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Anhörung vor Berufungsgericht

Was darf ein US-Präsident? Trump sieht sich bei Immunitätsfrage "unfair" behandelt

  • Aktualisiert: 11.01.2024
  • 09:29 Uhr
  • Anne Funk

Er habe "nichts falsch gemacht", so Trump, ein Präsident müsse volle Immunität genießen. Doch das Berufungsgericht, das genau darüber entscheiden muss, scheint das ein wenig anders zu sehen.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Nach der US-Wahl 2020 hatte Verlierer Trump seine Anhänger:innen aufgestachelt, das Kapitol zu stürmen.

  • Ein Berufungsgericht muss nun entscheiden, ob der Ex-Präsident damals Immunität genossen hatte.

  • Sollte dies der Fall sein, könnte Trump nicht auf Bundesebene strafrechtlich verfolgt werden.

Immunität in jedem Fall? Mit dieser Frage muss sich derzeit ein Berufungsgericht in der US-Hauptstadt Washington beschäftigen. Dabei geht es um den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der nach dem Sieg von Joe Biden Ende 2020 das Wahlergebnis öffentlich anzweifelte und seine Anhänger:innen anstachelte, das US-Kapitol zu stürmen. Das Urteil des Gerichts wird entscheiden, ob der 77-Jährige auf Bundesebene strafrechtlich verfolgt werden kann - oder ihn das Präsidentenamt vor der Strafverfolgung schützt.

Trump erscheint persönlich vor Gericht

Am Dienstag (9. Januar) begann nun die Anhörung vor dem Berufungsgericht, der Republikaner ließ sich höchstpersönlich dort sehen. Schon zuvor hatte er sich als Opfer der Justiz dargestellt, dieses Narrativ will Trump wohl mit seinem Auftritt vor Gericht stärken - denn Anwesenheitspflicht hat er nicht.

Seine Anwälte argumentierten, dass sein Vorgehen nach der Präsidentenwahl 2020 korrekt gewesen sei, es habe zu den offiziellen Pflichten als Präsident gezählt. Weiter behaupteten sie, dass es nur möglich sei, einen Präsidenten strafrechtlich zu verfolgen, wenn dieser zuvor in einem Amtsenthebungsverfahren schuldig gesprochen worden sei. Das ist bei Trump nicht der Fall.

Der US-Senat hatte Trump wenige Wochen nach der Erstürmung des Kapitols in einem Amtsenthebungsverfahren von der Verantwortung freigesprochen, da seine Republikaner mehrheitlich hinter ihm gestanden hatten. Doch selbst einige Parteikolleg:innen sagten damals, es sei Sache der Justiz und nicht des Kongresses, Trump zur Verantwortung zu ziehen.

Im Video: Trump verspricht nach Sieg Kapitolstürmer zu begnadigen

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Gericht gibt sich skeptisch

In der rund 75-minütigen Anhörung ließ das Berufungsgericht Skepsis an der Argumentation von Trumps Anwälten erkennen. Sonderermittler Jack Smith und sein Team forderten es auf, den Antrag des Ex-Präsidenten abzulehnen. "Der Präsident hat eine einzigartige verfassungsmäßige Rolle, aber er steht nicht über dem Gesetz", so Ermittler James Pearce. Auch gab die Staatsanwaltschaft zu bedenken, dass unbegrenzte strafrechtliche Immunität eines Präsidenten Tür und Tor öffnen würde für kriminelle Handlungen jeglicher Art. Nach dieser Logik könne ein Präsident zum Beispiel politische Gegner:innen töten, ohne belangt zu werden.

Ich habe nichts falsch gemacht.

Donald Trump, Ehemaliger Präsident der USA

"Ich habe nichts falsch gemacht", betonte Trump noch einmal nach der Anhörung. Als Präsident müsse man völlige Immunität genießen. Sollten die gegen ihn laufenden Strafverfolgungen weitergehen, käme es zu "Chaos im Land", warnte Trump laut "Tagesschau". Auch sei es "sehr unfair", wenn er als politischer Gegner von Präsident Joe Biden vom Justizministerium verfolgt werde, dies sei ein Versuch, auf "diese Weise" die Präsidentschaftswahl im November zu gewinnen.

Staatsanwälte "außer Kontrolle"

Auf Truth Social legte der Ex-Präsident dann noch mal nach: "Wenn man aus irgendeinem Grund zu dem Schluss käme, dass ein Präsident keine Immunität genießt, dann könnte der korrupte Joe Biden nach seinem Ausscheiden aus dem Amt angeklagt werden", so Trump. Ohne Immunität sei es für einen Präsidenten "sehr schwer, seine 'goldenen Jahre' im Ruhestand zu genießen", schrieb er in einem weiteren Post. "Sie würden von radikalen, außer Kontrolle geratenen Staatsanwälten belagert, ähnlich wie ich."

Das Berufungsgericht deutete nun an, dass man der Argumentation von Trumps Anwälten nicht folgen werde. "Ich denke, es ist paradox zu sagen, dass seine verfassungsmäßige Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Gesetze getreu ausgeführt werden, ihm erlaubt, gegen das Strafrecht zu verstoßen", zitierte der US-Sender CNN eine Richterin.

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:newstime

Von der Entscheidung des Berufungsgerichts hängt viel ab: Erstens steht und fällt damit die Anklage gegen Trump wegen versuchten Wahlbetrugs. Und auch auf den aktuellen Wahlkampf hat sie Auswirkungen. Die Vorwahlen für die Präsidentschaftswahl 2024 stehen kurz bevor, Trump will sich erneut zum Kandidaten der Republikaner küren lassen, in parteiinternen Umfragen führt der 77-Jährige mit Abstand. Bisher deutet alles auf eine Neuauflage des Wahlkampfs zwischen ihm und Amtsinhaber Joe Biden hin.

Trumps Verteidiger wollen wohl aber in jedem Fall erreichen, dass der eigentliche Prozess zumindest erst nach den Wahlen beginnt. Denn sollte der Republikaner dann wieder zum Präsidenten gewählt werden, könnte er das Justizministerium anweisen, die Strafverfolgung einzustellen. Oder gleich den Versuch starten, sich selbst zu begnadigen.

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  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Tagesschau: "Gericht sieht Trumps Immunitätsargument kritisch"
  • Truth Social: Donald J. Trump
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