Bundeswehr
Lindner spricht sich gegen allgemeine Wehrpflicht aus
- Veröffentlicht: 01.04.2024
- 16:01 Uhr
- Christina Strobl
Die Bundesregierung versucht, Männer und Frauen für die Bundeswehr zu gewinnen. Finanzminister Christian Lindner hält eine allgemeine Wehrpflicht jedoch nicht für die Lösung des Personalmangels.
Das Wichtigste in Kürze
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hält es für keine gute Idee, die Wehrpflicht wieder einzuführen oder ganze Jahrgänge zu mustern.
Boris Pistorius, Bundesverteidigungsminister (SPD), prüft derzeit verschiedene Modelle, wie man die Bundeswehr personell verstärken könnte.
Von Ende 2022 bis Ende 2023 ist die Anzahl von Soldat:innen weiter gesunken.
Die Bundeswehr soll gestärkt werden. Dazu gehört auch die Aufstockung der Soldat:innen. Doch die Rekrutierung erweist sich als schwieriger, als die Regierung zunächst angenommen hat.
Im Video: Erste Fortschritte bei Bundeswehr-Sanierung
Erste Fortschritte bei Bundeswehr-Sanierung
Bundeswehr muss attraktiver werden
Eine allgemeine Dienstpflicht bei der Bundeswehr oder eine Musterung ganzer Jahrgänge sei jedoch nicht die Lösung für das Problem, sagte der Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Montag (1. April) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Die volkswirtschaftlichen Kosten einer allgemeinen Dienstpflicht wären angesichts des Arbeitskräftemangels in einer alternden Gesellschaft sehr hoch. Auch die Musterung ganzer Jahrgänge, die dann aber gar nicht eingezogen werden, überzeugt mich nicht", so der FDP-Chef.
Anstelle dessen forderte Lindner eine gestärkte militärische Reserve für Deutschland: "Es sollte möglich sein, dass sich Bürgerinnen und Bürger parallel zum Zivilberuf freiwillig verpflichten, über einen längeren Zeitraum hinweg der Bundeswehr regelmäßig zur Verfügung zu stehen", erklärte er. So könnten auch Expert:innen beispielsweise für die Cyber-Abwehr gewonnen werden. "Eine gestärkte Reserve muss durch Qualifikationserwerb so attraktiv sein, dass auch die Arbeitgeber ein entsprechendes Engagement unterstützen."
Pistorius holt sich Inspiration aus Skandinavien
Lindner wies darauf hin, dass sich die Sicherheitslage in Europa verändert habe und der Angriff Russlands auf die Ukraine die Friedensordnung in ganz Europa infrage stelle. Was Deutschland brauche, seien "hochspezialisierte" und "durchhaltefähige Streitkräfte", so Lindner. Dafür müssten die vorhandenen Dienstposten besetzt und die Aufwuchsfähigkeit der Bundeswehr mit Reservist:innen verbessert werden.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lässt derzeit Modelle prüfen, wie die Wehrpflicht möglicherweise künftig auch in Deutschland umgesetzt werden könnte. Dabei nimmt der Minister auch in den Blick, wie dies in Skandinavien gehandhabt wird, beispielsweise in Schweden. Dort werden gesamte Jahrgänge registriert und angeschrieben. Dann wird eine erste Auswahl für den Dienst untersucht und getestet, also gemustert. Aus dieser Gruppe leistet schließlich einen Teil ihren Dienst im Militär.
Bundeswehr weiter geschrumpft
Die Wehrpflicht war in Deutschland im Juli 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden, praktisch wurden Wehr- und Dienstpflicht also abgeschafft. Gleichzeitig wurden alle nötigen Strukturen für eine Wehrpflicht aufgelöst. Jedoch ist es weiterhin gesetzlich festgelegt, dass im Spannungs- und Verteidigungsfall die Wehrpflicht für Männer wieder aufleben kann.
Erklärtes Ziel ist es bisher, dass die Bundeswehr bis zum Jahr 2031 auf 203.000 Soldaten wachsen soll. Trotz der Bemühungen, die Bundeswehr attraktiver für Bürger:innen zu machen, sank die Zahl an Soldat:innen im vergangenen Jahr noch: Dienten Ende 2022 noch 183.050 Männer und Frauen bei der Bundeswehr, waren es ein Jahr später nur noch 181.500.
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Lindner: "Unsere Schwäche würde sie provozieren"
Wichtig sei es, so Lindner, "dass wir unsere Werte, unsere Freiheit und den Frieden in Europa mit eiserner Konsequenz verteidigen". Es dürfe niemals der Eindruck entstehen, Deutschland würde aus Angst oder Schwäche zurückweichen. "Nicht Stärke provoziert unsere Rivalen, sondern unsere Schwäche würde sie provozieren", sagte der Finanzminister und bezieht sich dabei insbesondere auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa