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Stress in der Koalition

Richterwahl-Debakel: Spahn räumt Fehler ein, sieht aber "keine Staatskrise"

  • Aktualisiert: 14.07.2025
  • 20:45 Uhr
  • dpa
Jens Spahn steht mal wieder in der Kritik.
Jens Spahn steht mal wieder in der Kritik.© Niklas Treppner/dpa

Union und SPD beraten über einen Ausweg aus dem Streit nach der geplatzten Wahl neuer Verfassungsrichter. Zeitdruck sieht die Union nicht. Nach drei Tagen erklärt sich nun der Unionsfraktionschef.

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Die Spitzen von Union und SPD beraten hinter den Kulissen intensiv über eine Lösung nach der im Bundestag geplatzten Wahl von drei Verfassungsrichtern. Wie diese aussehen könnte, bleibt aber unklar. Die Union sieht dabei keinen Zeitdruck. Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) räumte in einer ersten Äußerung vor größerem Kreis drei Tage nach dem Debakel Fehler im Umgang mit der Richterwahl ein.

Am Freitag waren die Wahlen zweier neuer Richterinnen und eines Richters für Karlsruhe kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags abgesetzt worden. Der Druck gegen die von der SPD vorgeschlagenen Potsdamer Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf war in der Union zu groß geworden. Die Fraktionsführung konnte die mit dem Koalitionspartner verabredete Unterstützung nicht mehr garantieren.

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Ausführliche Gespräche zwischen den Koalitionären 

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hätten "sehr ausführlich" zu einer Reihe von Themen telefoniert, teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit. Spahn berichtete in einem Schreiben an die Fraktion von vielen Gesprächen, die er am Wochenende intern und mit der SPD geführt habe. "Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam mit der SPD eine Lösung finden werden", schrieb er in dem Brief, über den zunächst die "Bild" berichtete. Er liegt auch der Deutschen Presse-Agentur vor. 

Spahn: "Schwerer Tag" für die Koalition

"Der letzte Freitag war für die Koalition ein schwerer Tag. Da gibt es nichts
schönzureden",
räumte Spahn ein. "Auch wenn eine vertagte Richterwahl sicher keine Staatskrise ist." Und weiter: "Die Dimension der grundlegenden und inhaltlich fundierten Bedenken gegen eine der Kandidatinnen haben wir unterschätzt." Und: "Die Notbremse am Freitag kam zu spät." Man sei nicht mehr in der Lage gewesen, einen Kompromiss mit der SPD zu finden. "Daran haben beide Seiten ihren Anteil."

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Union sieht keinen Eilbedarf 

Kornelius bekräftigte Äußerungen des Kanzlers vom Vortag, dass es mit einer Lösung nicht eile. Auch Spahn betonte: "Das Bundesverfassungsgericht ist voll arbeitsfähig. Es besteht keine Dringlichkeit." Die Koalition werde sich "die Zeit nehmen, die für eine gute Lösung notwendig ist." Nach Informationen der "Rheinischen Post" lehnt die Union eine Sondersitzung des Parlaments ab. Regulär tagt das Plenum des Bundestags erst wieder am 10. September. 

Allerdings will sich nach Informationen des Portals "Politico" und der dpa der Geschäftsführende Vorstand der Unionsfraktion an diesem Dienstag auch mit dem Thema Richterwahl befassen. 

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SPD spricht von Vertrauensverlust

In der SPD ist der Unmut über die Absage vom Freitag weiter groß. Die Sozialdemokraten schlugen vor, dass die Union Brosius-Gersdorf persönlich trifft und anhört. "Die konstruierten Diffamierungen in der von rechten Nachrichtenportalen begonnenen Kampagne werden sich dann in Luft auflösen", sagte Fraktionsgeschäftsführer Dirk Wiese der "Rheinischen Post".

Im "Berlin Playbook Podcast" von "Politico" warf Wiese Unionsfraktionschef Spahn wegen der geplatzten Wahl einen Vertrauensverlust vor. "Wenn wir eine Zusage bekommen, dass Richterinnen-Vorschläge für das Bundesverfassungsgericht eine Mehrheit bekommen und dann am Ende letztendlich Jens Spahn zurückrudern muss, dann ist das schon in gewisser Weise ein Vertrauensverlust." 

Spahn bezeichnete in dem Brief an seine Fraktionskollegen die Frage der Gemeinsamkeit und des Vertrauens als zentral. Die Klausurtagung der
geschäftsführenden Fraktionsvorstände von CDU/CSU und SPD Ende August werde wichtiger Teil dieses Prozesses sein.

Söder legt Austausch der Kandidatin nahe

CSU-Chef Markus Söder legte dem Koalitionspartner einen Austausch der Kandidatin nahe. "Auf der umstrittenen Kandidatur liegt und lag kein Segen", sagte er. Deswegen sei sein Rat: "Nicht mit dem Kopf durch die Wand." Die SPD solle "noch mal nachdenken und im Herbst einen zweiten Vorschlag präsentieren, der vielleicht besser geeignet ist". Das müsse aber die SPD selber entscheiden und überlegen. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hatte zuletzt bereits angekündigt: "Wir halten an unseren Kandidatinnen fest. Ich erwarte, dass die Mehrheit steht."

Auch rund 300 Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler stärkten Brosius-Gersdorf den Rücken und kritisierten in einem offenen Brief, über den das Rechtsmagazin "Legal Tribune Online" zuerst berichtete, den Umgang mit ihr. An der fachlichen Qualifikation der Kandidatin gebe es keine Zweifel, erklärten die Juristen. Sie sprachen von "fehlendem politischem Rückgrat und mangelnder interner Vorbereitung". Brosius-Gersdorf sei von den verantwortlichen Personen und Institutionen nicht vor Herabwürdigung geschützt worden, der Vorfall könne auch das Bundesverfassungsgericht beschädigen.

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