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Psychologie

Verrückt oder genial? Darum führst du manchmal Selbstgespräche

  • Aktualisiert: 28.01.2024
  • 09:10 Uhr
  • Chris Tomas

"Wo habe ich jetzt den Schlüssel …?" Selbstgespräche helfen uns in vielen Situationen. Trotzdem finden wir Menschen, die mit sich selbst reden, verschroben. Warum? Hier erfährst du, welche Vorteile die Alleinunterhaltung hat - und wann sie krankhaft wird. Im Clip: Wie Schizophrene Stimmen im Kopf erleben.

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Das Wichtigste zum Thema Selbstgespräche

  • Ob beim Einkaufen, Autofahren oder am Schreibtisch: Fast alle Menschen führen ab und zu Selbstgespräche. Die einen in Gedanken, die anderen nuscheln vor sich hin. Wieder andere sprechen laut aus, was ihnen durch den Kopf geht.

  • Selbstgespräche haben viele Funktionen. Sie helfen uns dabei, unsere Gedanken zu ordnen, nichts zu vergessen oder Stress abzubauen. In der Psychologie nennt man das Autokommunikation. Studien zeigen: Vor allem wenn wir allein sind, reden wir mit uns selbst.

  • Kinder zwischen drei und fünf Jahren führen noch oft laute Selbstgespräche, haben Forschende beobachtet. Erst mit etwa sechs Jahren wird das laute Sprechen weniger und findet vermehrt in Gedanken statt.

  • Auf andere wirken Selbstgespräche oft befremdlich. Grund ist wahrscheinlich, dass Selbstgespräche auch mit bestimmten psychischen Erkrankungen einhergehen können, etwa einer Schizophrenie.

Darum reden wir mit uns selbst

👨‍🔬 Der US-Psychologe Thomas Brinthaupt von der Middle Tennessee State University forscht seit vielen Jahren zum Thema Selbstgespräche. In seiner "Self-Talk-Skala" hat er vier Gründe formuliert, warum wir mit uns selbst reden.

🤓 Um uns zu organisieren (Self-Management), also um Gedanken zu strukturieren und Handlungen zu planen. Beispiel: "So, als nächstes kommt diese Schraube da rein."

💪 Um uns zu motivieren (Self-Reinforcement). Viele Sportler reden sich selbst gut zu, um Höchstleistungen zu erreichen. Das klappt aber auch im Alltag. Beispiel: "Nur noch diese Mail, dann Feierabend!"

🧑‍🤝‍🧑 Um soziale Situationen durchzuspielen (Social Assessment). Hilft unter anderem, sich auf schwierige Gespräche vorzubereiten. Beispiel: "Wenn er X sagt, antworte ich Y."

😡 Um Kritik zu üben (Self-Criticism). Dabei stehen Vorwürfe und Negativsätze im Vordergrund. Beispiel: "War klar, dass ich das wieder vergessen würde!"

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Sind Selbstgespräche normal? Das sagt ein Psychologe

👨‍🔬 Wir haben Werner Dopfer gefragt, Diplom-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut aus München. Übrigens: Wir erklären dir, was der Unterschied zwischen Psychologe, Psychotherapeut und Psychiater ist.

Sprechen alle Menschen mit sich selbst?

🗨 Das ist vermutlich so. Wir Menschen sind hochkognitive Wesen. Das heißt, wir haben ständig Gedanken in uns, die wir unter Umständen auch äußern. Selbstgespräche sind also ganz normal.

Müssen wir dafür allein sein?

🗨 Meiner Erfahrung nach führen Menschen, die viel allein sind, etwas häufiger laute Selbstgespräche. Denn dass wir den Austausch, den Dialog suchen, das ist in uns Menschen angelegt.

Was bringen uns Gespräche mit uns selbst?

🗨 Sie sind eine Orientierungshilfe und begleiten unser Tun. Man sagt sich zum Beispiel, was man tut, warum ich man es tut oder was man zu tun gedenkt. Daher sind Selbstgespräche oft eine Form von positiver Selbstinstruktion.

