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Millionenentschädigung an Autorin

Presseschau zu Trumps Niederlage: "Seine seltsame Waffe: schlechte Nachrichten"

  • Veröffentlicht: 10.05.2023
  • 14:08 Uhr
  • Lena Glöckner
Seine Niederlage vor Gericht scheint Trump zu nutzen, schreiben internationale Medien.
Seine Niederlage vor Gericht scheint Trump zu nutzen, schreiben internationale Medien.© REUTERS

Wegen eines sexuellen Übergriffs muss Donald Trump eine Millionenentschädigung zahlen. Was überall sonst eine politische Karriere zerschlagen würde, heizt in den USA den Wahlkampf noch mehr an - sagt die Weltpresse.

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Die US-Autorin E. Jean Carrol hat Donald Trump vorgeworfen, sie in den 1990ern in einem New Yorker Kaufhaus vergewaltigt zu haben. So weit ging eine New Yorker Jury in einem Zivilprozess zwar nicht - der Ex-US-Präsident wurde am Dienstag (9. Mai)  lediglich des sexuellen Missbrauches schuldig gesprochen. Die Entscheidung versetzt dem einstigen US-Präsidenten aber einen herben Schlag. Oder nützt sie ihm sogar? Das sagt die internationale Presse.

USA

Washington Post: "Trump hat einen fairen Prozess erhalten. Die gemischte Entscheidung nach dreistündiger Beratung unterstreicht, dass es die Geschworenen nicht auf ihn abgesehen hatten. (...) Weil es sich um ein Zivilverfahren handelte, brauchte die Jury nur feststellen, dass Carrolls Behauptungen durch eine überwiegende Beweislast gestützt wurden. In einem Strafprozess hätten die Ankläger sie zweifelsfrei beweisen müssen - ein höherer Standard. Der Standard bei einer Wahl indes ist völlig anders, dennoch haben die Ergebnisse des Urteils den Wählern überzeugende neue Beweise geliefert, die es zu berücksichtigen gilt."

Im Video: Trump zu Millionenstrafe verurteilt - Ex-US-Präsident will in Berufung gehen

CNN: "Die ersten Reaktionen (...) gaben keinen Anlass zur Annahme, dass Donald Trumps Position als Spitzenkandidat für die Republikaner-Nominierung unmittelbar gefährdet ist. Einige seiner Kritiker in der Partei warfen jedoch Fragen zu seiner Eignung für das Amt auf, die mit Sicherheit im Mittelpunkt der nächsten Wahlen stehen werden, sollte er wirklich der republikanische Kandidat sein. (...) Das einstimmige Urteil könnte seine Anfälligkeit bei wichtigen Wählergruppen, einschließlich Frauen, noch verstärken - bei denen die Republikaner ohnehin zulegen müssen, um das Weiße Haus zurückzuerobern."

Politico: "Dennoch sollten wir uns auch auf die Möglichkeit einstellen, dass das Urteil die Präferenzen der Wähler nicht wesentlich verändern wird. Das mag eine entmutigende Aussicht sein, aber bisher scheinen seine Anhänger nicht sonderlich besorgt über seine vielen rechtlichen Probleme zu sein, und viele von ihnen werden wahrscheinlich viel von Trumps Dementis oder dem Jury-Ablehnen von Carrolls Vergewaltigungsbehauptung abhängig machen, obwohl sexuelle Übergriffe ohne Geschlechtsverkehr schon an sich schrecklich genug sind."

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Deutschland und Europa

Süddeutsche Zeitung: "So absurd die Frage klingt, so berechtigt ist sie: Könnte es für Donald Trump sogar nützlich sein, dass er nun vor einem Gericht in New York wegen sexuellen Missbrauchs und Verleumdung zu Schadensersatzzahlungen in Höhe von fünf Millionen Dollar verurteilt worden ist? Könnte es sein, dass seine Unterstützer sämtliche Vorwürfe gegen ihn ohnehin für politisch motiviert halten und sich daher umso geschlossener hinter ihn stellen? Seit Trump Anfang des vergangenen Monats in New York wegen Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin angeklagt wurde, klingeln bei ihm die Kassen. Dutzende Millionen Dollar an Wahlkampfspenden hat er seither eingenommen, weil seine Anhänger offenbar denken: jetzt erst recht. In den jüngsten Umfragen steht er so gut da wie lange nicht mehr."

E. Jean Carroll nach ihrem Sieg vor Gericht.
E. Jean Carroll nach ihrem Sieg vor Gericht.© REUTERS

Spiegel: "Dieses Urteil, das eine Gerichtsdienerin eine Viertelstunde später verliest, brandmarkt Donald Trump zum ersten Mal überhaupt als gerichtlich verbrieften Sextäter. (...) Es beendet den Mythos, dass Trump unantastbar ist. Doch ob dieses in der US-Geschichte beispiellose Urteil Trumps Chancen im Präsidentschaftswahlkampf beeinträchtigt, ist eine ganz andere Frage. Er ist und bleibt der Favorit der Republikaner."

The Guardian: "Auch in den Medien findet man keine Erwartungen, dass Trump am Ende ist. Wie Todesfälle im Straßenverkehr und in geringerem Ausmaß auch Todesfälle durch Schusswaffen ist seine ständige Skandalisierung zur Normalität geworden, und seine eigentümliche, unheimliche Fähigkeit, Kontroversen zu überstehen, die andere Politiker zu Fall bringen würden, gilt inzwischen als selbstverständlich. Am Montag wies die Website Axios darauf hin: 'Trumps seltsame Waffe: schlechte Nachrichten'."

La Repubblica: "Die Republikaner brauchen Frauen und gemäßigte Wähler, die den ehemaligen Präsidenten auch 2016 gewählt haben, aber vor einer zweiten Amtszeit zurückschrecken. 61 % der Amerikaner denken, dass ein verurteilter Sexualstraftäter nicht Präsident sein kann."

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