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Lockerungen zu spät

"Bei Kindern zu streng gewesen": Lauterbach räumt Fehler bei Corona-Politik ein

  • Veröffentlicht: 08.03.2024
  • 12:15 Uhr
  • Anne Funk
Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat Fehler hinsichtlich der Corona-Pandemie eingeräumt.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat Fehler hinsichtlich der Corona-Pandemie eingeräumt.© Ann-Marie Utz/dpa

Bildungsdefizite seien zu wenig vermieden worden, psychotherapeutische Unterstützung habe es kaum gegeben: Der Gesundheitsminister zeigt sich selbstkritisch.

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Schulausfälle über Wochen, lange Lockdowns und Kontaktverbot: Die Zeit der Corona-Pandemie, die vor vier Jahren begann, brachte zahlreiche Einschränkungen mit sich, insbesondere für Kinder waren diese schwer zu verstehen und teilweise auch zu verkraften. Dass die Maßnahmen in Teilen nicht angemessen waren und Fehler gemacht wurden, räumt nun Karl Lauterbach (SPD) ein, Gesundheitsminister seit Ende 2021. 

"Der größte Fehler war, dass wir bei den Kindern zum Teil zu streng gewesen sind und mit den Lockerungsmaßnahmen wahrscheinlich etwas zu spät angefangen haben", sagte der Bundesgesundheitsminister dem "Spiegel". "Wir hätten mehr tun müssen, um Bildungsdefizite zu vermeiden, um das Bildungsangebot in den Schulen aufrechtzuerhalten."

Im Video: Lauterbach will Gesundheitswesen für "militärische Konflikte" rüsten

Auch habe man die Zeit nicht genutzt, um die "katastrophale Digitalisierung" in den Schulen zu verbessern. "Wir haben den Kindern parallel zu wenig geboten, wir haben sie zu wenig psychotherapeutisch betreut. Wir haben Warnsignale übersehen", sagte er.

Deutschland sei aber unterm Strich "sehr gut" durch die Pandemie gekommen, betont Lauterbach, besonders gemessen daran, dass die Bevölkerung relativ alt sei. "Jeder hat auch Fehler gemacht, aber unsere Gesamtbilanz ist gut." Technisch sei Deutschland heute viel besser auf die nächste Pandemie vorbereitet.

"Wir können zu jedem Zeitpunkt viel schneller als vorher international und auch in Deutschland Impfstoffe entwickeln und produzieren. Wir haben sehr viel mehr Schutzmaterial zur Verfügung und sind unabhängiger von Lieferketten."

Ausgangssperre ohne Wirkung

Als Gesellschaft sei Deutschland dagegen schlechter vorbereitet. Es gebe "eine massiv mobilisierte Untergruppe", die stark mit den AfD-Wähler:innen überlappe, Infektionsschutzmaßnahmen ablehne und gegen Impfungen sei: "Sie würde jede künftige Pandemie politisch in der Bewältigung erschweren", sagt Lauterbach.

Der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) äußerte sich ebenfalls gegenüber dem "Spiegel" zur Politik in der Pandemie: "Wir haben Entscheidungen getroffen, denen ich heute nicht mehr zustimmen würde. Zum Beispiel die nächtliche Ausgangssperre, die kaum Wirkung auf die Unterbrechung der Infektionsketten hatte."

Dagegen habe man viel zu lange mit strengen Maßnahmen in Krankenhäusern und Pflegeheimen gewartet. Dabei seien die "ja Brutstätten für das Virus" gewesen. Seehofer: "Die Lehre für mich ist: Mit Forderungen nach einer Zwangsimpfung muss man sehr vorsichtig sein, die konnte ja nicht einmal für die Pflegeheime und Krankenhäuser in Bayern umgesetzt werden." Heute seien hingegen in einem nicht zu vernachlässigenden Umfang Impfschäden bekannt. "Insofern kann ich die damaligen Widerstände aus heutiger Sicht verstehen", sagt Seehofer.

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Der damalige Kanzleramtschef der schwarz-roten Bundesregierung, Helge Braun (CDU), erklärte, die Regierung habe anfangs die Wirkmächtigkeit der Impfstoffe zu hoch eingeschätzt. Gestützt auf einen ersten Bericht des Robert-Koch-Instituts sei man davon ausgegangen, dass Geimpfte auch vor Ansteckungen sicher seien.

"Wir haben das Impfen als eine Lösung für den Ausstieg aus der Pandemie beworben und eine Erwartung geschürt, die wir am Ende nicht erfüllen konnten", sagte Braun. Später sei klar geworden, dass die Impfung höchstens vor schweren Verläufen schütze, nicht aber die Infektionsketten durchbreche. Heute sei deshalb seine Sorge, dass sich in der Gesellschaft eine Impfmüdigkeit breitmache, obwohl das Impfen noch immer die beste Prävention für viele Krankheiten sei, so Braun.

Im Video: Gesundheitsminister Lauterbach verliebt - Das ist seine neue Freundin

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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