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Neues Leben für alte Pullis?

"Jenke. Das Shopping-Experiment": Was mit Altkleidern wirklich passiert

  • Veröffentlicht: 30.08.2021
  • 12:00 Uhr
  • ch
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© Adobe Stock

Endlich mal wieder den Kleiderschrank ausmisten - für viele ein befreiendes Gefühl. Aber was passiert eigentlich mit den Alttextilien, nachdem sie im Container oder bei der Sammelstelle gelandet sind?

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Wo Altkleider gesammelt werden

Altkleidercontainer von gemeinnützigen Organisationen, Kleiderkammern, Sozialkaufhäuser wie Diakonia oder Oxfam und Hilfsgüterinitiativen nehmen Altkleider direkt an. Du weißt nicht, wo in deiner Nähe die nächste Anlaufstelle ist? Die Website https://www.wohindamit.org/ weiß es. Vom Container oder der Sammelstelle aus werden die Textilien entweder direkt an gewerbliche Textilverwerter gegeben oder zunächst von der gemeinnützigen Organisation selbst auf Qualität und Verwendbarkeit geprüft. Kleidung in guter Qualität wird als Secondhand-Kleidung verkauft oder an Hilfsbedürftige im In- und Ausland gespendet. Unbrauchbare und überschüssige Altkleider werden von den Einrichtungen dann an gewerbliche Textilverwerter abgegeben. Fast drei Viertel aller gebrauchten Kleidungsstücke landen zur Sortierung bei so genannten Textilverwertern.

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Sortiert wird per Hand

Das Sortieren findet nicht nur in Deutschland, sondern seit den 1990er-Jahren auch zunehmend in ost- oder außereuropäischen Sortierbetrieben statt. Es ist reine Handarbeit – und für die Arbeiter:innen oft extrem hart, etwa wenn staubige Kleidung zum Gesundheitsrisiko wird. Die einzelnen Stücke werden mehrfach sortiert, bis sie am Ende nach Sorten und Qualitäten eingeteilt und verpackt sind. Was die Sortierung erschwert: Leider landet auch immer wieder Müll in den Altkleidercontainern. Eine Studie ergab einen "Schad- und Störstoffanteil" von rund 11 Prozent. Dadurch werden auch andere Kleidungsstücke verdreckt und sowohl fürs Recycling als auch für den Second-Hand-Bereich unbrauchbar. Kleider-Container sind keine Mülltonnen!

Autositze, Heizmaterial und Putzlappen: Was aus alten Klamotten wird

Geld verdienen die Textilverwertungs-Betriebe vor allem mit dem Verkauf von Second Hand-Kleidung. Etwa 62 Prozent der Textilien eignen sich laut dem Bundesverband Sekundärstoffe und Entsorgung (BVSE) für den Secondhand-Gebrauch im In- und Ausland. Im Ausland sind unsere alten Pullis allerdings nicht überall mehr erwünscht: Um die lokale Textilproduktion zu schützen, haben 42 Länder, vor allem in Afrika, Asien und Süd-Amerika, den Import von Altkleidern beschränkt oder ganz verboten. Und auch Kleidung, die auf dem Secondhand-Markt landet, wird nicht unbedingt wieder getragen: In Bulgarien etwa kaufen sozial Benachteiligte Altkleider und Schuhe, um sie als billiges Heizmaterial zu verwenden – und nehmen dabei das Risiko giftiger Dämpfe in Kauf. 14 Prozent der in Deutschland gesammelten Altkleider werden geschreddert und zu Putzlappen oder Dämmstoffen, z.B. in Autositzen, verarbeitet. Nur rund 12 Prozent dient dem Faser-Recycling, also der Wiedergewinnung von Fasern zur Herstellung neuer Kleidung. 12 Prozent werden verbrannt – als Ersatzbrennstoffe, aber auch teilweise einfach nur als Müll.

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Wir sortieren immer mehr aus

Seit Mitte der 1990er-Jahre ist die jährliche Sammelmenge an Textilien in Deutschland um mehr als 20 Prozent gestiegen. Allein von 2013 bis 2018 erhöhte sich das Aufkommen in Deutschland um 300.000 Tonnen auf 1,3 Millionen Tonnen Altkleider – oder auch 15,3 Kilo pro Kopf pro Jahr. Schon 2019 berichtete der Fachverband Textilrecycling alarmiert: "Die Container quellen über, die Sammelmengen steigen stetig, die Lager sind voll mit Alttextilien", so ein Sprecher des BVSE. Die Zeit der Corona-Pandemie haben viele Menschen hierzulande noch einmal verstärkt zum Ausmisten genutzt – und damit das Altkleider-Aufkommen noch einmal stark erhöht: Laut dem Dachverband FairWertung wurden 2020 in manchen Landkreisen bis zu 35 Prozent mehr Kleidung in Container eingeworfen als sonst.

