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Russische Propaganda

Militärblogger werden für Putin zum Problem

  • Veröffentlicht: 24.11.2022
  • 17:15 Uhr
  • Anne Funk
Russische Propaganda-Blogger:innen könnten für Wladimir Putin zum Problem werden.
Russische Propaganda-Blogger:innen könnten für Wladimir Putin zum Problem werden.© AP/dpa

Sie sollen den Krieg mit Propaganda am Laufen halten, doch immer öfter üben Militärblogger:innen in Russland auch Kritik. Bisher hatte Putin stets seine schützende Hand über die mit vielen Freiheiten ausgestattete Community gehalten. Doch wird das so bleiben?

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Das Wichtigste in Kürze

  • Mehr als 500 Militärblogger:innen verbreiten russische Propaganda.

  • Sie begleiten Soldaten an die Front und berichten darüber in den sozialen Medien.

  • Immer öfter wird allerdings auch Kritik an der Art der russischen Kriegsführung geübt.

Anastasia Kaschewarowa folgen über 200.000 Personen auf Telegram. Sie ist Militärbloggerin und verbreitet Propaganda über und für ihre Heimat Russland. Damit soll sie den Krieg in der Ukraine am Laufen halten.

Kaschewarowa ist kein Einzelfall. Laut des US-Thinktanks Institute for the Study of War (ISW) besteht die Community aus über 500 Militärblogger:innen, unabhängige Autor:innen, die sich als "maßgebliche Stimmen zum russischen Krieg" etabliert haben. Sie gelten als laute Befürworter von Präsident Wladimir Putin - und damit des Krieges gegen die Ukraine.

Das ISW schätzt den Einfluss der Militärblogger-Community stärker als den des russischen Verteidigungsministeriums ein. Obwohl Putin in ganz Russland Unterdrückung und Zensur verschärft hat, schützte er bisher stets die Unabhängigkeit der Blogger:innen.

Nicht nur Propaganda, auch Kritik

Wie das ZDF berichtet, bekommen die Militärblogger:innen im Gegensatz zu vielen klassischen Journalisten Zugang zu Frontlinien. Sie begleiten Soldaten ins Gefecht und berichten anschließend per Video in den sozialen Medien. Nach der Analyse des ISW nehme die Community inzwischen eine quasi offizielle, aber dennoch unabhängige Position ein. Dass der Kreml die Militärblogger-Gemeinschaft toleriere, beurteilt das ISW als "erstaunlich".

Kreml-Propaganda ist ihr Metier, doch immer öfter kommt nun auch Kritik aus den Reihen der Blogger:innen. Kritik an Putin und der Regierung - sie werden zum Propaganda-Risiko. So hetzte Kaschewarowa gegen das Militär: Man solle manche Kommandeure erschießen, skandierte sie. "Meine Herren, Sie haben kein moralisches Recht ihre Ränge und Abzeichen zu tragen."

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Freiheit dürfte bald eingeschränkt werden

Auch der Blogger Semyon Pegov, bekannt unter dem Namen "WarGonzo", kritisierte offen das russische Militär, nachdem es sich aus der Region Cherson zurückgezogen hatte. Man müsse "bestrafen, wer für die aktuellen Mängel verantwortlich ist und verstehen, wo Verrat und kriminelle Fahrlässigkeit stattgefunden haben". "Das ist eine dunkle Stunde in der Geschichte der russischen Armee", so der Blogger, der auf Telegram über 1,3 Millionen Follower hat. Pegov übt Kritik an der Art, wie der Krieg geführt wird - den Krieg selbst hinterfragt er allerdings nicht.

Dass die Blogger:innen relativ frei über den Krieg berichten dürfen, könnte allerdings bald vorbei sein. Laut ZDF tritt am 1. Dezember ein Erlass des russischen Geheimdienstes in Kraft. Dieser stelle die Verbreitung von bestimmten Informationen über die sogenannte "Spezialoperation", also den Angriff auf die Ukraine, unter Strafe. Zu diesen Informationen zählen unter anderem die Moral der Truppen sowie deren Ausrüstungsstand. Anastasia Kaschewarowa fühlt sich dadurch in ihrer Freiheit beschnitten. "Ich verstehe nicht, wie die Militärkorrespondenten jetzt noch arbeiten sollen." Sie wolle trotzdem nicht leise sein, wenn es um Fehler gehe. "Denn diese Untätigkeit hat dazu geführt, dass unsere Jungs von den ukrainischen Kreaturen erschossen werden." Bestraft worden sei dafür bisher aber niemand.

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