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Die Wahl ohne Wahl

AfD-Abgeordnete waren als "Demokratie-Experten" zur Russland-Wahl eingeladen

  • Veröffentlicht: 20.03.2024
  • 14:32 Uhr
  • Stefan Kendzia
Zur Wiederwahl Putins waren drei AfD-Landtagsabgeordnete als "Wahlbeobachter" eingeladen. Sie zeigten sich begeistert von Organisation und Ablauf.
Zur Wiederwahl Putins waren drei AfD-Landtagsabgeordnete als "Wahlbeobachter" eingeladen. Sie zeigten sich begeistert von Organisation und Ablauf.© Alexander Zemlianichenko/AP/dpa

Die OSZE war zur inszenierten Wiederwahl des russischen Präsidenten Putin nicht zugelassen - dagegen aber drei Landtagsabgeordnete der in weiten Teilen rechtsextremistischen AfD. Der Bürgerrat hatte die Vertreter der Partei als "Demokratie-Experten" eingeladen.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Russland hat zur inszenierten Putin-Wahl drei AfD-Landtagsabgeordnete als "Wahlbeobachter" eingeladen.

  • Die drei Landtagsabgeordneten sollen laut deren Erklärungen von Ablauf und Organisation der Wahl positiv beeindruckt gewesen sein.

  • Die Geladenen hätten als westliche Beobachter den demokratischen Charakter der Wahl bestätigt, so Gerhard Mangott, Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck.

Wie erwartet ist Wladimir Putin für weitere sechs Jahre mit mehr als 87 Prozent der Stimmen als Präsident bestätigt worden. Wie die "Tagesschau" berichtete, seien sich westliche Staaten einig, dass die Wahl in Russland weder frei noch fair gewesen seien. Das sehen Andreas Jurca, Elena Roon und Ulrich Singer von der AfD völlig anders.

Im Video: Tausende protestieren bei Präsidentschaftswahlen gegen Putin

AfD "Wahlbeobachter" schwärmen von der Russland-Wahl

Auch wenn die AfD-Vorsitzende im Bayerischen Landtag, Katrin Ebner-Steiner, die Einladung und Reise der Abgeordneten nach Russland verurteilt - "Die Fraktion lehnt diese Reise ausdrücklich ab" - Andreas Jurca, Elena Roon und Ulrich Singer sind dennoch dem Ruf Putins als "Wahlbeobachter" gefolgt. Wie Jurca der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, seien sie als "specialists on electoral procedures" eingeladen worden. In dieser Funktion sollten die drei Landtagsabgeordneten die Organisation und den Ablauf der Wahlen in der Russischen Föderation bewerten. Kriterien dabei waren unter anderem: Sind die Wahllokale barrierefrei erreichbar, stehen Leseschablonen für Blinde in den Wahllokalen zur Verfügung oder tragen Bürger oder lokale Wahlbeobachter Beschwerden an sie heran. Ebner-Steiner pocht darauf, dass es sich dabei um eine persönliche Einladung an drei einzelne Abgeordnete gehandelt hätte. Diese seien "nicht als Repräsentanten der Fraktion" gereist.

Viel interessanter als Ebner-Steiners Hinweis waren dann doch die Beobachtungen der drei Eingeladenen. Andreas Jurca hatte laut "Tagesschau" sogar Kritik vorzubringen. Zum Beispiel, was die Transparenz der Wahl angeht: Diese sei "meiner Meinung nach eher zu viel", so Jurca. Im Vergleich mit dem Heimatland: "Also das wäre jetzt in Deutschland unüblich." Elena Roon gerät sogar ins Schwärmen, als sie von ihrem Auftrag als Wahlhelferin berichtet. Die Wahlurnen seien "vollkommen durchsichtig" und barrierefrei. "Die Organisation war sehr gut", stellt sie fest. "Es gab sogar Auftritte, es gab sogar Essen und Trinken, alles gut versorgt, damit die Wählerschaften sich tatsächlich gut und motiviert fühlen."

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AfD-Landtagsabgeordnete nicht mehr als "gefällige Parlamentarier aus dem rechten Milieu"

Experten vermuten hinter diesem Angebot allerdings völlig anders. Gerhard Mangott, Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck: "Es geht darum, die Wahlbeteiligung höher zu machen, aber nicht aus einer demokratischen Ambition heraus, sondern um überhaupt Menschen zu mobilisieren, zu Wahlen zu gehen, von denen viele nicht glauben, dass sie frei und fair sind." Mangott geht sogar noch weiter. Die Landtagsabgeordneten hätten mit ihrem Besuch und ihren Erklärungen alles erfüllt, was die russische Führung sich gewünscht hätte: Denn die Damen und Herren hätten als westliche Beobachter den demokratischen Charakter der Wahl bestätigt. Sie waren laut Mangott nicht mehr als "gefällige Parlamentarier aus dem rechten Milieu".

Durchaus unangenehme Schlagzeilen für den AfD-Bundesvorstand. Denn dieser hatte von der Reise "dingend" abgeraten. Wahrscheinlich mit gutem Grund. Denn wie die "Süddeutsche" über ein internes Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz berichtet, könnte der AfD die Einstufung in "gesichert rechtsextremistisch" drohen. Im Gutachten selbst soll auch das "Verhältnis zu Russland" dabei eine Rolle spielen. Könnte das ein Grund dafür sein, warum Bernd Baumann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion davon spricht, dass Russland "keine Demokratie nach westlichen Maßstäben" sei?

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Tagesschau: "Statisten in Putins Inszenierung?"
  • Tagesschau: "Eine Wahl ohne Wahl"
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