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Wissenschaftliche Untersuchung der AOK

Deutsche Kliniken: Tausende Patienten werden nicht optimal versorgt

  • Veröffentlicht: 14.12.2022
  • 16:12 Uhr
  • Simon Traub
Personalmangel und wirtschaftliche Herausforderungen sind nicht die einzigen Probleme in deutschen Kliniken.
Personalmangel und wirtschaftliche Herausforderungen sind nicht die einzigen Probleme in deutschen Kliniken.© Fabian Sommer/dpa

In Deutschland werden tausende Patient:innen nicht optimal versorgt. Der Grund: Sie werden in Kliniken ohne passende Ausstattung behandelt.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Noch immer werden viele Patient:innen mit Herzinfarkt und Brustkrebs nicht optimal behandelt.

  • 14.000 der insgesamt 203.000 Herzinfarkt-Patient:innen im Jahr 2020 wurden demnach entgegen der Leitlinien versorgt.

  • Bei Brustkrebs sei jede fünfte Behandlung in einer Klinik mit weniger als 25 Fällen pro Jahr erfolgt.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will das Krankenhaussystem in Deutschland reformieren. Das scheint auch dringend nötig zu sein. Nach wie vor werden viele Patient:innen mit Herzinfarkt nicht ausreichend behandelt, weil sie in Kliniken ohne Herzkatheterlabor eingeliefert werden. Das geht aus dem sogenannten "Qualitätsmonitor" des Wissenschaftlichen Instituts der Krankenkasse AOK (WIdO) hervor.

Es wurden Daten aus 2020 ausgewertet: 14.000 der insgesamt 203.000 Herzinfarkt-Patient:innen in diesem Jahr wurden demnach entgegen der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in einem Krankenhaus ohne Katheterlabor behandelt. Nur jede fünfte Klinik in dieser Gruppe verfügte laut "Qualitätsmonitor" über ein Herzkatheterlabor.

Problem bei der Steuerung der Patient:innen

"In Kliniken, die häufig Herzinfarkte behandeln, können Patientinnen und Patienten die optimale Ausstattung und Erfahrung erwarten. So sollte bei schweren Herzinfarkten möglichst innerhalb von einer Stunde eine Herzkatheter-Behandlung erfolgen. In Häusern, die nur selten Herzinfarkte behandeln, ist das bis auf wenige Ausnahmen nicht gewährleistet", erklärt WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber in dem Bericht.

Der "Qualitätsmonitor" zeige, dass es ein Problem bei der Steuerung und Information der Patient:innen gibt. Denn: Eigentlich hätte Deutschland keinen Mangel an Herzkatheterlaboren, betont Jürgen Klauber. Ein Beispiel: 2020 gab es in Berlin insgesamt 24 Kliniken mit durchgängig verfügbarem Herzkatheterlabor. Dennoch nahmen dort 18 weitere Kliniken ohne Katheterlabor an der Herzinfarkt-Versorgung teil.

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Kein "eingespieltes Team" im Ernstfall

Es wurden auch strukturelle Defizite bei der Behandlung von Brust- und Lungenkrebs beleuchtet: Bei Brustkrebs sei jede fünfte Behandlung in einer Klinik mit weniger als 25 Fällen pro Jahr erfolgt. "Man muss sich vor Augen halten, dass 25 OPs pro Jahr etwa einem Eingriff alle zwei Wochen entsprechen. Unter diesen Umständen kann man nicht davon ausgehen, dass es ein eingespieltes Team mit ausreichend Routine und eine eingespielte Prozesskette gibt", wird Klauber zitiert.

Ein wichtiges Qualitätskriterium für eine optimale Brustkrebsbehandlung ist die Zertifizierung als Brustkrebszentrum durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG). 2020 hatten laut "Qualitätsmonitor" insgesamt "43,8 Prozent der an der Versorgung von Brustkrebs-Fällen beteiligten deutschen Kliniken" kein DKG-Zertifikat oder eine vergleichbare Zertifizierung.

Verwendete Quellen:

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