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Bundestagsentscheidung zu Holodomor

Historische Hungersnot in der Ukraine als Völkermord eingestuft

  • Aktualisiert: 30.11.2022
  • 23:17 Uhr
Der ehemalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk (l) und sein Nachfolger Oleksii Makeiev (vorne) nehmen an der Sitzung des Bundestags auf der Tribüne teil. Thema ist der Holodomor in der Ukraine.
Der ehemalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk (l) und sein Nachfolger Oleksii Makeiev (vorne) nehmen an der Sitzung des Bundestags auf der Tribüne teil. Thema ist der Holodomor in der Ukraine.© Kay Nietfeld/dpa

In den 1930er Jahren ließ der Diktator Stalin vier Millionen Menschen in der Ukraine verhungern. Der Bundestag hat nun den Holodomor als Völkermord anerkannt.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Vor 90 Jahren ließ Stalin vier Millionen Menschen in der Ukraine verhungern.

  • Der Bundestag hat nun die historische Hungersnot als Völkermord eingestuft.

  • Präsident Selenskyj begrüßt die Bundestagsentscheidung.

Katastrophale Hungersnot in Sowjetunion

Der Bundestag hat die vor 90 Jahren gezielt herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine offiziell als Völkermord anerkannt. Mit großer Mehrheit billigten die Abgeordneten am Mittwochabend einen gemeinsamen Antrag von Ampel-Koalition und Unionsfraktion, in dem von einem "menschenverachtenden Verbrechen" die Rede ist. Unter der Verantwortung des sowjetischen Diktators Josef Stalin waren dem sogenannten Holodomor («Mord durch Hunger») in den Jahren 1932 und 1933 allein in der Ukraine bis zu vier Millionen Menschen zum Opfer gefallen.

Das Streben der sowjetischen Führung nach einer Kontrolle der Bauern sei damals mit der Unterdrückung der ukrainischen Lebensweise, Sprache und Kultur verschmolzen, heißt es in der Bundestags-Drucksache. "Damit liegt aus heutiger Perspektive eine historisch-politische Einordnung als Völkermord nahe. Der Deutsche Bundestag teilt eine solche Einordnung."

"Interfraktionell eint uns der Wunsch, zu erinnern, zu gedenken, zu mahnen", erklärte der Vorsitzende der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe, Robin Wagener (Grüne). "Mit unserem Antrag setzen wir uns mit der brutalen Wahrheit stalinistischer Gewalt auseinander - nicht um die deutschen Verbrechen in der Sowjetunion zu relativieren, sondern um aus der historischen Wahrheit zu lernen."

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"Mord durch Hunger"

Auch der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Brand (CDU), erinnerte an die deutsche Rolle im Zweiten Weltkrieg: "Gerade wir Deutschen stehen hier in einer besonderen historischen Schuld und Verantwortung gegenüber der Ukraine."

In der Bundestagsdebatte verurteilten alle Fraktionen den Holodomor, doch die AfD und die Linke enthielten sich bei der Abstimmung über den Antrag. Der AfD-Abgeordnete Marc Jongen sprach von einer "Instrumentalisierung der Geschichte" und wandte sich gegen eine "historische Gleichsetzung" mit dem heutigen Ukraine-Krieg. Gregor Gysi von der Linken warnte zudem vor einer möglichen Gleichsetzung von Adolf Hitler und Josef Stalin: "Stalin war schlimm, sehr schlimm, aber kein Hitler."

Selenskyj begrüßt Bundestagsentscheidung

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Entscheidung des Bundestags, die vor 90 Jahren gezielt herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine als Völkermord einzustufen, ausdrücklich begrüßt. "Dies ist eine Entscheidung für Gerechtigkeit, für Wahrheit", sagte Selenskyj am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache. "Und das ist ein sehr wichtiges Signal für viele andere Länder der Welt, dass es dem russischen Revanchismus nicht gelingen wird, die Geschichte umzuschreiben."

Verwendete Quellen:

  • Nachrichtenagentur dpa
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