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Experten warnen:

Deutsche Wirtschaft vor langer Schwächephase

  • Aktualisiert: 29.01.2023
  • 11:57 Uhr
  • Julian Ragauskas
Das Luftbild zeigt zahlreiche Container auf dem Gelände eines Containerterminals im Hamburger Hafen.
Das Luftbild zeigt zahlreiche Container auf dem Gelände eines Containerterminals im Hamburger Hafen.© Daniel Reinhardt/dpa

Der deutschen Wirtschaft steht nach Einschätzung prominenter Ökonomen eine jahrelange Phase schwachen Wachstums bevor. Denn die Bundesrepublik habe in den vergangenen 20 Jahren vier große wirtschaftspolitische Fehler begangen.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die deutsche Wirtschaft wurde durch die Corona-Pandemie, Inflation und den Ukraine-Krieg in eine Krise gestürzt.

  • Doch auch ohne diese Schocks prognostizieren Wirtschaftsinstitute ein schwächeres Wachstum für Deutschland.

  • Gründe seien laut den Experten vor allem eigene Versäumnisse in den vergangenen Jahren.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen und das Ifo-Institut in München gehen übereinstimmend davon aus, dass die jährlichen Wachstumsraten mittelfristig unter einem Prozent liegen werden - und damit sehr viel niedriger als im Schnitt der vergangenen dreißig Jahre.

Deutschland trifft Schuld: Versäumnisse in der Vergangenheit

"Das Wirtschaftswachstum in Deutschland dürfte in diesem Jahrzehnt deutlich schwächer ausfallen als in den vermeintlich wirtschaftlich erfolgreichen 2010er Jahren", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. "Die Abschwächung des Wirtschaftspotenzials Deutschlands geht auf eigene Versäumnisse zurück und hat wenig mit dem Krieg in der Ukraine oder der Corona-Pandemie zu tun."

Das Potenzialwachstum für die deutsche Wirtschaft dürfte ihm zufolge in diesem Jahrzehnt auf unter 1,0 Prozent sinken. Das sei vor allem dem Rückgang der Beschäftigung durch Demographie und Fachkräftemangel geschuldet, sagte Fratzscher. 

Wenn die verschlafene Transformation zu einer Deindustrialisierung führen sollte, dann könnte das Wachstumspotenzial noch stärker sinken.

DIW-Präsident Marcel Fratzscher

Deutschland habe in den vergangenen 20 Jahren vier große wirtschaftspolitische Fehler begangen. Als größtes Versagen kritisierte der DIW-Präsident die "bisher gescheiterte ökologische Transformation, die dazu geführt hat, dass Deutschland viel zu abhängig von fossilen und sehr teuren Energieimporten ist und die technologische Transformation zu nachhaltigen und innovativen Technologien verschlafen hat."

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Bürokratie und demografischer Wandel belasten zusätzlich

Der zweite Fehler seien überbordende Bürokratie und Besitzstandswahrung, die private Investitionen behinderten. "Der dritte Fehler ist das staatliche Investitionsdefizit, das dazu geführt hat, dass der deutsche Staat seit langer Zeit von seiner Substanz lebt." Fratzscher nannte verschlechtertes Bildungssystem und inadäquate Infrastruktur. Das Fachkräfteproblem als vierte Schwäche wird sich nach Fratzschers Einschätzung in den kommenden Jahren deutlich verschärfen und für zahlreiche Unternehmen eine existenzielle Bedrohung darstellen.

Am IfW Kiel meint Vizepräsident Stefan Kooths: "Wir hatten in den vergangenen dreißig Jahren eine jährliche Wachstumsrate von 1,4 Prozent im Mittel." Die mittelfristige Projektion des IfW weist bis 2027 einen Rückgang auf unter 0,7 Prozent aus.

"Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange", sagte Kooths. "Das heißt: Was wir in den vergangenen Jahrzehnten gewohnt waren, wird innerhalb relativ kurzer Zeit auf ein Drittel schrumpfen. Der Grund dafür ist die demografische Entwicklung." Eine alte Gesellschaft sei typischerweise weniger in der Lage, neue Technologien zu adaptieren. "Das könnte nochmal einen Abschlag auf die Produktivitätsentwicklung bedeuten."

Zudem wird die Umstellung auf eine klimaneutrale Energieversorgung die Unternehmen nach Kooths' Erwartung große Summen kosten. Von daher sei selbst die deutliche Revision bei den Wachstumszahlen "eher eine Schätzung am oberen Rand". Deutschland laufe zudem "in erhebliche Verteilungskonflikte hinein, weil die Babyboomergeneration in Rente geht", sagte Kooths.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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