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Fashion für Alle Größen und Formen

Ist die Modewelt zugänglich für jede Body Size?

  • Veröffentlicht: 13.04.2023
  • 09:00 Uhr
  • Johanna Holzer
90 – 60 – 90 heißt es in der Modebranche schon lang nicht mehr – oder doch? Wir haben die Fakten!
90 – 60 – 90 heißt es in der Modebranche schon lang nicht mehr – oder doch? Wir haben die Fakten! © svetikd

Plus Size Models mit perfekt proportionierten Kurven werben für Body Positivity, Body Diversity und Inklusion. Brands schaffen eigene Nischen-Kollektionen für Kund:innen jeder Größe. Und auf Social Media gehen Kampagnen für mehr Akzeptanz und Natürlichkeit in der Mode viral. Ist die Modewelt nun endlich zugänglich für jede Body Size geworden? Das haben wir uns genauer angesehen.

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Repräsentieren Models alle Body Sizes?

In den letzten Jahren hat die Modeindustrie scheinbar ein neues Gesicht bekommen, zumindest auf den ersten Blick. Die Verbraucher:innen haben die Marken dazu gedrängt, mehr echte Menschen und Körperformen zu zeigen und zu berücksichtigen. Gleichzeitig haben die sozialen Medien einer breiten, bunten, vielfältigen Masse an Kreativen die Türen der Öffentlichkeit geöffnet. Immer mehr Stars setzen sich für ein positives Körpergefühl ein. Schlagworte wie Inklusivität und Diversität sind inzwischen fest im Marketing Jargon verankert. Trotzdem hinken Modebrands noch hinterher, wenn es darum geht, Mode für alle zu machen. Und auch die Sehgewohnheiten der Menschen haben sich noch nicht nachhaltig verändert. Auf Social Media, in Magazinen und Kampagnen ist der Typ junge, dünne, weiße Frau im Bereich Fashion immer noch präsenter als jede andere Körperform.

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Im Clip: Hailey Hasselhoff steht für Body Positivity

Es gibt sie, die Models wie Hayley Hasselhoff (Tocher von David Hasselhoff), Ashley Graham, Tess Holliday und Precious Lee, die als Plus Size Models die Laufstege und Titelseiten von Zeitschriften erobern. Aber sie sind nach wie vor eher die Ausnahme als die Norm. Meist zeigen Brands ein einziges Modell, das "Übergröße" trägt, mehr um einen Haken auf ihrer Checkliste setzen zu können und weniger um wirkliche Diversität zu zeigen.

Noch während der Fashion Week im Herbst 2020 trugen 46 von 6.879 Models sogenannte Oversize. Im Frühjahr 2021 waren es 34 von 2.293 Models. Ein Verhältnis, das keinesfalls die vielfältige Realität widerspiegelt. Im Gegenteil, selbst normschöne schlanke Modelkörper sind heute immer noch teilweise zu "groß" für die Schnitte der Mustergrößen.

2020 postete die Stylistin Fran Burns auf Instagram ein Bild eines schlanken Models mit offener Hose. Die Sample-Size-Hose war zu klein, um sie an dem Modelkörper zu knöpfen. Sie schrieb darunter: "Können wir Mustergrößen bitte größer machen? Ich möchte nie, dass sich jemand an meinem Set 'minderwertig' fühlt."

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2022 postete die Stylistin das virale Bild erneut mit der Bildunterschrift: "Es ist fast 18 Monate her, dass ich meine Gedanken zu Mustergrößen und die Darstellung von Körperidealen der Modeindustrie geteilt habe. Hat sich etwas geändert? - Nicht wirklich." Sie fährt fort: "Muster sind nach wie vor unmöglich klein und Körpervielfalt auf dem Laufsteg ist die Ausnahme, nicht die Norm."

Wer nicht in die Mustergrößen passt, wird aussortiert. Nur wenige Ausnahmen schaffen den Sprung ins Model-Dasein. Erschwerend kommt hinzu, dass die Modeindustrie nach wie vor bereits bekannten Gesichtern den Vortritt lässt. In bester Vetternwirtschaft laufen Schauspieler:innen und Pop-Ikonen auf dem Laufsteg neben sogenannten Nepo Babys wie Zoë Kravitz, Kaia Gerber und Lily Collins, dem mutmaßlich privilegierten Nachwuchs der Hollywood-Stars. Die Newcomer, die es in diesen elitären Kreis hinein schaffen, entsprechen hingegen wieder genau demselben schlanken Mustertypus.

