Migration
Nach Assad-Sturz: Nur wenige Syrer kehren zurück
- Aktualisiert: 07.09.2025
- 08:04 Uhr
- dpa
Rund 955.000 Syrer leben in Deutschland. Dass ein Großteil von ihnen bald in die alte Heimat zurückkehrt, ist unwahrscheinlich.
Die Zahl der syrischen Flüchtlinge, die nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad aus Deutschland in die alte Heimat zurückkehrt, steigt langsam an. Sie ist aber noch relativ gering, was auch mit Sicherheitsrisiken und der stark zerstörten Infrastruktur nach dem Bürgerkrieg zusammenhängt, wie Hilfsorganisationen berichten.
Wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Bundesinnenministerium erfuhr, waren bis Ende August 1.867 Menschen mit Förderung vom Bund nach Syrien ausgereist. Bis Ende Mai hatten erst 804 Geflüchtete mit Herkunftsland Syrien diese Unterstützung in Anspruch genommen.
Förderung für eine Rückkehr nach Syrien gibt es aber auch über Landesprogramme. Hinzu kommen freiwillige Ausreisen von Menschen, die keine staatliche Förderung in Anspruch nehmen.
Im Libanon und der Türkei wächst der Druck auf die Flüchtlinge
Seit dem Sturz des Langzeitmachthabers Assad in der Nacht zum 8. Dezember sind vor allem aus Nachbarländern Syriens Flüchtlinge zurückgekehrt: aus der Türkei, dem Libanon, aus Jordanien und Irak. Vor allem Familien täten sich mit dieser Entscheidung oft schwer, berichtet das Vorstandsmitglied der Hilfsorganisation World Vision Deutschland, Janine Lietmeyer. Sie hat Syrien im August besucht und sagt, die relative Normalität in der Innenstadt der Hauptstadt Damaskus stehe in starkem Kontrast zu den großen Problemen in anderen Landesteilen, die es Rückkehrer:innen erschwerten, in ihren Heimatorten wieder Fuß zu fassen.
Strom und Schulunterricht gibt es vielerorts kaum
Für die Rückkehrer:innen stellten sich neben der in einigen Regionen immer noch schwierigen Sicherheitslage grundsätzliche Fragen wie: "Gibt es eine funktionierende Schule? Wie viele Stunden am Tag habe ich Strom? Gibt es überhaupt Wohnmöglichkeiten?" Denn in einigen einstigen Rebellenhochburgen seien praktisch alle Häuser zerstört, sagt Lietmeyer. Restmunition mache den Aufenthalt in diesen Gebieten gefährlich.
Ende Juli lebten laut Ausländerzentralregister (AZR) knapp 955.000 syrische Staatsangehörige in Deutschland, etwa 20.000 weniger als zu Beginn des Jahres. Das bedeutet allerdings nicht, dass Syrer:innen in großer Zahl das Land verlassen. Das Statistische Bundesamt registrierte in den ersten fünf Monaten dieses Jahres lediglich 1.562 Ausreisen in Richtung Syrien. Allerdings meldet sich nicht jeder ab, der ausreist, was zu Verzögerungen bei der Aktualisierung der AZR-Daten führt.
Mehr als 83.000 Syrer erhielten 2024 den deutschen Pass
Zudem fallen jeden Monat syrische Staatsbürger aus der Ausländerstatistik heraus, weil sie Deutsche geworden sind. Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesinnenministerium 83.150 vormals syrische Staatsangehörige in Deutschland eingebürgert. Für dieses Jahr liegen entsprechende Daten bisher nicht vor. Jedoch erfüllen viele der Flüchtlinge, die 2015 oder 2016 gekommen waren, inzwischen die Kriterien für die Einbürgerung - von der Sicherung des eigenen Lebensunterhalts bis zu deutschen Sprachkenntnissen.
Gleichzeitig kommen weiterhin Syrer:innen nach Deutschland, um einen Asylantrag zu stellen. 17.650 Menschen aus Syrien beantragten beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zwischen Anfang Januar und Ende August Asyl. Entschieden wird über Anträge syrischer Staatsbürger jedoch seit dem Machtwechsel im Dezember in der Regel nicht - abgesehen von wenigen Ausnahmen und Fällen, in denen geklärt wird, ob ein anderes europäisches Land für das Verfahren zuständig ist. Begründet wird dies damit, dass die Lage in Syrien nach wie vor starken Veränderungen unterworfen sei. Dieser Aufschub hat dazu geführt, dass sich bei der Behörde inzwischen 53.187 Verfahren von Menschen aus Syrien angesammelt haben, bei denen die Entscheidung noch aussteht.