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Nach massiver Kritik

"Business as usual keine Option": Scholz erklärt seine China-Reise

  • Veröffentlicht: 03.11.2022
  • 14:16 Uhr
  • glö
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© dpa

Bringt die Kanzler-Reise nach Peking eine Zeitenwende in der China-Politik? Wenige Stunden vor seiner Abreise gibt er eine Antwort.

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Das Wichtigste in Kürze:

  • Nach massiver Kritik erklärt der Bundeskanzler seine China-Reise in einem Gastbeitrag.
  • Er begründete seinen Aufbruch mit einer deutlichen Veränderung im Land, auf die man reagieren müsse.
  • Er kündigte an, auch "schwierige Themen" nicht ausklammern zu wollen.

23 Stunden im Flieger für elf Stunden Peking. Der China-Besuch von Olaf Scholz ist so kurz wie keine Kanzler-Reise dorthin zuvor. Dafür ist die internationale Aufmerksamkeit umso größer. Nach massiver Kritik begründete er nun in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" seine Reise.

Scholz erklärte seine Entscheidung mit den Ergebnissen des Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas vor zwei Wochen. Die Bekenntnisse zum Marxismus-Leninismus hätten dabei deutlich breiteren Raum eingenommen als bisher und das Streben nach Stabilität des kommunistischen Systems und nationaler Autonomie sei gestärkt worden. "Das China von heute ist nicht mehr dasselbe wie noch vor fünf oder zehn Jahren", schrieb der Bundeskanzler. "Eins ist klar: Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern." "Business as usual" sei keine Option mehr.

Bundeskanzler bricht zu elfstündigem Besuch auf

Der Kanzler bricht am Donnerstag (3. November) zu einem nur elfstündigen Besuch in Peking auf. Dort wird er Präsident Xi Jinping treffen - als erster westlicher Regierungschef seit dessen Wiederwahl zum Parteichef. Xi hatte dabei auch die Führungsriege neu aufgestellt und damit seine Macht gefestigt.

Während die USA schon seit längerer Zeit einen harten Kurs gegenüber der autoritären Regierung in Peking verfolgen, hatte das wirtschaftlich stark mit China verflochtene Deutschland unter Angela Merkel (CDU) auf Pragmatismus und Kooperation gesetzt. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, eine neue China-Strategie zu entwickeln. "Wir wollen und müssen unsere Beziehungen mit China in den Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität gestalten", heißt es darin.

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Scholz will "schwierige Themen" nicht ausklammern

In dem "FAZ"-Beitrag formuliert Scholz nun erstmals aus, was er sich unter einer neuen China-Strategie vorstellt. Er ist zwar gegen eine wirtschaftliche Entkopplung. Einseitige Abhängigkeiten müssten aber abgebaut werden. "Wo riskante Abhängigkeiten entstanden sind – etwa bei wichtigen Rohstoffen, manchen seltenen Erden oder bestimmten Zukunftstechnologien –, stellen unsere Unternehmen ihre Lieferketten nun zu Recht breiter auf. Wir unterstützen sie dabei, zum Beispiel durch neue Rohstoff-Partnerschaften", schreibt er.

Scholz kündigte an, bei seinen Gesprächen mit der chinesischen Führung "schwierige Themen" nicht ausklammern zu wollen. "Hierzu zählt die Achtung bürgerlicher und politischer Freiheitsrechte sowie der Rechte ethnischer Minderheiten etwa in der Provinz Xinjiang." Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen wirft der chinesischen Führung Unterdrückung der überwiegend muslimischen Uiguren in Xinjiang vor. Die Regierung in Peking weist die Vorwürfe zurück. 

Kanzler erhofft sich Druck auf Moskau aus China

Beunruhigt äußerte sich Scholz mit Blick auf die angespannte Lage rund um Taiwan und warnte China indirekt vor einer Invasion. "Wie die USA und viele andere Staaten verfolgen wir eine Ein-China-Politik. Dazu gehört aber, dass eine Veränderung des Status quo nur friedlich und in gegenseitigem Einvernehmen erfolgen darf." China betrachtet das 23 Millionen Einwohner zählende Taiwan als Teil der Volksrepublik und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh entschieden ab. Taiwan hingegen sieht sich schon lange als unabhängig an. Xi hatte auf dem Parteitag erneut mit einer Eroberung der Insel gedroht.

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erhofft sich Scholz Druck Pekings auf Wladimir Putin. "Als ständigem Mitglied des Sicherheitsrates kommt China eine besondere Verantwortung zu. Klare Worte Pekings an die Adresse Moskaus sind wichtig – zur Wahrung der Charta der Vereinten Nationen und ihrer Prinzipien."

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Deutscher Alleingang? Scholz erklärt sich

Der Kanzler betonte, dass er sich mit den USA und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vor der Reise abgestimmt habe. "Wenn ich als deutscher Bundeskanzler nach Peking reise, dann tue ich das zugleich als Europäer", betonte er. "Nicht etwa um im Namen ganz Europas zu sprechen, das wäre falsch und vermessen. Sondern weil deutsche Chinapolitik nur eingebettet in eine europäische Chinapolitik erfolgreich sein kann." Scholz waren in der Energiekrise zuletzt von EU-Partnern Alleingänge vorgeworfen worden. Auch mit Blick auf die China-Reise war die Befürchtung laut geworden, er könne in Peking Tatsachen für den Rest der EU schaffen.

Scholz war zuletzt in der eigenen Koalition wegen seiner Haltung zu China unter Druck geraten. Die Beteiligung des chinesischen Staatsunternehmens Cosco an einem Terminal im Hamburger Hafen setzte er nur gegen den Widerstand mehrerer seiner Minister durch. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte ihn daraufhin an den Koalitionsvertrag erinnert.

Verwendete Quellen:

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