfähiges Niveau angereichert wurde, beschleunigt hatte. Etwa neun Kilogramm an 60 Prozent angereicherten Uran-235 sollen im Iran monatlich produziert werden. Demnach verfügt der Iran bereits über mehr als 400 Kilogramm an Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Das Uran kann ab diesem Stadium laut IAEO schnell auf waffenfähiges Niveau oder 90 Prozent angereichert werden, was zu internationaler Besorgnis führte.

Uran ist radioaktiv und kommt in verschiedenen Mineralien vor. Es besteht größtenteils aus dem Isotop U238. Bei Anreicherung muss der Anteil des spaltbaren Isotops U235, das in natürlichem Uran nur etwa zu 0,7 Prozent vorhanden ist, erhöht werden. Werden diese Atomkerne gespalten, kann es zu einer Kettenreaktion kommen, die enorme Mengen an Energie freisetzt. Bei zu hohem Gehalt des schwer spaltbaren Isotops U238, wird diese Kettenreaktion unterbrochen. Mittels mitunter Gaszentrifugenverfahren, bei dem das Uran in gasförmiges Uranhexafluorid umgewandelt wird, lässt sich das Isotop U238 durch Rotieren vom Isotop U235 aufgrund unterschiedlicher Molekulargewichte trennen - auf diese Weise wird es angereichert.

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© Quelle: Institute for the Study of War (ISW) an AEI´s Critical Threats Project

Einige Experten gehen davon aus, dass der Iran in ein bis zwei Jahren einsatzfähige Atomwaffen haben könnte. Doch je höher das Uran angereichert werden soll, desto schwieriger werde der Prozess. Es ist allerdings auch möglich, dass aus Werten unter 90 Prozent des Isotops U235 bereits eine Atomwaffe gebaut werden kann. "Für eine Atombombe würde auf 84 Prozent angereichertes Uran vermutlich ausreichen", erklärte Nuklearexperte Clemens Walther von der Leibniz Universität Hannover dem "Spiegel".

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Experten warnen: Israelische Angriffe nicht zielführend

Teheran bestritt bisher jegliche Bestrebungen, Atomwaffen zu bauen und wies die Berichte als Propaganda zurück. Auch sehen zahlreiche Experten die Einschätzung Israels als kritisch an und vermuten eher strategische Gründe hinter der Militäroperation. "Die Operation soll auch eine militärische Reaktion Irans schwächen und das Regime destabilisieren", sagte Matthew Savill, Direktor für Militärwissenschaften am Londoner Royal United Services Institute. Israel könnte mehrere solcher Angriffswellen durchführen. Über einen längeren Zeitraum jedoch könne das bei der beträchtlichen Entfernung selbst die israelische Luftwaffe herausfordern, so Savill.

Die angegriffenen Atomanlagen befänden sich zudem teilweise bis zu 90 Meter unter der Erde, was für die meisten Bomben zu tief sei. "Militärschläge können Aktivitäten verzögern, aber nicht aufhalten", erklärte Jan Busse von der Universität der Bundeswehr München dem "ZDF". Die Infrastruktur könne schnell wieder aufgebaut werden. Der Iran könnte infolgedessen umso mehr in seinem Vorhaben bestärkt werde.

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Israels Angriffe auf Atomanlagen verstoßen gegen Völkerrecht

Das Geschehen im Iran verfolgen internationale Beobachter mit großer Besorgnis. Denn Israel hat im Zuge der Angriffe auch die Urananreicherungsanlage von Natans südöstlich der iranischen Hauptstadt Teheran beschädigt, so Berichte der iranischen Atombehörde. Wie die Nachrichtenagentur Tasnim meldet, soll es auch zu zwei Explosionen bei der Atomanlage Fordo (Ghom) gekommen sein. Außerdem seien auch der Schwerwasserreaktors der Stadt Arak (Markazi) und die militärische Forschungseinrichtung Partschin Ziele gewesen. Auch die Atomanlage in der Stadt Isfahan wurde kürzlich bombardiert.

"Diese Entwicklung ist äußerst besorgniserregend", äußerte IAEA-Direktor General Rafael Mariano Grossi zur Lage im Iran. Bisher haben iranische Behörden allerdings bestätigt, dass keine erhöhten Strahlungswerte verzeichnet wurden, so die IAEA. "Solche Angriffe haben schwerwiegende Auswirkungen auf die nukleare Sicherheit und die Sicherheitsüberwachung sowie auf den regionalen und internationalen Frieden und die Sicherheit", warnte Grossi. Der IAEA-Direktor weist in diesem Zusammenhang auf eine "Verletzung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, des Völkerrechts und der Satzung der Organisation" hin. Die Parteien werden zur größtmöglichen Zurückhaltung aufgerufen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.

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Atomabkommen: Trump warnte vor Angriffen auf Iran

In den vergangenen Tagen spitzte sich der internationale Konflikt zu. In einer verabschiedeten Resolution erklärt die IAEO, dass die islamische Republik ihre Verpflichtung zur internationalen Atomaufsicht nicht einhalte. Die Islamische Republik verkündete daraufhin, neben den Urananreicherungszentren in Natan und Fordo, ein drittes eröffnen zu wollen. Überdies liege der Austritt Irans aus dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) "auf dem Tisch des Parlaments", erklärte ein Abgeordneter gegenüber der Nachrichtenagentur Tasnim. "Die bisher angekündigten Maßnahmen, wie die Errichtung einer dritten Urananreicherungsanlage und die Modernisierung der Zentrifugen der ersten Generation, sind nur ein Teil der vom Iran geplanten Reaktion", teilte vor diesem Hintergrund Ebrahim Rezai, Sprecher des iranischen Komitees für nationale Sicherheit und Außenpolitik mit, wie die italienische Nachrichtenagentur Agenzia Nova schreibt.

Besonders die USA drägte in den vergangenen Monaten in Atomverhandlungen um ein Abkommen mit dem Iran. US-Präsident Donald Trump warnte in diesem Zusammenhang sogar vor einem Angriff auf den Iran, falls man keine schnellen Vereinbarungen treffen würde. "Ich möchte nicht sagen, dass er unmittelbar bevorsteht, aber es sieht so aus, als ob es sehr wohl passieren könnte", wie die Nachrichtenagentur AP Trump zitiert. Russland hat bereits angeboten, den "überschüssigen" Bestand an angereichertem Uran des Irans im Rahmen eines möglichen Atomabkommens zwischen den USA und dem Iran zu übernehmen.

Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei schwört indes Rache gegen Israel: "Die Streitkräfte werden mit Entschlossenheit handeln und das niederträchtige zionistische Regime zugrunde richten", sagte er in einer Erklärung. Es wurden bereits Hunderte Drohnen und Raketen auf Isarel abgefeuert.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Nachrichtenagentur AP
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:newstime vom 13. Juni 2025 | 19:45
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