Spielt es eine Rolle, ob man Selbstgespräche laut führt oder still im Kopf?

🗨 Nicht per se, beides sind Selbstgespräche. Ausgesprochen wirken sie jedoch intensiver, weil man sich selbst noch einmal auditiv wahrnimmt. Das hat einen verstärkenden Effekt. Manche Menschen machen sich das übrigens zunutze, etwa im Sport.

Warum finden wir Selbstgespräche bei anderen seltsam?

🗨 Ich denke, das liegt nicht an den Selbstgesprächen an sich, sondern daran, dass wir uns mit bestimmten Inhalten schwertun. Diese Menschen sagen vielleicht Dinge, die wir selbst anders sehen, und das erscheint uns dann verschroben.

Können Selbstgespräche auch schaden?

🗨 Problematisch wird es, wenn die Selbstinstruktionen kritischer Natur sind, wenn ich wiederkehrende negative Gedanken habe. Das kann beispielsweise zwanghaft werden und psychisch belasten. Etwa: Ich muss noch kontrollieren, ob ich den Ofen abgedreht habe. Habe ich den Ofen jetzt abgedreht? Ich muss nochmal schauen.

Wann sind Selbstgespräche ein Hinweis auf eine psychische Erkrankung?

🗨 Es gibt psychotische Erkrankungen wie etwa eine Schizophrenie, bei denen Selbstgespräche pathologischen Charakter haben. Aber da sind wir in einer ganz anderen Dimension. Betroffene sprechen dann mit jemandem, von dem sie glauben, dass er tatsächlich existiert. In ihrer Wahrnehmung kommt die Stimme nicht von innen, sondern von außen.

Wie Selbstgespräche klingen können

"So geht's nicht, Hasi!" In diesem berühmten Video motiviert sich Tennis-Legende Tommy Haas durch ein Selbstgespräch.

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Darum sind Selbstgespräche gut für dich

💡 Sie helfen beim Lösen von Aufgaben. Bei einem Experiment der Unis Bamberg und Wien sollten Testpersonen einen Fahrradständer aufbauen. Wer dabei mit sich selbst sprach, arbeitete konzentrierter und strukturierter.

🤾 Sie steigern deine sportliche Leistung. Studien zufolge wirken Selbstgespräche motivierend, verbessern die Koordination und verleihen mehr mentale Stärke für den Wettkampf.

🧐 Sie lassen dich schneller finden, was du suchst. Etwa im Supermarkt: Sagst du laut "Salz", entsteht ein Bild vor dem inneren Auge. Dadurch entdeckst du die Salzpackung leichter im Regal.

🛠 Sie erleichtern das Multitasking. Laut den Forschern Michael Emerson und Akira Miyake von der University of Colorado in Boulder unterstützen dich Selbstgespräche dabei, mehrere gleichzeitig anfallende Aufgaben schnell abzuarbeiten.

🧘 Sie sorgen für mehr Achtsamkeit. Wer positive Botschaften an sich selbst richtet, begegnet auch seiner Umwelt gelassener, ergab eine aktuelle Untersuchung von Thomas Brinthaupt und Jocelyn Grzybowski.

🧠 Sie unterstützen das Gedächtnis. Weil Selbstgespräche Einsamkeit entgegenwirken und dabei dieselben Gehirnregionen aktiv sind wie bei Gesprächen mit anderen Menschen, könnten sie vielleicht sogar Demenz entgegenwirken.

📈 Der positive Effekt von Selbstgesprächen ist übrigens größer, wenn wir in der dritten Person über uns selbst sprechen. Das zeigte sich bei Experimenten an der Universität von Michigan. Also nicht: "Ich schaffe das!" sagen, sondern "[eigener Name] schafft das!"

Fun Fact: Selbstgespräche sind nicht strafbar

Dir sind im Gespräch mit dir selbst sensible Informationen herausgerutscht? Keine Sorge: Selbstgespräche dürfen nicht abgehört werden und sind auch als Beweis vor Gericht nicht zulässig. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

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Die häufigsten Fragen zum Thema Selbstgespräche

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