Kolumne
Ein guter Rat: Der Don und Donald im Gespräch
- Veröffentlicht: 29.08.2023
- 09:53 Uhr
- Axel Storm
Zugegeben: Es ist naheliegend, Donald Trump mit Don Vito Corleone aus Mario Puzo's epischer Erzählung "Der Pate" zu vergleichen. Schließlich ist Trump aufgrund von Gesetzen angeklagt, die geschrieben worden, um explizit gegen das organisierte Verbrechen in den USA vorzugehen. Lassen Sie uns dieser Verführung widerstehen. Denn Trump bleibt unschuldig, bis ihm Geschworene und Richter Schuld nachweisen. Stellen wir uns stattdessen vor, Trump säße mit Don Corleone an einem Tisch. Was würde Marlon Brando's Paraderolle ihm raten?
"Benimm Dich wie ein Mann. Hör auf zu heulen!"
So drastisch maßregelt Don Vito Corleone, der Pate, seinen Ziehsohn Johnny Fontane, als der, sichtlich verzweifelt ihm sein Leid über seine Karriere und sein Privatleben klagt. Corleone würde vermutlich auch zu Trump sagen: Benimm Dich wie ein Mann. Denn Trumps Medienkampagnen sind durchtränkt von Selbstmitleid, Narzissmus, Uneinsichtigkeit. Wer den Trump-Pressenewsletter abonniert, erhält jeden Tag eine gute Handvoll Nachrichten. Immer geht es um Geld. Immer aber geht es auch um Trump – und die Feindbilder in Justiz, Weißem Haus, im Kongress, die angeblich nur ihm ans Leder wollen. Um ihn aus dem Rennen um die Präsidentschaft zu nehmen. Um ihn zu diffamieren. Um ihn zu vernichten. Das ist die Sicht von Donald Trump auf seine inzwischen vier Anklagen vor unterschiedlichen Gerichten. "Ich habe nicht aufgegeben", schreibt er in einer dieser Emails jüngst, "als sie mich ausspioniert, mein Zuhause infiltriert, mich als einen Verräter dargestellt und mich festgenommen haben, ich werde auch jetzt nicht aufgeben".
"Sag niemandem außerhalb der Familie, was Du denkst!"
Auch das eine Maßregelung – Vito Corleone befindet sich in Verhandlungen mit einer konkurrierenden Mafia-Familie über den Einstieg ins Drogengeschäft. Sein Sohn Santino "Sonny" Corleone platzt in die Verhandlungen und spricht ungefragt für den Deal auf. Der Don lehnt ab. Und tadelt seinen Filius im Anschluss. Der alte Corleone würde Trump wohl das Gleiche raten: Wenngleich sein Familienkreis in seiner Situation auf den Kreis seiner Anwälte zu erweitern wäre. Neulich, nach der Anklage in Georgia wegen Wahlmanipulation, kündigt Trump vollmundig eine Pressekonferenz an, auf der er "unwiderlegbare Beweise" für seinen Sieg in Georgia präsentieren will. Der Termin wird abgesagt. Vermutlich, weil ihm seine Anwälte dazu geraten haben. Sprich über Deine Belange nur mit Deinem engsten Kreis. Zu oft hält sich Trump nicht daran und lässt die ganze Welt an seinen teils unreflektierten Gedanken teilhaben.
"Du nennst mich noch nicht mal "Pate"
Als der Bestatter Amerigo Bonasera am Tag der Hochzeit von Don Vitos Tochter darum bittet, für ihn einen Mord zu begehen, reagiert der verärgert: "Jahrelang sind wir befreundet. Du hast mich kein einziges Mal auf eine Tasse Kaffee eingeladen. Du nennst mich noch nicht mal Pate".
Respekt. Das ist das, worum es Trump im Innersten geht. Anerkennung. Der große Auftritt. Er stilisiert sich, in dieser für ihn hochdramatischen Situation, als unschuldig angeklagt, als Schutzwall der Schwachen, als Vorkämpfer des Rechts und der Gerechtigkeit. Er fährt in Fulton County vor dem Gefängnis mit einer Autokolonne vor, die größer ist als die von Joe Biden. Er gibt natürlich nach seinem Auftritt im Gefängnis, auf dem Rollfeld, vor seinem übergroßen Privatflugzeug, ein Statement ab.
Trump ist süchtig nach Respekt und Anerkennung. Es ist pathologisch. Auch wenn er aus dem berühmten "Mugshot", dem Fahndungsfoto, das von ihm geschossen wurde, Geld macht, viel Geld, so dürfte ihn genau dieses Bild doch im Mark treffen: Als erster US-Präsident überhaupt auf einem Fahndungsfoto. Das hat nicht einmal Richard Nixon geschafft. Würde er sich offenbaren, in unserem fiktiven Dialog mit Vito Corleone, würde der vermutlich sagen: "Hör auf zu heulen und benimm Dich wie ein Mann."