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Einkaufspolitik

Riskante Gaskäufe könnten Deutschland hohe Verluste bescheren

  • Veröffentlicht: 09.12.2022
  • 10:28 Uhr
  • Anne Funk

Die schnelle Befüllung der deutschen Gasspeicher in diesem Jahr könnte Gaskunden noch teurer zu stehen kommen. Experten werfen dem verantwortlichen Unternehmen Anfängerfehler vor, die zu Milliardenverlusten führen könnten.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Wegen des Ukraine-Krieges bemühte sich Deutschland, schnell die Gasspeicher zu füllen.

  • Dafür wurden Unternehmen beauftragt, welche Gas in großen Mengen einkauften.

  • Das Unternehmen Trading Hub Europe kaufte allerdings zu viel zu hohen Preisen, so dass nun Verluste drohen.

Die heimischen Gasspeicher füllen, das war seit dem Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine eines der vorrangigen Ziele der Bundesregierung. Doch durch riskante Einkäufe könnten Deutschland nun Milliardenverluste drohen - die wiederum zu steigenden Preisen bei den Gaskunden führen könnten. Das berichtet NTV und zitiert aus einem Bericht des Fachdienstes "Tagesspiegel Background".

Demnach habe man aus Parlamentskreisen erfahren, dass eines der von der Regierung für die Gaskäufe beauftragte Unternehmen, Trading Hub Europe (THE), zu einem deutlich höheren Preis als dem aktuellen Marktpreis eingekauft habe. Anfang November habe THE knapp 50 Terawattstunden Erdgas beschafft, welche in deutschen Gasspeichern eingelagert wurden. Das entspricht etwa einem Fünftel der gesamten Speicherkapazitäten in Deutschland. Laut Regierungsunterlagen habe THE einen Durchschnittspreis von 175 Euro pro Megawattstunde bezahlt, ausgegeben wurden insgesamt knapp 8,7 Milliarden Euro.

Verluste von 1,5 Milliarden Euro drohen

Die Großhandelspreise für Erdgas sind aber inzwischen gefallen - im zentraleuropäischen Markt werde Gas zur Lieferung in den kommenden Monaten für rund 145 Euro gehandelt. Bei einem Verkauf sei also mit einem Verlust von rund 1,5 Milliarden Euro zu rechnen, sollte der Gaspreis noch weiter fallen, wäre auch der Verlust größer.

Von der Bundesregierung und vom Wirtschaftsministerium gebe es bisher keinen Kommentar zu den Vorkommnissen, die Informationen seien als geheim eingestuft. Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, habe im Gespräch mit "Tagesspiegel Background" erklärt, dass es für das Geschäft keinen anderen Akteur gegeben habe, der es übernehmen hätte können. Man habe die Sache aber nun "im Blick", so Müller. 

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Gehandelt wie ein "Energiemarkt-Anfänger"

Aus Branchenkreisen kommt massive Kritik an dem Vorgehen. Noch Monate nach Beginn der Gasbeschaffung habe THE "ausschließlich am Spotmarkt agiert und die Positionen weiterhin nicht abgesichert", so Hanns Koenig vom Analysehaus Aurora Energy Research. Spotmarkt bedeutet, dass das Geschäft inklusive Lieferung und Bezahlung zum aktuellen Preis innerhalb von zwei Tagen abgewickelt wird. Erklären lasse sich das nur mit "mangelnden technischen und ökonomischen Fähigkeiten" und "hätte in einem so langen Zeitraum behoben werden müssen", so Koenig.

Auch Lion Hirth, Professor für Energiepolitik an der Hertie School, verurteilt das Handeln des Unternehmens. THE habe sich "angestellt wie ein Energiemarkt-Anfänger, der nichts von Risikomanagement versteht". Der deutsche Staat habe sich so "de facto als Spekulant betätigt".

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