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Tierschutzbeauftragte warnt

Lage dramatisch: Deutsche Tierheime akut überlastet

  • Veröffentlicht: 30.03.2024
  • 15:25 Uhr
  • Max Strumberger
In einem großen Auslaufzwinger eines Tierheims attackiert eine angstaggressive Belgische Schäferhündin einen Zentralasiatenmix.
In einem großen Auslaufzwinger eines Tierheims attackiert eine angstaggressive Belgische Schäferhündin einen Zentralasiatenmix. © Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

Deutsche Tierheime befinden sich in einer dramatischen Lage. Die Pandemie hat die Situation noch mal verschärft. Die Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung warnt eindringlich.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Deutschlands Tierheime sind völlig überfüllt.

  • Ein Grund dafür ist die Coronapandemie.

  • Aber auch unverantwortliche und zu impulsive Haustierkäufe verschärfen die Lage.

Der Deutsche Tierschutzbund und die Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung, Ariane Désirée Kari, warnen vor der desaströsen Situation in deutschen Tierheimen. "Die Lage der Tierheime in Deutschland ist dramatisch und ihre akute Überlastung eines der dringlichsten Tierschutzprobleme", sagte Kari der Deutschen Presse-Agentur. In rund zwei Dritteln der Tierheime gibt es laut dem Deutschen Tierschutzbund einen Aufnahmestopp, denn die Einrichtungen seien nicht nur stark unterfinanziert, sondern auch überfüllt. "Tierheimbetreiber:innen und Mitarbeiter:innen arbeiten vielerorts dauerhaft an oder über ihrer Belastungsgrenze", sagte die Bundesbeauftragte.

Insbesondere die Spontankäufe von Tieren seien ein großes Problem. "So kaufen sich offenkundig zu viele Menschen spontan Hunde, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wo das Tier zum Beispiel im Urlaub bleibt oder wer die Tierarztkosten zahlt", betonte die 37-Jährige. Wenn diese Fragen dann akut werden, würden die Tiere viel zu häufig aus Überforderung im Tierheim landen. Ein verpflichtender Sachkundenachweis könne dafür sorgen, "dass sich mögliche Halter:innen bereits vor der Anschaffung eines Hundes Gedanken über solche Fragen machen müssen".

"Die Lage wird sich nicht von allein entspannen"

Mit Blick auf die Zukunft warnte sie: "Die Lage wird sich nicht von allein entspannen." Daher bräuchten die Tierheime neben einer schnellen finanziellen Entlastung verbindliche Regelungen zum Thema Online-Heimtierhandel. Auch eine Kastrationspflicht für freilaufende Katzen sowie eine flächendeckende Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Hunde und Katzen könnten demnach helfen.

Laut dem Tierschutzbund, der als Dachverband unter anderem 550 Tierheime vertritt, sei eine weitere Idee eine Positivliste für die Heimtierhaltung, die Tierarten auflistet, die bedenkenlos in privater Hand gehalten werden dürfen. Zudem könne jeder einzelne etwas für die Entlastung der Heime tun, "indem sich jeder, der sich für ein Tier interessiert, vorab umfassend informiert und sich seiner Verantwortung bewusst ist".

"Bevor ein Tier einzieht, sollte man sicherstellen, dass das Tier für immer bleiben kann", sagte Lea Schmitz, Sprecherin beim Tierschutzbund, der Deutschen Presse-Agentur. Außerdem solle man nicht im Internet Tiere "shoppen", sondern sich im Tierheim umschauen. Auch eine Spende oder Mitgliedschaft im Tierheim helfe.

Als Hauptursache für die aktuelle Zuspitzung der Entwicklung sieht der Tierschutzbund die Corona-Pandemie, in der sich viele Menschen Haustiere zulegten. "Viele wurden unüberlegt und spontan angeschafft, meist über das Internet, im Zoofachhandel, Baumarkt oder vom Züchter. Mit Abflachen bzw. Ende der Pandemie landeten dann die ersten dieser Tiere im Tierheim", erklärte die Tierschutzbund-Sprecherin. "Seit dem Sommer 2023 scheint die Abgabeflut besonders extrem und führt bundesweit immer wieder zu Aufnahmestopps."

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Situation spitzt sich weiter zu

Zwar spielt Corona schon lange keine große Rolle mehr - das Problem bleibe dennoch: "Die Masse an Anfragen von Menschen, die ihre Tiere loswerden wollen, reißt nicht ab. Daher ist nicht davon auszugehen, dass sich die Lage in den kommenden Monaten entspannen wird. Im Gegenteil", sagte Schmitz.

Die schon lange kritische finanzielle Lage der Heime sei durch die Inflation, gestiegene Energiepreise, erhöhte Gebühren für tiermedizinische Behandlungen und den angestiegenen Mindestlohn für das Personal nochmals verschärft worden, sagte Schmitz. Die Kommunen und Behörden kämen für die Aufgaben, die Tierheime für sie übernehmen, nicht kostendeckend auf. Daher gebe es einen Investitionsstau von 160 Millionen Euro für dringend notwendige Krankenstationen, energetische Sanierung und Modernisierung - und das nur für Tierheime, die dem Tierschutzbund angeschlossen sind.

Doch nicht nur die Kommunen seien das Problem: "Angesichts des Staatsziels Tierschutz im deutschen Grundgesetz müssen sich alle föderalen Ebenen – Bund, Länder sowie Kommunen und Landkreise – ihrer Verantwortung stellen, anstatt diese auf den jeweils anderen abzuwälzen", fordert der Tierschutzbund. Die Bundesregierung habe in ihrem Koalitionsvertrag eine Verbrauchsstiftung für Tierheime versprochen, die auf sich warten lasse.

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  • 02.04.2024
  • 10:55 Uhr
  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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