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UEFA EURO 2024

Aufschrei nach EM-Spiel der Türkei: Was ist der Wolfsgruß?

  • Veröffentlicht: 03.07.2024
  • 17:16 Uhr
  • Emre Bölükbasi

Mit zwei Toren köpfte der türkische Fußballer Merih Demiral seine Nationalmannschaft ins Viertelfinale der UEFA EURO 2024. Eine umstrittene Geste überschattet aber den Sieg seines Teams. Was hat es mit dem Wolfsgruß auf sich?

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Die türkischen Fußballfans sind in Ekstase - und das zurecht: Mit einem 2:1-Sieg in einer spannenden Partie gegen eine starke österreichische Nationalmannschaft hat sich das türkische Team am Mittwoch (2. Juli) ins Viertelfinale der UEFA EURO 2024 gekämpft. Und das zum ersten Mal seit 16 Jahren.

Während unter türkischen Fans die Euphorie groß ist, entflammt in Deutschland eine neue Debatte, ausgelöst durch den sogenannten Wolfsgruß: Der türkische Verteidiger Merih Demiral traf gegen die Österreicher gleich zweimal und feierte seinen Erfolg mit dieser Geste. Die Fotos gingen im Netz viral.

Die Folge: Die Europäische Fußball-Union UEFA leitete ein Untersuchungsverfahren gegen den 26-Jährigen ein - er könnte womöglich für die Partie gegen die Niederlande gesperrt werden. Dazu kommt: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und weitere deutsche Politiker:innen zeigen sich empört über den Torjubel.

Warum gibt es aber diesen Aufschrei - und was bedeutet der Wolfsgruß genau? Im Folgenden die wichtigsten Fakten zur umstrittenen Geste.

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:newstime

Der Wolfsgruß - eine verbreitete Geste in der Türkei

Der Wolf gilt in der Türkei als das Pendant zum deutschen Adler. In der türkischen Mythologie genießen Wölfe einen besonders hohen Stellenwert, was vornehmlich auf eine Legende zurückzuführen ist: Eine Wölfin soll den letzten Überlebenden eines türkischen Stammes in Asien nach einer herben Niederlage in einer Schlacht großgezogen haben - und von diesem Jungen sollen die Turkvölker abstammen. Dass diese mythologischen Überlieferungen in der Türkei schon seit langem eine große Bedeutung haben, zeigt die 5-Lira-Note aus dem Jahr 1927, auf dem die als "Asena" bekannte Wölfin zu sehen ist.

Die Wölfin "Asena" hat in der türkischen Mythologie eine besondere Bedeutung.
Die Wölfin "Asena" hat in der türkischen Mythologie eine besondere Bedeutung.© Wikimedia Commons

Auch der sogenannte Wolfsgruß wurde von dieser mythologischen Überlieferung inspiriert und gilt in der Türkei parteiübergreifend als ein Symbol der türkischen Nationalist:innen. Obwohl die Geste besonders in der ultranationalistischen Partei MHP, der Bündnispartnerin der AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan, beliebt ist, ist sie für andere Parteien kein Tabu: Sogar Kemal Kilicdaroglu, der von 2010 bis 2023 Parteichef der sozialdemokratischen CHP war und als stärkster Widersacher Erdogans galt, posierte bei öffentlichen Auftritten mehrmals mit dem Wolfsgruß. 

Viele Türk:innen assoziieren den Wolf und entsprechend auch den Wolfsgruß deshalb mit ihrer Geschichte und Herkunft. Auch Demiral verwies nach dem Spiel auf seine "türkische Identität", als er gefragt wurde, warum er die Geste gezeigt habe. Der Gruß sei "ganz normal". "Ich habe auch Zuschauer gesehen, die die Geste auf der Tribüne gemacht haben", fügte er hinzu. Es stecke "natürlich keine Botschaft oder etwas anderes dahinter".

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Wolfsgruß ein rechtsextremes Symbol in Deutschland

Während in der Türkei der Wolfsgruß nicht spezifisch als ein rechtsextremistischer Gruß wahrgenommen wird, gilt die Geste in Deutschland eindeutig als ein Symbol der "Ülkücü"-Bewegung ("Idealisten"-Bewegung).

Die nationalistische Partei MHP wird vom Verfassungsschutz als die "Urorganisation" dieser Bewegung bezeichnet, die laut dem Bundesverfassungsschutzbericht 2023 "eine extrem nationalistische bis rechtsextremistische Ideologie" hat.

Der Bericht hebt auch zwei Symbole hervor, die zu den bekanntesten Erkennungszeichen der Bewegung gehörten: der "Graue Wolf" und der Wolfsgruß. Aus ebenjenem Grund gilt in Deutschland der Jubel Demirals als äußerst umstritten. Laut dem Verfassungsschutz hatte die "Ülkücü"-Bewegung zuletzt rund 12.500 Anhänger:innen in Deutschland.

Im Video: Mesut Özil trägt offenbar Tattoo der rechtsextremen "Grauen Wölfe"

Auch Bundesinnenministerin Faeser wies nach der Partie auf die besondere Bedeutung der Geste innerhalb rechtsextremer Kreise hin. "Unsere Sicherheitsbehörden haben türkische Rechtsextremisten in Deutschland fest im Blick. Die 'Grauen Wölfe' stehen unter der Beobachtung des Bundesamts für Verfassungsschutz", schrieb sie auf X.

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Blumenthaler: "In der Türkei stellt das keinen Skandal mehr dar"

Im Interview mit :newstime wies auch Lorenz Blumenthaler von der Amadeu-Antonio-Stiftung auf die unterschiedliche Wahrnehmung der Geste in Deutschland und in der Türkei hin. "In der Türkei ist der Wolfsgruß natürlich weitaus gebräuchlicher", sagte er. 

Dass sich selbst Präsident Erdogan immer wieder beim Zeigen der Geste ablichten lasse, sende ein Signal "an alle Anhänger:innen der 'Grauen Wölfe'" - auch über die Landesgrenzen hinaus. "Das Problem ist: In der Türkei stellt das keinen Skandal mehr dar", erklärte der Experte. Dort seien die Positionen der "Grauen Wölfe" so weit vertreten, dass es keinen Widerspruch gegen die Geste gebe.

"Das heißt aber nicht, dass so etwas in Deutschland auch ein Zustand ist, der hinzunehmen ist", so Blumenthaler. "In Deutschland sollte man ein Verbot zumindest diskutieren", forderte er.

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Darum ist der Gruß in Deutschland nicht verboten

In Österreich ist das Zeigen des Wolfsgrußes in der Öffentlichkeit verboten. Seit 2018 droht denjenigen, die die Geste zeigen, eine Geldstrafe.

In Deutschland hingegen nicht. Trotz der Verbreitung der Geste in rechtsextremen Kreisen kommt der Verfassungsschutz zum Schluss: "Doch auch wenn das Zeigen des Wolfsgrußes ein Bekenntnis zur 'Ülkücü'-Ideologie ist, muss nicht jeder Verwender dieses Grußes ein türkischer Rechtsextremist sein".

  • Verwendete Quellen:
  • Bundesamt für Verfassungsschutz: Türkischer Rechtsextremismus
  • Bundesinnenministerium: Verfassungsschutzbericht 2023
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