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Greenpeace schlägt Alarm

Hunger und Dürre: Kachowka-Katastrophe hat dramatische Folgen für die Umwelt

  • Veröffentlicht: 07.06.2023
  • 17:02 Uhr
  • Lena Glöckner

Der Angriff auf den Kachowka-Staudamm in der Ukraine stellt eine neue Dimension des Krieges dar. Die Folgen bedrohen nicht nur Menschen, sondern auch die Umwelt langfristig. Expert:innen schlagen Alarm.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Explosion am Kachowka-Staudamm hat schlimme Folgen für die Umwelt.

  • Die Welternährungsorganisation warnt vor verheerenden Konsequenzen für hungernde Menschen weltweit.

  • Greenpeace sieht unweigerliche Auswirkungen auf die Wasserversorgung von Millionen von Menschen und die Landwirtschaft.

Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms steigt die Sorge um Umwelt und Natur. Der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal wirft Russland einen "Ökozid" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vor. Russland habe "eine der schlimmsten Umweltkatastrophen der vergangenen Jahrzehnte ausgelöst", sagte Schmyhal am Mittwoch (7. Juni) per Videoschalte aus der Ukraine bei einem Ministertreffen der OECD in Paris.

In Dutzenden Dörfern und Städten seien Probleme mit der Trinkwasserversorgung und bei der Bewässerung der Felder zu befürchten, sagte er. "Dies bedroht die globale Ernährungssicherheit." Der ukrainische Außenminister Dymtro Kuleba twitterte am Dienstag (6. Juni), sein Land stehe "vor einer großen humanitären und ökologischen Krise". So sei etwa das für die Landwirtschaft im Süden der Ukraine wichtige Bewässerungssystem betroffen.

Verzehr von Fischen kategorisch verboten

Die Ukraine warnt nun vor einer Ausbreitung von Krankheiten und Seuchen in der überfluteten Region Cherson. Durch das Hochwasser können in der südlichen Region Chemikalien und Krankheitserreger in Brunnen und Gewässer gelangen, wie das ukrainische Gesundheitsministerium am Mittwoch auf Facebook mitteilte. Expert:innen des Ministeriums seien bereits vor Ort im Einsatz, um Wasserproben zu analysieren, hieß es weiter. Außerdem sollten regionale Vorräte an Antibiotika aufgestockt werden, um mehr Menschen bei Darminfekten behandeln zu können.

In den kommenden drei bis fünf Tagen werde der Wasserstand wieder sinken, was voraussichtlich zum Massen-Fischsterben führen werde, teilte die ukrainische Behörde außerdem mit. Der Verzehr von Fischen sei deshalb nun kategorisch verboten, um das Risiko von Botulismus - einer lebensbedrohlichen Nervenvergiftung - zu minimieren.

NATO-Chef Jens Stoltenberg verurteilt den Angriff ebenfalls. "Die Zerstörung des Kachowka-Damms gefährdet heute Tausende von Zivilisten und verursacht schwere Umweltschäden. Es ist ein ungeheuerlicher Akt, der einmal mehr die Brutalität des russischen Krieges in der Ukraine demonstriert", so Stoltenberg bei einem Treffen mit NATO-Verbündeten.

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Weltweite Hunger-Katastrophe droht

Die Welternährungsorganisation (WFP) warnt nun auch vor verheerenden Konsequenzen für hungernde Menschen weltweit. "Die massiven Überflutungen vernichten neu angepflanztes Getreide und damit auch die Hoffnung für 345 Millionen Hungerleidende auf der ganzen Welt, für die das Getreide aus der Ukraine lebensrettend ist", sagte der Leiter des Berliner WFP-Büros Martin Frick der Deutschen Presse-Agentur.

Das ukrainische Agrarministerium rechnet ersten Schätzungen zufolge mit der Überschwemmung von etwa 10.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche am nördlichen Ufer des Dnipro in der Region Cherson. Am südlichen Ufer, im russisch besetzten Gebiet, werde ein Vielfaches dieser Fläche überflutet, teilte das Ministerium auf seiner Webseite mit. Frick betonte: "Die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel befinden sich nach wie vor auf einem 10-Jahreshoch." Die Zerstörung des Staudamms dürfe keine weiteren Preisexplosionen nach sich ziehen. "Noch mehr Leid können wir uns nicht leisten."

Greenpeace zeigt sich alarmiert wegen Saporischschja-Kühlung

Auch Greenpeace warnt vor enormen Umweltschäden durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms. "Aufgrund des Ausmaßes der Katastrophe wird es in den kommenden Sommermonaten und darüber hinaus unweigerlich zu Auswirkungen auf die Wasserversorgung von Millionen von Menschen und die Landwirtschaft kommen", erklärte die Umweltschutzorganisation am Mittwoch in Hamburg. "Zu den größten Umweltbedrohungen gehören giftige und andere Schadstoffe, schwere Schäden an empfindlichen Ökosystemen, Nationalparks und am Biosphärenreservat Schwarzes Meer."

Der Greenpeace-Atomexperte Shaun Burnie zeigte sich auch alarmiert wegen möglicher Folgen für das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja. Sinke der Wasserspiegel des Stausees zu sehr ab, könne das AKW-eigene Kühlbecken nicht mehr direkt nachgefüllt werden, sondern nur noch mit Pumpen aus anderen Quellen. "Damit wäre aber eine Situation erreicht, die außerhalb der Sicherheitsparameter für das Kraftwerk liegt", sagte Burnie. Zudem bestehe das Risiko, dass mit dem weiteren Sinken des Pegels auch das Wasser im Kühlbecken verloren gehe.

Das russische Militär müsse die Besetzung des Atomkraftwerks sofort beenden und es dem ukrainischen Personal ermöglichen, die notwendigen Maßnahmen ohne jegliche Einmischung zu ergreifen.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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