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Wann beißen die Tiere zu?

Für Studie: Brasilianischer Forscher tritt 40.000-mal auf Giftschlangen

  • Aktualisiert: 21.05.2024
  • 17:16 Uhr
  • Lisa Apfel
Der brasilianische Biologe João Miguel Alves-Nunes tritt mit einem speziell gefertigten Schutzstiefel auf eine Schlange, um das Beißverhalten zu erforschen.
Der brasilianische Biologe João Miguel Alves-Nunes tritt mit einem speziell gefertigten Schutzstiefel auf eine Schlange, um das Beißverhalten zu erforschen.© João Miguel Alves-Nunes/dpa

Alles für die Wissenschaft: Das scheint das Motto des brasilianischen Biologen João Miguel Alves-Nunes gewesen zu sein. Für eine Studie hat er abertausende Male hochgiftige Jararaca-Lanzenottern getreten - und könnte damit Leben retten.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Forscher tritt in Brasilien Giftschlangen: Was sich erst mal nach einem lebensmüden Unterfangen anhört, ist eine wichtige Studie zum Beißverhalten der Tiere.

  • João Miguel Alves-Nunes vom Forschungszentrum Butantan in São Paulo hat mit einem speziell gefertigten Schutzstiefel über 40.000-mal Jararaca-Lanzenottern leicht getreten.

  • Die Forschungsergebnisse zeigen auf, welche Schlangen wann am ehesten zubeißen - wichtige Erkenntnisse sowohl für das Verhalten gegenüber den Tieren als auch für die Behandlung nach einem Schlangenbiss.

In die Nähe von Giftschlangen kommen wohl die wenigsten gern. João Miguel Alves-Nunes allerdings hat nicht nur freiwillig viel Zeit mit ihnen verbracht, sondern sich mit den Tieren auch absichtlich angelegt - für die Wissenschaft.

Mit Schutzstiefel gegen Giftschlangen

Der brasilianische Biologe vom Forschungszentrum Butantan in São Paulo hat mit einer ungewöhnlichen Methode das Beißverhalten giftiger Schlangen erforscht: Alves-Nunes hat mit einem speziell gefertigten Schutzstiefel über 40.000-mal Jararaca-Lanzenottern - die am weitesten verbreitete Giftschlangenart im Südosten Brasiliens - leicht getreten, wie er und sein Team in der Fachzeitschrift "Scientific Reports" berichten.

Auf die Schlangenart gehen die meisten Schlangenbisse in der Region und mit insgesamt etwa 20.000 Vergiftungen pro Jahr ein erheblicher Teil der Vorfälle im gesamten Land zurück. Eine wichtige Information vorweg: Verletzt wurden die Tiere bei den Versuchen nicht.

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Nicht ungefährlich: Forscher wurde bereits gebissen

Das Verhalten von Schlangen sei ein allgemein vernachlässigtes Forschungsgebiet, insbesondere in Brasilien, sagte Alves-Nunes dem Fachjournal "Science". In den meisten Studien werde nicht untersucht, welche Faktoren sie zum Beißen veranlassen. "Wenn man sich mit Malaria beschäftigt, kann man das Virus erforschen, das die Krankheit auslöst - aber wenn man nicht die Mücke untersucht, die sie überträgt, wird man das Problem nie lösen", sagte er. "Ich habe 116 Tiere getestet und bin 30-mal auf jedes Tier getreten." Während der mehrtägigen Testreihe sei er insgesamt 40.480-mal auf und neben die Schlangen getreten.

Die Lanzenottern (Bothrops jararaca) wurden jeweils einzeln zu verschiedenen Tageszeiten in eine etwa zwei Quadratmeter große Arena gesetzt. Nach einer 15-minütigen Gewöhnungsphase trat der Biologe mit dem Sicherheitsstiefel entweder direkt neben der Schlange auf oder sanft auf deren Kopf, Körpermitte oder Schwanz. Er habe sich zu 100 Prozent sicher gefühlt, keiner der Bisse habe die mit Schaumstoff überzogenen Stiefel durchdrungen. Nur bei einem Versuch mit einer Klapperschlange sei er gebissen worden. "Leider musste ich feststellen, dass ich sowohl gegen das Gegengift als auch gegen Schlangentoxine allergisch bin", sagte er. Deshalb musste er für längere Zeit ins Krankenhaus.

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Studien-Ergebnisse: Schlangen-Weibchen sind aggressiver

Das Ergebnis der Studie: Je kleiner eine Jararaca-Lanzenotter noch ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie beißt. "Hinzu kommt, dass die Weibchen aggressiver sind und eher zubeißen, vor allem, wenn sie jung sind, und tagsüber."

Die Studie zeige auch, dass Weibchen bei höheren Temperaturen eher zubissen, Männchen nachts allerdings seltener - sie bevorzugten dann mit ihrem gut aufgewärmten Körper die Flucht. Außerdem sei die Wahrscheinlichkeit eines Abwehrbisses viel höher, wenn man eine Schlange am Kopf berühre, als wenn man auf ihre Körpermitte oder den Schwanz trete.

Mit den Ergebnissen erhoffen sich die Forscher:innen eine bessere Verteilung von Gegengiften. Oft würden diese an größere Krankenhäuser geschickt, wofür manche Patient:innen weit anreisen müssten, da sie an Orten gebissen worden seien, an denen es kein Gegengift gebe. "Indem wir unsere Daten mit Daten aus anderen Studien über die Verbreitung von Schlangen kombinieren, können wir die Orte ermitteln, an denen die Tiere mit größerer Wahrscheinlichkeit aggressiv sind", erklärte Alves-Nunes. "So sollten beispielsweise wärmere Orte mit einem höheren Anteil an weiblichen Schlangen Priorität bei der Verteilung von Gegengift haben."

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  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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