Kassen in der Krise
Beitragserhöhung zum 1. Juli bei einigen Krankenkassen
- Veröffentlicht: 21.06.2025
- 10:58 Uhr
- Kira Born
Die finanzielle Schieflage der gesetzlichen Krankenkassen spitzt sich weiter zu. Ab Juli drohen neue Beitragserhöhungen – und das mitten im laufenden Jahr. Was dahinter steckt und was die Politik jetzt plant.
Die Versicherten gesetzlicher Krankenkassen müssen sich auf weitere Belastungen einstellen. Bereits im April und Mai haben acht Kassen ihre Beitragssätze angehoben – zum 1. Juli könnten sechs weitere folgen. Welche genau, ist unklar. Klar ist jedoch: Die Beitragswelle reißt nicht ab. Die Lage des deutschen Gesundheitssystems ist angespannt.
Die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken will mit einem Strukturwandel die gesetzlichen Krankenkassen aus der Schieflage holen. Doch wird das reichen?
Die gesetzlichen Krankenkassen werden die Beiträge anziehen
Was früher die absolute Ausnahme war, scheint nun fast zur Regel zu werden. Seit Anfang des Jahres haben bereits acht gesetzliche Krankenkassen ihre Beitragssätze angehoben. Jetzt stehen zum 1. Juli weitere sechs Krankenkassen im Raum. Welche Kassen konkret betroffen sind, bleibt jedoch offen: "Nach unserem Kenntnisstand haben sechs Kassen zum 1. Juli 2025 einen Antrag auf Anhebung des Zusatzbeitragssatzes bei der Aufsicht gestellt. Nach dem 1. Januar bis Mai dieses Jahres haben bereits acht Krankenkassen Zusatzbeitragssätze erhöht", sagte ein Sprecher des Gesetzlichen Krankenversicherungs-Verbandes (GKV), Florian Lanz, gegenüber der "Rheinischen Post".
Der GKV-Spitzenverband verweist auf laufende Verfahren bei den Aufsichtsbehörden – doch dass es weitere Anhebungen geben wird, gilt als sicher, wie "BR24" und "Apotheke adhoc" berichten.
Ein Blick zurück zeigt: Schon zum Jahreswechsel 2024/2025 hatte es eine drastische Beitragserhöhung gegeben – im Schnitt stiegen die Zusatzbeiträge um 1,2 Prozentpunkte.
Voraussichtlich werden die unterjährigen Erhöhungen fast ausschließlich kleinere Betriebskrankenkassen (BKKs) und Innungskrankenkassen (IKKs) betreffen. Die großen Player – AOKs und Ersatzkassen – werden zum Julia keinen Beitragserhöhungen ankündigen, wie der Bayrische Rundfunk meldet. Der Schritt zur Beitragserhöhung mitten im Jahr zeigt, wie eng es inzwischen finanziell bei vielen Kassen geworden ist.
Gründe für die steigenden Beiträge für Versicherte
Die Ausgaben der gesetzlichen Kassen wachsen schneller als ihre Einnahmen. Im ersten Quartal 2025 etwa stiegen die Gesamtausgaben um satte 7,7 Prozent – die Einnahmen jedoch nur um 4,22 Prozent. Allein bei den Arzneimittelausgaben gab es ein Plus von sechs Prozent – ein Wert, der zwar niedriger liegt als der Durchschnitt, aber dennoch deutlich spürbar ist. Der Überschuss von 1,8 Milliarden Euro im selben Zeitraum dient laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) lediglich dazu, die Rücklagen aufzufüllen.
"In den ersten drei Monaten des Jahres 2025 sind die Ausgaben wieder deutlich stärker als die Einnahmen gewachsen. Das erhöht den Druck auf die Zusatzbeiträge mit Blick auf das kommende Jahr und unterstreicht den Handlungsbedarf: Zur Stabilisierung der GKV-Finanzen ist ein Paket aus kurzfristigen Maßnahmen sowie strukturellen Reformen erforderlich", warnt Bundesgesundheitsministerin Nina Warken(CDU).
Doch die Finanzreserven der Krankenkassen liegen trotzdem unter gesetzlich vorgesehene Mindestreserve von 0,2 Monatsreserven. Die Finanzreserve beträgt aktuell rund 3,6 Milliarden Euro - das sind jedoch nur 0,1 Prozent der Monatsaufgaben, so die BMG.
Auch strukturelle Probleme belasten das System. Über Jahre hinweg wurden neue Ausgaben beschlossen, ohne gleichzeitig Einsparungen umzusetzen. Der Beitragssatz wurde lange künstlich stabil gehalten, während die Leistungen ausgebaut wurden. Ein zusätzlicher Kostentreiber sind versicherungsfremde Leistungen. Hierzu zählen etwa Beiträge für Bürgergeldempfänger, die aus dem GKV-System finanziert werden – obwohl sie eigentlich in die Zuständigkeit des Bundes fallen.
Die Konsequenz: Kassen müssen Zusatzbeiträge erheben, die eigentlich über Bedarf liegen. Ende März lag der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz bei 2,92 Prozent – geplant waren 2,5 Prozent, so das "Deutsche Ärzteblatt".
- Verwendete Quelle:
- Apotheke adhoc: "vfa: Bund soll versicherungsfremde GKV-Kosten tragen"
- Deutsches Ärzteblatt: "Krankenkassen im ersten Quartal mit deutlichem Plus, aber weiter stark steigenden Leistungsausgaben"