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Präsidentschaftswahl

Kreml-Leaks: Putin investiert Millionen in Manipulation des eigenen Volkes

  • Veröffentlicht: 26.02.2024
  • 14:21 Uhr
  • Lisa Apfel
Er sorgt mit allen Mitteln für seinen Machterhalt: Wladimir Putin
Er sorgt mit allen Mitteln für seinen Machterhalt: Wladimir Putin © AP

Russlands Präsident scheut keine Kosten und Mühen, um seine Macht zu sichern - das zeigt ein Leak geheimer Dokumente. Die eigene Bevölkerung wird gezielt mit Desinformation gefüttert.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Dass Wladimir Putin kein "lupenreiner Demokrat" ist, ist hinlänglich bekannt.

  • Bei den Präsidentschaftswahlen im März gibt es deshalb für ihn keine ernst zu nehmende Konkurrenz.

  • Dennoch zeigen geleakte Kreml-Dokumente: Putins Regierung investiert Hunderte Millionen in die Manipulation des eigenen Volkes.

  • Der Grund für den riesigen Aufwand ist Putins große Angst vor einem bestimmten Ereignis. 

Mitte März wird in Russland gewählt. Es ist eine Wahl, bei der der Sieger schon vorab feststeht. Sein Name: Wladimir Putin. Der Kreml-Chef hatte eigens dafür die Verfassung ändern lassen, um überhaupt ein weiteres Mal antreten zu dürfen. Es ist die insgesamt fünfte Kandidatur des 71-Jährigen.

Und Putin versteht es, sich seine Wiederwahl zu sichern. Das beweisen sollen 30 geleakte Geheimdokumente aus dem Kreml. Sie wurden dem estnischen Medium "Delfi" zugespielt, dieses wiederum gab es an internationale Medien weiter, untern anderem an den österreichischen "Standard", den "Spiegel" und das ZDF.

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Kreml-Leak zeigt: Russland investiert Unmengen in Beeinflussung des Volkes

Die Unterlagen, bei denen es sich um teils nur wenige Monate alte Budgetplanungen, Exceltabellen, Strategiepapiere und Präsentationen handelt, stammen aus der Präsidialverwaltung des Kreml - aus dem Bereich von Sergej Kirijenko. Er ist stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung. Seit 2020 wird er im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine von der Europäischen Union sanktioniert

Die Unterlagen zeigen: Die Putin-Regierung nimmt viel Geld in die Hand, damit der Kreml-Chef im März abermals als strahlender Wahlsieger hervorgehen kann. Besonders brisant ist laut den Medienvertretern, denen die Dokumente vorliegen, ein Papier aus dem September 2023. Es trägt die Überschrift "Zusätzliche Mittel für vorrangige Projekte".

Den Dokumenten zufolge gibt es drei Bereiche, die für den Kreml Priorität haben: "Präsidentschaftswahlen", "Informations- und Ideologiekrieg" und "Neue Regionen". Was man im Kreml mit "neue Regionen" meint? Das besetzte Gebiet der Ukraine. Dort soll die Bevölkerung zum ersten Mal den russischen Präsidenten wählen.

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Hunderte Millionen für Kreml-freundliches Entertainment

Es ist ein ganzer Apparat, der sich um den Wahlkampf à la Putin kümmert. Eine wichtige Säule: vermeintlich unabhängige Organisationen, die aber vom Kreml gegründet und finanziert sind.

Dazu gehört auch das 2015 gegründete "Institut für Internetentwicklung" (IRI). Seit 2020 ist es auf Putins Wunsch hin für "Inhalte zur geistigen und moralischen Bildung junger Menschen" zuständig. Dieses Projekt scheint der russischen Regierung einiges wert zu sein: Das Budget des IRI hat sich inzwischen versiebenfacht. In Zahlen bedeutet das: Von 432 Millionen Euro, die der Kreml laut der geleakten Dokumente für "Wahlen" einplant, gehen 179 Millionen an das IRI.

Das Führungspersonal des Instituts macht keinen Hehl daraus, dass mit einem Großteil "nationale Inhalte" finanziert werden sollen. Wie genau die Pläne umgesetzt werden, ist ebenfalls in den Geheim-Dokumenten zu finden: "Kreative Inhalte für die Wahlen" nennt man es. Bestimmte Filme sollen bis zu den Präsidentschaftswahlen produziert werden. 