#Modeltoc und ähnliche Bewegungen auf Social Media versuchen, die Branche zu demokratisieren, sodass möglichst unterschiedliche Schönheitsstandards, neue Typen und vielfältige Körperformen ein Sprungbrett bekommen. Aber wenn nicht gerade ein Label eine große Diversity Kampagne startet, um sich Inklusivität auf die Fahnen schreiben zu können, dann wird der größte Teil der Body Sizes nicht gezeigt und nicht gesehen.

Soweit ist also die Repräsentation von Körpern in Kampagnen, Laufstegen, Magazinen und Werbeclips. Aber wie steht es um die echten Körper? Wie erleben Kund:innen das Problem Body Size und Kleidungsgrößen?

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Kann jede Körperform Mode shoppen?

Klar, dafür gibt es doch Plus Size Kollektionen, oder? Aber was ist Plus Size überhaupt? Auf dem Laufsteg gilt alles ab Konfektionsgröße 38 oder spätestens 40 aufwärts als "Plus-Size". Statistiken belegen gleichzeitig, dass die meisten Frauen Größe 42 bis 44 tragen und der Durchschnittsmann Konfektionsgröße 54. Laut Fashion Brands entspricht also nur ein kleiner Teil ihrer Kunden ihrer selbsternannten "Norm", während der größte Teil ihre sogenannten "Übergrößen" shoppt.

Wie kann das sein? Und lassen sich viele Brands dadurch nicht einen sehr großen Marktanteil entgehen? Noch nicht. Dafür setzen sie aktuell vereinzelt "Plus Size" Models mit Größe 38 ein, um Kund:innen das Gefühl von Zugehörigkeit zu vermitteln. Das verdrehte Bild zwischen Norm und Übergröße bleibt so bestehen und viel zu viele Menschen mit gesunden Körpern gehen weiterhin davon aus, sie müssten Plus Size shoppen.

Gleichzeitig sagen aber Expert:innen voraus, dass die Zahl der Kund:innen im Plus-Size-Markt zukünftig doppelt so schnell wachsen wird wie der Rest des Marktes. Trotzdem konzentrieren sich die Einzelhändler immer noch auf Kleidungsgrößen am kleineren Ende des Spektrums.

Was muss sich also noch verändern, wenn Brands sich für alle Body Sizes öffnen wollen?

Diversity! Verschiedene Größen, diverse Hauttypen und mehr – ist die Modebranche „endlich“ zugänglich für alle Konfektionsgrößen?
Diversity! Verschiedene Größen, diverse Hauttypen und mehr – ist die Modebranche „endlich“ zugänglich für alle Konfektionsgrößen?© LeoPatrizi
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Inklusive Sprache

Produktbeschreibungen sind immer noch problematisch. Die Modebranche steht zwar unter ständiger Beobachtung durch Aufsichtsbehörden, die auch kontrollieren, wie Produkte in unterschiedlichen Größen beworben werden, aber inklusive Sprache gibt es kaum. Nachdem die Rufe nach mehr Inklusivität, Diversität und Repräsentation immer lauter wurden, musste sich auch die Marketing-Sprache weiterentwickeln. Online-Produktbeschreibungen wurden modernisiert, um eine körperneutrale Terminologie zu verwenden. So gibt es zum Beispiel Kampagnen, wie die der Aktivistinnen Billie Bhatia und Charli Howard, welche sich dafür einsetzen, das Wort "schmeichelnd" in der Mode ganz abzuschaffen. Eben diese Wörter mit toxischen oder passiv-aggressiven Untertönen, die suggerieren, dass sich die Körper von Menschen besser verändern sollten oder andernfalls versteckt werden müssen, immer noch hauptsächlich in den Produktbeschreibungen von größerene Kleidungsgrößen zu finden. Eine Analyse aus dem Jahr 2021 ergab, dass "schmeichelnd" 22 % häufiger in Beschreibungen von Kleidung in Übergrößen verwendet wird als für Norm-Größen und der Begriff "schlank machend" 19 % häufiger.

Je größer desto teurer. Logisch, oder nicht?

Der Einzelhandel wirbt zwar mit wie oben beschriebenen body-inklusiven Kampagnen, doch Artikel in den sogenannten Übergrößen sind immer noch teurer als die Norm-Größen. Preise für Übergrößen können im Durchschnitt 13 % höher sein, als für ein vergleichbares Teil in Größe S.

Jene Produkte, die für größere Körpergrößen konzipiert sind und mit einem höheren Preisschild versehen sind, beweisen, dass es das, was umgangssprachlich als "Fettsteuer" bezeichnet wird, tatsächlich gibt.

