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Demonstrant:innen wollten Schiff stürmen

Nach Fähren-Blockade von Wut-Bauern: Jetzt meldet sich Habeck zu Wort

  • Aktualisiert: 05.01.2024
  • 11:46 Uhr
  • Malika Baratov
Wütende Bauern und Bäuerinnen haben Vizekanzler Habeck in Schlüttsiel in Schleswig-Holstein am Verlassen einer Fähre gehindert.
Wütende Bauern und Bäuerinnen haben Vizekanzler Habeck in Schlüttsiel in Schleswig-Holstein am Verlassen einer Fähre gehindert.© Michael Kappeler/dpa

Wütende Bauern und Bäuerinnen haben Bundeswirtschaftsminister Habeck am Verlassen einer Fähre gehindert. Nun äußerte sich der Vizekanzler zu dem heiß umstrittenen Vorfall - und zeigte sich besorgt.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Bundesregierung reagierte auf die Bauernproteste, indem sie auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichtete.

  • Allerdings hält der Deutsche Bauernverband die Maßnahmen für unzureichend und plant weiterhin eine Aktionswoche gegen den geplanten Subventionsabbau.

  • Nun blockierten wütende Landwirte und Landwirtinnen den Fähranleger an der Nordseeküste, um Vizekanzler Robert Habeck am Verlassen einer Fähre zu hindern.

Nach der umstrittenen Blockade einer Fähre hat sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) besorgt über das Stimmungsbild in Deutschland geäußert. "Was mir Gedanken, ja Sorgen macht, ist, dass sich die Stimmung im Land so sehr aufheizt", sagte er laut einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vom Freitag (5. Januar). "Als Minister habe ich qua Amt Schutz der Polizei. Viele, viele andere müssen Angriffe allein abwehren, können ihre Verunsicherung nicht teilen", beklagte er.

Protestieren in Deutschland ist ein hohes Gut. Nötigung und Gewalt zerstören dieses Gut.

Robert Habeck, Wirtschaftsminister

Der Grünen-Politiker zeigte sich zwar offen für Proteste, kritisierte aber die Blockade. "Protestieren in Deutschland ist ein hohes Gut. Nötigung und Gewalt zerstören dieses Gut", fügte er hinzu. Dem müsse entgegengetreten werden.

Wütende Landwirt:innen hatten den Vizekanzler an der Nordseeküste beim Verlassen einer Fähre blockiert. Am Donnerstag (4. Januar) versperrten mehr als hundert Demonstrant:innen den Anleger in Schlüttsiel, berichtete ein Polizeisprecher. Habeck musste daher auf die Hallig Hooge zurückkehren. Es waren etwa 30 Polizist:innen im Einsatz, die auch auf Pfefferspray zurückgreifen mussten. Es gab jedoch keine Berichte über Verletzte.

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Bundesregierung: Habeck-Blockade durch Bauern beschämend

Die Bundesregierung hat diese Protestaktion als beschämend bezeichnet. "Bei allem Verständnis für eine lebendige Protestkultur: Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem egal sein", schrieb Regierungssprecher Steffen Hebestreit am frühen Freitagmorgen (5. Januar) auf der Plattform X, vormals Twitter. Die Blockade von Habecks Ankunft im Fährhafen Schüttsiel "ist beschämend und verstößt gegen die Regeln des demokratischen Miteinanders", hieß es.

Die Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, äußerte sich bestürzt über den Vorfall: "Es ist erschreckend, was dort passiert ist und empört mich zutiefst. Es ist eine völlige Grenzüberschreitung und ein Angriff auf die Privatsphäre von Robert Habeck", teilte sie mit. Ein solches Verhalten habe nichts mit friedlichem Protest in einer funktionierenden Demokratie zu tun. "Ein solches Handeln ist durch nichts zu rechtfertigen. Vom Bauernverband erwarte ich, dass er diese Angriffe in aller Schärfe verurteilt und sich von solchen Aktionen distanziert."

Im Video: Bauern-Proteste in Bayern: Ampel-Regierung will Pläne anpassen

Justizminister Marco Buschmann (FDP) äußerte sich auf der Plattform X: "Dass man auch mal wütend ist: geschenkt. Aber klar ist: Gewalt gegen Menschen oder Sachen hat in der politischen Auseinandersetzung nichts verloren! Das diskreditiert das Anliegen vieler Landwirte, die friedlich demonstrieren."

Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kommentierte auf X: "Dort, wo Worte durch Gepöbel und Argumente durch Gewalt ersetzt werden, ist eine demokratische Grenze überschritten." Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) erklärte auf X, dass ein zivilisierter Umgang miteinander und die Möglichkeit zur sachlichen Auseinandersetzung in der Gesellschaft von großer Bedeutung seien. "Ich messe da immer mit gleichem Maß, ob bei Klimaklebern oder bei den Bauern am Fährhafen: Gewalt und Nötigung sind verachtenswert und schaden auch dem Anliegen."

Der ehemalige CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak äußerte sich auf X, dass hier eine Grenze überschritten werde. "Wer die Ampel inhaltlich laut kritisiert, darf jetzt nicht schweigen. Das geht so nicht!"

Im Video: Robert Habeck fällt auf Fake-Anruf russischer Trolle herein

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Bauernverband hält Maßnahmen für unzureichend

Die Landwirt:innen sind aufgrund der geplanten Kürzungen von Subventionen durch die Ampel-Koalition empört. Am Donnerstag (4. Januar) reagierte die Bundesregierung auf die massiven Bauernproteste, indem sie auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichtete. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll gestreckt und in mehreren Schritten durchgeführt werden. Der Deutsche Bauernverband hält diese Maßnahmen jedoch für unzureichend und hält an der geplanten Aktionswoche ab Montag (8. Januar) fest.

Die jüngste Fähren-Blockade kritisierte der Verband jedoch. "Persönliche Angriffe, Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigung oder Gewalt gehen gar nicht", sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied am Freitag (5. Januar). Derartige Blockaden seien ein "No-Go".

Ministerium: Sicherheitslage ließ Gespräch nicht zu

Eine Sprecherin von Habeck erklärte am Abend zu dem Vorfall am Fähranleger gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), der Minister sei bereit gewesen, mit den Landwirt:innen zu sprechen. "Leider ließ die Sicherheitslage ein Gespräch mit allen Landwirten nicht zu, das von Minister Habeck gemachte Gesprächsangebot mit einzelnen Landwirten wurde leider nicht angenommen." Laut Polizei beruhigte sich die Situation schnell, nachdem die Fähre abgelegt hatte. Am Abend lagen keine Anzeigen vor, jedoch wurde die Möglichkeit von Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs in Betracht gezogen, so ein Polizeisprecher.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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