Gleichstellung
Gender Pay Gap: So viel weniger verdienen Frauen im Vergleich zu Männern
- Aktualisiert: 14.02.2024
- 11:00 Uhr
- Galileo
Das Gehalt von Frauen in Deutschland liegt durchschnittlich um fast ein Fünftel unter dem von Männern. Eine Richtlinie in der Europäischen Union soll für bessere und gleiche Bezahlung (Equal Pay) sorgen. Mehr dazu erfährst du auf dieser Seite.
Das Wichtigste zum Thema Equal Pay
Gleichberechtigung zählt zu den universellen Menschenrechten. Das schließt eigentlich auch gleiche Bezahlung bei vergleichbarer Arbeit ein.
In der Realität bekommen Frauen auch in Deutschland jedoch in der Regel weniger Gehalt als Männer, selbst wenn ihre Aufgaben und Ausbildung denen von Männern gleichen.
Für Lohn-Gerechtigkeit hat Deutschland im Jahr 2017 das Entgelt-Transparenz-Gesetz eingeführt - was bislang keinen durchschlagenden Erfolg brachte.
Durch die Entgelt-Transparenz-Richtlinie kannst du das Durchschnitts-Einkommen von Kolleg:innen mit gleichwertigen Jobs erfahren. Auch Bewerber:innen bekommen schon vor dem Vorstellungsgespräch Infos zum Einstiegsgehalt.
Gender Pay Gap: Ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen
Unter dem Gender Pay Gap versteht man die Lücke beim Gehalt von Frauen gegenüber Männern. Zusammengefasst (unbereinigt) liegt dieser Unterschied in Deutschland bei 18 Prozent. Auch den Durchschnittswert von 12,7 Prozent in der Europäischen Union (EU) übersteigt Deutschland dementsprechend deutlich.
Für die Bezahl-Lücke gibt's zahlreiche Ursachen. Ein wichtiger Grund: Care-Arbeit übernehmen nach wie vor meist Frauen. Deswegen arbeitet fast die Hälfte (47,8 Prozent) aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in Teilzeit. Außerdem üben Frauen fast zwei Drittel aller Minijobs (etwa 60 Prozent) aus.
Auch sind meist die Berufe wie etwa im sozialen Bereich, in denen Frauen tendenziell häufiger arbeiten, generell schlechter bezahlt als beispielsweise Jobs in technischen Branchen, in denen Männer öfter beschäftigt sind.
Allerdings bekommen viele Frauen sogar weniger Gehalt, selbst wenn ihre Tätigkeit, ihr Ausbildungsweg und ihr Karriereverlauf vergleichbar zu denen ihrer männlichen Kollegen sind. Auch der bereinigte Gender-Pay-Gap, der solche strukturellen Gegebenheiten einberechnet, beträgt immer noch sechs Prozent.
Gender Pay Gap: Lohnunterschiede in der Wirtschaft
Der Vergleich der Bruttostundenlöhne zeigt in den meisten Fällen eine Benachteiligung der Frauen. Im Gesamtwirtschaftsdurchschnitt beträgt der Gender Pay Gap 18 Prozent. Männer verdienen branchenübergreifend durchschnittlich 24,36 Euro brutto pro Stunde, während Frauen lediglich 20,05 Euro erhalten.
In 45 von 46 Branchen, für die erstmals Daten aus dem Jahr 2022 vorliegen, verdienen Frauen weniger als ihre männlichen Kollegen. Im Durchschnitt der Gesamtwirtschaft liegt er bei 18 Prozent und stagniert seit Jahren.
Der Gender Pay Gap variiert dabei von vier Prozent im Personen- und Güterverkehr (Männer: 17,15 Euro, Frauen: 16,49 Euro) über fünf Prozent im Sozialwesen (19,78 vs. 18,70 Euro) und sieben Prozent in der Metallerzeugung (Männer: 27,06, Frauen: 25,23 Euro) bis hin zu 30 Prozent im Gesundheitswesen (Männer: 31,29, Frauen: 22,05 Euro) und sogar 32 Prozent in der Rechts- und Steuerberatung (Männer: 31,06, Frauen: 21,26 Euro). Eine Ausnahme bilden die Postdienste. Hier beträgt der Brutto-Stundenlohn der Frauen mit 16,26 Euro pro Stunde. Damit liegt er um zwei Prozent höher als bei den Männern mit 15,93 Euro. Allerdings ist hier das Verdienst-Niveau im Vergleich der Branchen sowieso niedriger.
