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Partei sieht sich mit Vorwürfen konfrontiert

AfD-Abgeordneter löst mit Talkshowauftritt in Russland Empörung aus

  • Aktualisiert: 03.02.2023
  • 22:10 Uhr
  • Lisa Apfel

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein AfD-Abgeordneter hat mit einem Auftritt in einer russischen Propaganda-Talkshow für Entrüstung gesorgt.

  • In der Talkshow machte er unter anderem den Medien im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg Vorwürfe.

  • Auch AfD-Co-Chef Tino Chrupalla zog in dieser Woche mit einer gemeinsamen Kranzniederlegung mit einem hochrangigen russischen Diplomaten Blicke auf sich.

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Die AfD sieht sich im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine abermals in der Kritik. Ein Abgeordneter der Partei trat nun in einer russischen Propaganda-Talkshow auf.

Russische Talkshow sorgt immer wieder für Kontroversen

Der Talkshow-Auftritt eines AfD-Bundestagsabgeordneten beim russischen Chefpropagandisten Wladimir Solowjow und eine gemeinsame Kranzniederlegung von AfD-Chef Tino Chrupalla mit dem russischen Botschafter am Jahrestag der Schlacht von Stalingrad haben nicht nur im Netz Diskussionen ausgelöst. Auch in der AfD selbst wird darüber debattiert. Kritiker warfen Chrupalla hinter vorgehaltener Hand vor, sich "dem russischen Aggressor anzubiedern".

Am Donnerstag (02.02.) hatte sich der Berliner Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré in der Talkshow von Solowjow zuschalten lassen, dieser verbreitete einen Mitschnitt später auch auf seinem Telegram-Kanal. Solowjow wird in seiner Sendung oft laut, beschimpft die deutsche Regierung, streut deutsche Wörter ein und imitiert dabei eine schroffe Nazi-Aussprache. Zuletzt hatte er Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) als "Miss Ribbentrop" bezeichnet. Joachim von Ribbentrop war deutscher Außenminister unter Adolf Hitler.

Im Ausland bliebe das wahrscheinlich vielen verborgen, würden nicht Journalist:innen, wie die Amerikanerin Julia Davis mit ihrem "Russian Media Monitor" oder der BBC-Journalist Francis Scarr regelmäßig Ausschnitte dieser Sendungen über Twitter verbreiten.

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Kontré sorgte schon mal mit Russland-Aussagen für Kritik

Kotré sagte im Gespräch mit Solowjow, dass die Mehrheit der Deutschen gegen die Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine sei, die Medien aber alles dafür tun würden, um das Volk gegen Russland und dessen Führung einzunehmen. Den Auftritt verteidigte er am Freitag bei Twitter: Er gebe jedem ein Interview und würde auch mit Außenministerin Baerbock sprechen, die Russland den Krieg erklärt habe. "Ich sage: trotz Krieg: Diplomatie und miteinander reden - alle Kanäle nutzen".

Der 51-Jährige hatte innerparteilich schon im Frühjahr Kritik auf sich gezogen, als er von einer "Mitschuld des Westens" am Krieg gegen die Ukraine sprach. Der stellvertretende AfD-Fraktionschef Norbert Kleinwächter hatte ihm "widerliche Putin-Propaganda" vorgeworfen.

Kubicki: Auftritt "spricht für sich"

"Wenn ein AfD-Abgeordneter den öffentlichen Schulterschluss mit dem Mann sucht, in dessen Sendung seit Wochen das Existenzrecht und Legitimität des deutschen Staates in Frage gestellt werden,
spricht das jedenfalls für sich", sagte der stellvertretende Bundestagspräsident und FDP-Vize Wolfgang Kubicki RTL/ntv.

AfD-Co-Chef Tino Chrupalla sagte der Sendergruppe, Kotré habe in der Sendung "seine persönliche Meinung zum Ausdruck" gebracht. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er auf die Frage, ob das Talkshow-Interview mit ihm oder Fraktion und Partei abgesprochen gewesen sei: "Jeder gewählte Abgeordnete entscheidet und verantwortet zu führende Interviews in erster Linie selbst."

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Auch Chrupalla fällt mit russischem Diplomaten-Treffen auf

Derweil zog Chrupalla selbst mit einer Aktion am selben Tag Kritik auf sich. Der AfD-Chef präsentierte sich am Donnerstag Seite an Seite mit Wladimir Putins hochrangigstem Diplomaten in Deutschland, Botschafter Sergej Netschajew. In der Gedenkstätte Seelower Höhen in der Nähe der polnischen Grenze in Brandenburg legten beide gemeinsam Kränze nieder. Chrupalla und auch die russische Botschaft verbreiteten das auf ihren Internetkanälen. Hintergrund war der 80. Jahrestag der Schlacht von Stalingrad.

Rund um Seelow etwa 50 Kilometer vor Berlin fanden im Frühjahr 1945 schwere Kämpfe zwischen deutschen und sowjetischen Soldaten statt. Laut Gedenkstätte war es die größte Schlacht des Zweiten Weltkrieges auf deutschem Boden mit mehr als 100 000 Toten unterschiedlicher Nationen.

Auf die Frage, wie er den Auftritt mit dem Botschafter vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine begründe, sagte Chrupalla der dpa: "Die leichtfertigen Äußerungen von Außenministerin Baerbock, wir befänden uns im Krieg, können und müssen eingeordnet werden. Wir müssen deeskalieren und diplomatisch die Hand reichen. Deutschland befindet sich nicht im Krieg mit Russland."

Auch parteiinterne Kritik

In Teilen der AfD - bei Vertretern aus dem Westen - stieß die Aktion auf Kritik. Offen äußerte diese am Freitag (03.02.) niemand, aber hinter vorgehaltener Hand: "Zielsicher trifft Chrupalla ins Schwarze, wenn es darum geht, Programm und Ausrichtung der AfD zu ignorieren, sich dem russischen Aggressor anzubiedern und dabei vor allem eins zu verraten: die Interessen unseres Landes und der Bürger, die uns gewählt haben", hieß es aus Parteikreisen. Chrupalla habe sich von der russischen Botschaft instrumentalisieren lassen.

Kubicki sagte mit Blick auf generelle Haltung der AfD zum Thema Russland, er habe in dieser Frage keinerlei Erwartung oder Hoffnung an die AfD-Führung. Die Partei sei nur "der billigen Fassade nach patriotisch".

  • Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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