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Streit um Finanzhilfe

Vor Flüchtlingsgipfel: Länder werfen Bund falsche Zahlen bei Zuschüssen vor

  • Aktualisiert: 09.05.2023
  • 07:21 Uhr
  • Nelly Grassinger

Kurz vor dem Flüchtlingsgipfel verschärft sich der Ton zwischen Bund und Ländern: Das Kanzleramt würde sich arm rechnen und zu wenig finanzieren, kritisieren die Länder.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Kurz vor dem Flüchtlingsgipfel kommt von den Ländern Kritik am Bund.

  • Die Ministerpräsident:innen werfen dem Kanzleramt in einem internen Papier falsche Berechnungen vor.

  • Die Hilfen seien in den vergangenen Jahren trotz steigender Zahlen Geflüchteter zurückgefahren worden.

Die 16 Regierungschefs der Länder treffen sich am Mittwoch (10. Mai) mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Flüchtlingsgipfel. Die Länder wollen bei der Unterbringung Geflüchteter mehr Geld vom Bund. Der argumentiert jedoch, der Bundeshaushalt müsse Milliardendefizite schultern, während die Länder und Kommunen Überschüsse verzeichnen würden.

Der Bund habe seine Hilfen in den vergangenen Jahren trotz steigender Flüchtlingszahlen sogar zurückgefahren, heißt es hingegen in dem 15-seitigen Papier der Finanzministerkonferenz, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Es war vom niedersächsischen Vorsitz des Ministerpräsidentenkonferenz an die anderen 15 Länder versandt worden.

Länder: Nicht an Haushaltsproblemen schuld

Die Argumentation, dass der Bund über einen immer geringeren Anteil der Steuereinnahmen verfügt, wird bestritten. "Nach der Abgrenzung der amtlichen Statistik betrug im Jahr 2021 der Anteil des Bundes am Steueraufkommen 41,2 Prozent, während der Länderanteil bei 40,5 Prozent liegt", heißt es in dem Papier. "Bei allem Verständnis für Unannehmlichkeiten der Finanzpolitik in Zeiten enger werdender finanzieller Spielräume muss der Bund endlich anfangen, seine Haushaltsprobleme in den eigenen Ausgabenpositionen zu lösen und keine Scheindebatte führen, die Länder seien an seinen Haushaltsproblemen schuld."

Die Bundesregierung lehnt ihrerseits eine von den Ländern geforderte Erhöhung der Zuweisungen mit dem Argument ab, dass laut Grundgesetz Länder und Kommunen zuständig seien und der Bund in den vergangenen Jahren freiwillig Leistungen übernommen habe, die sich im Jahr 2023 über verschiedene Töpfe ohnehin schon auf 15,6 Milliarden Euro belaufen würden.

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Länder fordern Rückkehr zu Fallpauschale 

Während der Bund darauf verweist, dass die Zahl der Asylbewerber:innen jetzt etwa auf dem Niveau von 2014 liege - also bevor der Bund massiv in finanziellen Hilfen eingestiegen sei -, wird in dem neuen Länder-Papier anders argumentiert: 2022 habe es zwar mit 244.000 Asylanträgen (Erst- und Folgeanträge) eine geringere Zahl als in den Jahren 2015/16 gegeben. Sie sei aber deutlich höher als in allen anderen Jahren. Zudem wird auf die Dynamik verwiesen: Die Zahl der Asylanträge (ohne Ukraine-Kriegsflüchtlinge) seit 2022 bereits mehr als 20 Prozent höher als 2014 gewesen sei und in den ersten drei Monaten 2023 nochmals 80 Prozent höher als vor Jahresfrist.

In dem Papier wird die Darstellung des Bundes sogar rundweg bestritten: "Der bisherige Höhepunkt von Bundesleistungen an die Länder im Rahmen der Flüchtlingsfinanzierung lag im Jahr 2016 bei 9,1 Milliarden Euro. Im Jahr 2023 gibt der Bund an Länder fluchtbedingte Leistungen von insgesamt 2,75 Milliarden Euro. Im Jahr 2024 fällt der Betrag auf 1,25 Milliarden Euro und bleibt nach geltendem Recht unverändert auf diesem Niveau."

Die Länder fordern vom Bund unter anderem eine Rückkehr zu einer Fallpauschale pro Asylbewerber:in. Statt der früheren Pauschale von 670 Euro monatlich wollen sie aber nun einen Betrag von ca. 1.000 Euro pro Geflüchteten, heißt es in dem Papier.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur Reuters
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