Klimaterroristen, Pushback und Co.: Wer über das Unwort des Jahres entscheidet
- Veröffentlicht: 10.01.2023
- 15:45 Uhr
- Carina Neumann-Mahlkau
Eine Jury aus Sprach-Fachleuten gibt jährlich das Unwort des Jahres bekannt. Mit der unrühmlichen Ehrung soll die Öffentlichkeit aufmerksamer für unangebrachten Sprachgebrauch werden. Wer zur Jury gehört und wie die Expert:innen ihre Auswahlen begründen.
Das Wichtigste zum Unwort des Jahres
Eine unabhängige Fach-Jury wählt auf der Grundlage von online eingesendeten Vorschlägen das Unwort des Jahres aus.
Ziel der sprachkritischen Aktion ist es, mehr öffentliches Bewusstsein für respektlosen Sprachgebrauch zu schaffen.
Das Unwort des Jahres 2022 ist "Klimaterroristen". Zu den Unwörtern der Vorjahre zählen unter anderem "Pushback" "Corona-Diktatur" und "Alternative Fakten".
Wer steckt hinter dem Unwort des Jahres?
Der Erfinder des jährlich gekürten Unworts ist der Sprachwissenschaftler Horst Dieter Schlosser. Er rief die sprachkritische Aktion 1991 ins Leben.
Schlosser war bis 2010 der Vorsitzende und Sprecher der Jury. Von 2011 bis 2020 übernahm die Linguistin Nina Janich diesen Posten.
Wer ist heute Teil der Unwort-Jury?
Seit dem Jahr 2021 ist die sprachwissenschaftliche Kollegin Constanze Spieß die Sprecherin der Jury.
Komplettiert wird das unabhängige, sechsköpfige Gremium von den weiteren Linguist:innen Kristin Kuck, David Römer und Martin Reisigl, der Journalistin Katharina Kütemeyer sowie einem jährlich wechselnden sprachinteressierten Mitglied.
Unwörter der letzten Jahre und deren Begründungen
Warum küren die Fachleute das Unwort des Jahres?
☝ Die Jury möchte mit der sprachkritischen Auszeichnung auf unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen.
🤝 Die Sprach-Fachleute erarbeiten das Unwort des Jahres ehrenamtlich und aus der Überzeugung, dass Sprachkritik wichtig für eine Gesellschaft ist.
❌ Dabei geht es nicht darum, als eine vermeintliche "Sprachpolizei" die deutsche Sprache vor "falschem" Sprachgebrauch zu schützen.
🧐 Vielmehr ist es das Ziel, ein öffentliches Bewusstsein für eine vernebelnde oder beleidigende Verwendung von Sprache zu schaffen.
🛑 Denn herabwürdigende Ausdrücke sind nicht von allein Unwörter, sondern erst ein unangemessener Gebrauch macht sie dazu.
Das Verfahren zum Unwort des Jahres
Alle Interessenten können ganzjährig Vorschläge zum Unwort des Jahres online einreichen. Wichtig sind eine kurze Begründung und Quellenangaben.
Die Jury diskutiert die eingesendeten Vorschläge nach inhaltlichen Kriterien und ist dabei institutionell unabhängig. Das bedeutet, weder Universitäten noch Vereine oder Verlage beeinflussen die Entscheidung der Sprach-Fachleute. In der ersten Januarhälfte des Folgejahres gibt die Jury den unrühmlichen Gewinner im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt.
Kriterien bei der Wahl zum Unwort des Jahres
❗ Der sprachkritischen Jury geht es um Ausdrücke in der öffentlichen Kommunikation, die "gegen sachliche Angemessenheit oder Humanität verstoßen". Derartige Unwörter erfüllen mehrere inhaltliche Bedingungen. Sie …
1️⃣ … verletzen die Menschenwürde.
2️⃣ … widersprechen demokratischen Prinzipien.
3️⃣ … diskriminieren oder stigmatisieren Gesellschaftsgruppen.
4️⃣ … verschleiern Sachverhalte.
❗ Keine Rolle spielt hingegen die Anzahl der Befürworter:innen eines vorgeschlagenen Ausdrucks.
Die häufigsten Fragen zu Unwort des Jahres
Das aktuelle Unwort des Jahres 2022 lautet "Klimaterroristen".
2021 lautete das Unwort des Jahres "Pushback". Das Wort bezieht sich auf die Diskussion um die Einwanderung an europäischen Außengrenzen.
Eine sechsköpfige Jury aus Sprachwissenschaftler:innen, Jornalist:innen und einem wechselndem Mitglied bestimmt das Unwort des Jahres. Den Vorsitz hat die Gender-Linguistin Constanze Spieß.
Das erste Unwort des Jahres lautete "Ausländerfrei". Der fremdenfeindliche Ausdruck geht auf rassistische Ausschreitungen in diesem Zeitraum zurück.