Wir sortieren auch schneller aus als früher

Die weltweite Textilproduktion hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt. 2019 wurden laut Euromonitor International rund 2,3 Milliarden Kleidungsstücke auf dem deutschen Modemarkt angeboten. Dank Fast Fashion sind in immer schnellerem Tempo immer neue Mode-Trends in den Läden und online verfügbar. Fast-Fashion-Unternehmen Zara beispielsweise bringt laut einer McKinsey-Studie mittlerweile bis zu 24 Kollektionen jährlich auf den Markt, bei H&M sind es immerhin bis zu 16. Wir Verbraucher kaufen im Schnitt 60 Kleidungsstücke pro Jahr – und tragen diese nur noch halb so lang wie vor 15 Jahren. Dabei hat fast jede:r von uns ungetragene Kleidungsstücke im Schrank. Trendforscher Carl Tillessen schreibt in seinem Buch "Konsum. Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen": "Fast jeder Zweite sortiert den Großteil seiner Kleidung nach eigenen Aussagen "innerhalb von weniger als einem Jahr" aus. Wir kaufen mehr Kleidung – und wir sortieren sie auch in schnellerem Tempo wieder aus. Denn es "wird inzwischen jedes fünfte Kleidungsstück nur noch einmal oder maximal zweimal getragen." "Die Trends von heute sind der Müll von morgen", heißt es in einem Greenpeace-Dossier zum Thema Fast Fashion.

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Die Altkleiderbranche erstickt im Textilmüll

Doch nicht nur die zunehmende Menge an Altkleidern ist für die Textilverwerter ein Problem: Schnelle Mode, Fast Fashion, bedeutet auch oft schlechtere Qualität. Der BVSE beobachtet eine "abnehmende Qualität der Sammelware" und einen "vermehrten Einsatz von Chemiefasern" in den gesammelten Kleidungsstücken. Das erschwert das Recycling: "Billige Synthetikfasern und Mischstoffe sind für die weitere Verwendung nur sehr eingeschränkt nutzbar. Sie eignen sich weder für den Second-Hand-Bereich noch für die Putzlappenherstellung oder die Faserrückgewinnung." Der Dachverband FairWertung schätzt sogar, dass weltweit weniger als ein Prozent der Alttextilien tatsächlich wieder in neuer Kleidung zum Einsatz kommt. 

Fabrikneu vernichtet: Kleidung, die keiner kauft

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Weniger kaufen, mehr pflegen

Was ist die Lösung, um die Kleiderflut einzudämmen? Die Umweltorganisation Greenpeace appelliert an die Modeindustrie, qualitativ hochwertigere Kleidung herzustellen, die länger getragen werden kann und "vollständig kreislauffähig" ist.

Aber auch wir Verbraucher können etwas tun – indem wir "Slow Fashion" praktizieren, nachhaltige Modemarken kaufen und T-Shirts, Pullis und Co. wieder länger tragen. "Allein die Verlängerung der Lebensdauer unserer Kleidung von einem auf zwei Jahre würde die CO2-Emissionen um 24 Prozent reduzieren", heißt es in einem Greenpeace-Dossier. Dazu gehört es auch, Stücke besser zu pflegen und nicht sofort auszusortieren, wenn sie ein kleines Loch haben oder ein Knopf fehlt. Besser: Knöpfe annähen und Löcher flicken. Du weißt nicht, wie es geht? Vielleicht kann ein YouTube-Tutorial helfen oder ein Repair-Café in deiner Nähe, oder www.reparatur-initiativen.de. Wer sich an bestimmten Teilen sattgesehen hat, kann sie mit Freunden tauschen, sie mal umstylen, anders kombinieren oder in einem Kleiderkreisel eine neue Trägerin oder einen neuen Träger dafür finden.

"JENKE. Das Shopping-Experiment: Macht Kaufen wirklich glücklich?" – Montag, 30. August 2021, um 20:15 Uhr auf ProSieben und auf Joyn

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