Equal Pay: EU-Richtlinie verspricht mehr Transparenz beim Gehalt
Deutschland versucht - wie einige andere EU-Länder - nach einer Empfehlung der EU-Kommission bereits, die Lohn-Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Deshalb wurde 2017 das Entgelt-Transparenz-Gesetz (EntgTranspG) eingeführt.
Dieses regelt unter anderem, dass Arbeitnehmer:innen Informationen zum Durchschnitts-Gehalt von anderen in ähnlicher Position erhalten dürfen. Zu Gleichheit bei der Bezahlung in Deutschland hat das Gesetz allerdings nicht geführt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Maßgabe zur Auskunft nur für Betriebe mit mindestens 200 Beschäftigten gilt.
Ein Schlüssel zur Gehalts-Gerechtigkeit könnte nach Einschätzung von Expert:innen die neue EU-Richtlinie sein. Sie verpflichtet die Mitglieds-Staaten zu strikteren Maßnahmen.
Auch Deutschland muss dementsprechend gesetzlich nachbessern und vermutlich insbesondere das Entgelt-Transparenz-Gesetz nachschärfen. Zur Umsetzung der Richtlinie haben alle EU-Mitgliedsstaaten bis zum Jahr 2026 Zeit. Andernfalls drohen Verfahren wegen Vertragsverletzung.
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😀 Schon Bewerber:innen müssen noch vor dem Vorstellungs-Gespräch genauere Informationen über das Einstiegsgehalt oder zumindest dessen Spanne erhalten, zum Beispiel im Rahmen der Stellen-Ausschreibung.
🤔 Beschäftigte bekommen unabhängig von der Unternehmensgröße das Recht, detaillierte Auskunft über das eigene sowie das durchschnittliche Einkommen von Kolleg:innen, die gleichwertige Arbeit verrichten, zu erhalten.
📑 Arbeitgeber:innen müssen objektive Kriterien für Gehälter festgelegen, die für Arbeitnehmer:innen in Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten leicht zugänglich sein müssen. Das soll eine Einordnung von gleichwertiger Arbeit und dementsprechend vergleichbarem Entgelt ermöglichen.
📊 Unternehmen sind verpflichtet, regelmäßig Infos über das Lohngefälle zwischen Arbeitnehmer:innen bereitzustellen. Das betrifft zunächst Unternehmen ab 250, später ab 100 Beschäftigten. Betriebe mit weniger Mitarbeiter:innen können Bericht erstatten, müssen aber nicht.
💰 Wird in einem Unternehmen bei einer gleichwertigen Tätigkeit ein Lohngefälle zwischen Geschlechtern von mindestens fünf Prozent festgestellt, das nicht durch objektive Kriterien zu rechtfertigen ist, muss der Betrieb dies binnen sechs Monaten korrigieren. Auf viele Frauen wartet daher in der Zukunft wohl eine ausgleichende Gehaltsanpassung.
👨⚖️ Bei Verstößen drohen Unternehmen Geldstrafen, zum Beispiel in der Höhe des betrieblichen Jahresumsatzes. Außerdem hat die benachteiligte Person einen Anspruch auf Schadensersatz.
Equal Pay: So sind EU-Richtlinien definiert
Eine Richtlinie legt ein Ziel fest, das von allen Ländern der Europäischen Union erreicht werden soll. Den Weg dorthin wählen die Mitgliedsstaaten durch eigene Rechtsvorschriften selbst.
Dadurch unterscheiden sich Richtlinien etwa von Verordnungen, die alle EU-Mitglieder vollständig umsetzen müssen, sowie Empfehlungen, die im Gegensatz dazu nicht verbindlich sind.
Weil Richtlinien sehr detailliert erarbeitet werden, bilden die Entwicklung und die anschließende Umsetzung meist einen langwierigen Prozess.
Den Entwurf zur Equal Pay-Richtlinie beispielsweise hatte die Kommission der Europäischen Union am 4. März 2021 vorgelegt. Im Dezember des Folgejahres hatten sich das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union politisch geeinigt. Am 30. März 2023 stimmte das EU-Parlament dem Entwurf zu und am 24. April 2023 nahm der Rat der EU die Richtlinie final an. Die EU-Richtlinie ist am 6. Juni 2023 in Kraft getreten. Die Mitgliedsstaaten müssen sie spätestens innerhalb von drei Jahren in nationales Recht umwandeln.
Mindestlohn im internationalen Vergleich
In Deutschland liegt der gesetzliche Mindestlohn seit dem 1. Januar 2024 bei 12,41 Euro pro Arbeitsstunde.
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