Dies lässt sich zum Beispiel gut an T-Shirts aus 100 % Baumwolle verdeutlichen. Sie sind in der Regel in Übergrößen teurer und in deutlich weniger Optionen erhältlich. Aufgrund der zusätzlichen Materialkosten bieten Marken größere Größen immer noch weniger an, obwohl der Stamm an Kund:innen, wie wir bereits gehört haben, deutlich größer wäre.

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Groß ist nicht gleich groß

Neben der verzerrten Darstellung von "normal", "groß" und "übergroß", kommt erschwerend hinzu, dass eine Hose in Größe 40 bei Brand X ungefähr einer Größe 44 bei Brand Y und einer Größe 38 bei Brand Z entspricht. Als Käufer:in ist es quasi unmöglich seine eigene Größe zu finden und zu kennen, da die Vorgaben wie Hüftumfang oder Beinlänge, die eigentlich eine Konfektionsgrößentabelle vereinheitlichen sollten, bei den individuellen Schnitten der Modemarken kaum berücksichtigt werden.

Aber es geht nicht nur um die Größe von Kleidungsstücken. Die verzerrte Darstellung der Branche betrifft auch Körpertypen und Körperformen. In den meisten Plus-Size-Kampagnen sieht man ausschließlich Models mit Sanduhr-Körpern. Echte Menschen mit echten Proportionen werden schon wieder unsichtbar gemacht. Wer nun also die aktuellen Modetrends bei Plus-Size-Kollektionen shoppen will, der hat gar kein Bild vom eigenen Körper vor Augen, sondern sieht nur das der kurvigen Supermodels. Als Kund:in entspricht man demnach noch nicht mal der Erwartung, die durch die unrealistisch gezeichnete Übergröße entsteht.

Jeder kann im Trend sein

Um sicherzustellen, dass Trends in allen Größen erhältlich sind, müssten Einzelhändler sowohl das Angebot von Basics als auch spezieller Trends nahtlos auf alle ihre Sortimente übertragen. Das funktioniert tatsächlich besser denn je. Das Diktat, was verschiedene Größen tragen können und was nicht, gibt es in der Form, wie es vor rund zehn Jahren noch präsent war, nicht mehr. Egal ob eng oder weit geschnitten, ob mit wilden Mustern oder Fransen, die meisten Trendteile werden inzwischen von extra large bis petite angeboten.

Anstatt eine eigene Marke oder Produktlinie für Spezialgrößen zu schaffen, erweitern viele Einzelhändler ihr bestehendes Größen-Sortiment, um mehr Kund:innen einzubeziehen.

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Die neuen Kund:innen

Zukünftig wird das Internet und Social Media von Kund:innen noch viel mehr als Sprachrohr genutzt werden, um auf das bestehende Problem hinzuweisen und Veränderungen zu fordern, ähnlich wie in der Bubble der Model-Agenturen. "Die Plus Size Models, die wir für Übergrößen-Sponsoring, E-Commerce-Fotografie und Lookbooks sehen, sind nicht übergroß, sondern mittelgroß “, sagt Stephanie Yeboah, eine Influencerin, die sich für Übergrößen-Mode stark macht. Auf Twitter schrieb sie: “Hier ist ein Gedanke: Da alle 'Plus-Size-Models', die von Modemarken eingesetzt werden, eigentlich Models mittlerer Größe sind, sollte man sie vielleicht für Modekampagnen von normalen Größen einsetzen. Und größere Models, um für größere Mode zu werben."

Vereinzelt achten Newcomer Brands und kleine Unternehmen zwar penibel darauf, ihre Kleidung an verschiedenen Körpergrößen zu zeigen. Ähnlich wie beim Blick auf die Model-Industrie kann man also festhalten: Es gibt sie, die Pioniere. Aber die wenigen Labels, welche sich der Aufgabe angenommen haben, verschiedene Körperformen zu zeigen und diverse Kleidergrößen anzubieten, haben ebenso wenig Reichweite wie Kunden. Die Big Player, bei denen die Mehrheit einkauft, weil ihre Mode bezahlbar und bekannt ist, geben immer noch den Umgang mit unterschiedlichen Body Sizes vor.

Doch es gibt Hoffnung am Fashion-Horizont. Die Stimme und die Kaufkraft der Generation Z - eine Kunden-Gruppe, die Body Positivity feiert und sich für Akzeptanz einsetzt - wird nur noch stärker werden, so dass es für Einzelhändler noch wichtiger werden wird, Körper-Diversität zu zeigen und Körper-Inklusivität wirklich umzusetzen. Marken werden sich weiterentwickeln müssen, um relevant zu bleiben. Ist die Modewelt nun also zugänglich für jede Body Size? Noch nicht, aber sie hat sich zumindest auf den Weg gemacht. Schritt  für Schritt, Größe für Größe.

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