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Gestern Neonazi. Heute Buddhist.

Philip Schlaffer

  • Veröffentlicht: 09.09.2022
  • 15:35 Uhr
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© ProSieben / Willi Weber

Philip Schlaffer wurde 1978 im schleswig-holsteinischen Lübeck in gutbürgerliche Verhältnisse geboren. Jahre später soll er jedoch in Mecklenburg-Vorpommern zu einem der bekanntesten deutschen Neonazis werden. 

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Leistungsdruck als Auslöser für kriminelle Vergehen? 

Laut Philip Schlaffer herrscht in seiner Familie schon früh schulischer Leistungsdruck. Diesen Erziehungsbestandteil sieht der 42-Jährige heute als Mitgrund für sein Abrutschen in die rechtsradikale Szene. Aber von vorne!  

Philip ist 10 Jahre alt, als sein Vater aus beruflichen Gründen den Umzug in das englische Newcastle upon Tyne verkündet. Die ersten Wochen dort sind begleitet von Gefühlen wie Entwurzelung und Einsamkeit. Das Mobbing in der Schule kommt beschwerlich hinzu: "Nazi-Pig" ist Philips Spitzname. Der Begriff "Nazi" ist für ihn bis dahin ein Fremdwort, welches ihm seine Mutter erst einmal erklären muss. 

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Rückkehr nach Deutschland 

Mit der Zeit verbessert sich die Situation für Philip. Er lernt Englisch, schließt neue Freundschaften und seine schulischen Leistungen verbessern sich maßgeblich.  So weit so gut – bis die Auftragsarbeit seines Vaters 1991 beendet ist und die Familie zurück nach Deutschland zieht. Für Philip bricht eine Welt zusammen, mit Fluchtversuchen von zuhause kommt er nicht weit. Sein Leben in England ist zu Ende. Etwas, was Philip seinen Eltern lange Zeit nicht verzeihen kann.

Zurück in Deutschland fühlt es sich für Philip an wie ein Déjà-vu: Bei seinen damaligen Freunden findet er keinen Anschluss mehr und seine Schulnoten lassen zu wünschen übrig. Seinem Ärger macht er mit Gewalt Luft und es endet schließlich in seiner ersten Schul-Schlägerei, mit der er endlich "eine Duftmarke" setzen will: Respektiert mich! Erkennt mich an! Nicht mit mir! 

Beginn der Radikalisierung 

Durch die ersten Schlägereien auf der neuen Schule kommt Philip schnell mit Leuten in Kontakt, die ähnlich ticken wie er. In seinem neuen Umfeld soll er mit einer weiteren wesentlichen Ursache für seine spätere Radikalisierung in Berührung kommen: Rechtsrock. 

Es dauert nicht lange, bis Philip die Rechtsrock-Parolen so verinnerlicht, dass sich auch sein Style anpasst: Glatzen, Springerstiefel, Bomberjacken und eindeutig bedruckte Shirts sind Pflicht – ähnlich wie bei den Bandmitgliedern auf den CD-Covern. 

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Geschäftemacher und Rockerboss 

Wenig später wird Philip Schlaffer zum Gründer und Anführer der neonazistischen Kameradschaft "Werwolf Wismar" sowie Präsident des mittlerweile verbotenen Motorradclubs "Schwarze Schar". Zwischenzeitlich ist er auch Mitglied der NPD. Innerhalb der Szene ist er bald als "Geschäftemacher" umstritten und prägt über lange Jahre die Neonazi-Subkultur im Raum Wismar. Er gründet den Szeneladen "Werwolf-Shop" und ein Tattoostudio. Später weitet er seine Geschäfte auf das Rotlichtmilieu und den Drogenhandel aus. 2014 kommt Philip für seine Machenschaften als Rockerboss hinter Gitter: Wegen illegalen Drogenhandels wird er rechtskräftig zu einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt, die er in der JVA Stralsund verbüßt. Danach beschließt er, sein Leben von Grund auf zu ändern.  

180-Grad-Wende 

Heute ist der 42-Jährige Buddhist sowie Anti-Gewalt- und Deradikalisierungstrainer und hilft Jugendlichen beim Ausstieg aus der Szene. In deutschen Schulen gibt er Präventionsunterricht und Fortbildungen für Fachkräfte, um Rechtsextremismus entgegenzuwirken. Mit seinem Verein "Extremislos e.V." setzt er sich zudem aktiv gegen Rassismus, für Demokratie und Toleranz ein.

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Detlef Kowalewski

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