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Laut der geleakten Dokumente gibt es seit Ende 2022 eine eigens geschaffene "Redaktionsabteilung" mit 15 Mitarbeitern, "um die Kontrolle in allen Phasen der Produktion zu haben". Verbreitet werden sollen die für den Wahlkampf geplanten Videos durch "Dialog", eine weitere angeblich unabhängige Organisation. Bei der EU steht sie auf der Sanktionsliste. In der Theorie ist "Dialog" für den erleichterten Austausch zwischen Bürger:innen und Regierung zuständig. Der Kreml nutzt das Sprachrohr aber gern für Nachrichten, die in das Weltbild der Regierung passen.

Das Internet ist auch aus der Informations-Arbeit des Kremls nicht wegzudenken, so sei es das "wichtigste Kommunikationsmittel." Das Ziel seit 2022: "Informationskrieg". Und den lässt sich die Regierung kosten: 67,7 Millionen Euro für 2024 sind im Budgetbereich "Informations- und Ideologiekrieg" dafür vorgesehen.

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Putins größte Angst: Protest vom eigenen Volk

Doch wieso der ganze Aufwand durch Putins Machtapparat? Sorgt der Kreml nicht sowieso schon seit Jahren dafür, dass Kritiker:innen kaltgestellt werden? Das jüngste Beispiel ist Alexej Nawalny, der in russischer Haft unter mysteriösen Umständen zu Tode kam. Seine Frau Julia wirft Putin vor, ihren Mann ermordet zu haben. Der liberale Oppositionelle Boris Nadeschdin wurde derweil nicht zur Präsidentschaftswahl zugelassen, ernst zu nehmende Gegenkandidaten gibt es somit nicht mehr.

"In gewisser Weise wird versucht, die Wahlmanipulation an den Wahltagen zu minimieren, durch etwas, was man als Vorabmanipulation bezeichnen könnte", sagt Historiker und Russland-Experte Mark Galeotti. Es gehe darum, die Menschen im Vorfeld zu konditionieren, um die Kluft zwischen dem tatsächlichen und dem verkündeten Wahlergebnis so gering wie möglich zu halten.

Denn: Putin habe Angst - und zwar vor Protesten. Protesten, wie etwa nach den Präsidentschaftswahlen 2011, den größten seit Zerfall der Sowjetunion.

Russlands Regierung fokussiert sich auf Jugendliche

Generell scheint der Kreml viel in die Jugend investieren zu wollen: Das dritte priorisierte Projekt, die besetzten Gebiete, fokussiert sich vor allem auf Jugendliche. Hunderttausende gibt man für Jugendzentren, Kunststipendien, Wettbewerbe und Organisationen, die die jungen Leute "patriotisch" erziehen sollen, aus. Aber auch militärische Fähigkeiten sollen erlernt werden. Der Kreml hat sich das Ziel gesetzt, jeden fünften Jugendlichen bis Ende 2025 in einem der Programme zu integrieren.

Eine Entwicklung, die Martin Kragh vom Stockholmer Centre for Eastern European Studies mit Sorge betrachtet: "Es reicht nicht mehr aus, dass man nur schweigt und sich nicht widersetzt. Man muss sich tatsächlich an den politischen Organisationen beteiligen, Russland verwandelt sich tatsächlich mehr und mehr in ein totalitäres System."

Laut Leak hat Russland aber noch mehr mit den besetzten ukrainischen Gebieten vor. Demnach soll eine Überwachungssoftware zum Einsatz kommen, die 85 Prozent der Social-Media-Profile ausspähen soll. Schon jetzt soll die Software über 50 Millionen Profile ansehen, um - laut den Dokumenten - "über aufkommende Bedrohungen und neue destruktive Erscheinungen zu informieren".

Zudem sollen 67 Teams im Einsatz sein, um in den besetzten Gebieten ukrainisches Satellitenfernsehen gegen das russische zu ersetzen. Zehn Millionen Euro investiert der Kreml, allein um in den besetzten Gebieten "der Verbreitung verbotener Informationen entgegenzuwirken" und verbotene Inhalte zu blockieren.

Laut "Spiegel" handelt es sich bei den Geheim-Dokumenten insgesamt um 30 Unterlagen und Papiere aus dem Zeitraum 2020 bis Dezember 2023. 

  • Verwendete Quellen:
  • "Spiegel": Putins Drehbuch für die Wahl
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