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"Spitze des Eisbergs"

Neue Zahlen zu Missbrauch in evangelischer Kirche: 1.259 Beschuldigte

  • Veröffentlicht: 25.01.2024
  • 13:00 Uhr
  • Lena Glöckner
Detlev Zander, Mitglied im Beirat des Forschungsverbundes und Sprecher der Betroffenenvertretung im Beteiligungsforum der EKD, zeigt das Ergebnis einer Studie zum Missbrauch in der evangelischen Kirche.
Detlev Zander, Mitglied im Beirat des Forschungsverbundes und Sprecher der Betroffenenvertretung im Beteiligungsforum der EKD, zeigt das Ergebnis einer Studie zum Missbrauch in der evangelischen Kirche. © Julian Stratenschulte/dpa

Bei Missbrauch in der Kirche ging es bisher in erster Linie um Katholiken - das ist vorbei: Erstmals legen Wissenschaftler eine Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche vor. Das Ergebnis ist deutlich.

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Eine Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Diakonie hat für die vergangenen Jahrzehnte mindestens 1.259 Beschuldigte dokumentiert. Die am Donnerstag (25. Januar) in Hannover vorgestellte Untersuchung unabhängiger Wissenschaftler spricht von der "Spitze des Eisbergs". Die ermittelten Fallzahlen von 2.225 Betroffenen basieren auf Akten der Landeskirchen und der Diakonie, außerdem flossen den Landeskirchen und diakonischen Werken bekannte Fälle ein. Die Wissenschaftler kommen auf Grundlage ihrer Methode auf eine geschätzte Gesamtzahl von 3.497 Beschuldigten.

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Die EKD hatte die Studie 2020 initiiert. Ziel war, evangelische Strukturen zu analysieren, die Gewalt und Machtmissbrauch begünstigen. Die Wissenschaftler konnten nicht die Personalakten aller Pfarrer und Diakone auswerten, sondern in erster Linie Disziplinarakten. Die Studie wurde mit 3,6 Millionen Euro finanziert. Als Dachorganisation von 20 Landeskirchen vertritt die EKD bundesweit 19,2 Millionen evangelische Christ:innen.

Auch Heimerzieher mitinbegriffen

Betroffene sexualisierter Gewalt können bislang einen Antrag auf individuelle, freiwillige Leistungen stellen. Diese orientieren sich laut EKD an Schmerzensgeldzahlungen und liegen in der Regel zwischen 5.000 und 50.000 Euro. Bis Ende 2022 hatten die Landeskirchen der EKD 858 Anträge auf derartige Anerkennungsleistungen gemeldet.

Die Fallzahlen sind nicht direkt vergleichbar mit den Ergebnissen einer Studie zu sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche, die 2018 veröffentlicht wurde. Nach der Auswertung von fast 40.000 Personalakten aus der Zeit zwischen 1945 und 2014 wurden 1670 katholische Priester und Diakone beschuldigt, denen 3.677 Kinder und Jugendliche als Betroffene zugeordnet werden konnten. Damals betonten die Wissenschaftler, dass die Zahl "eine untere Schätzgröße" sei.

Die Forum-Studie nahm alle Beschäftigten im evangelischen Leben in den Blick, auch Heimerzieher, Kirchenmusiker oder ehrenamtliche Jugendleiter. Erwartet wird, dass sich weitere Betroffene melden.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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