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"Sandwich-Effekt"

Karl Lauterbach: 7-fache Zunahme bei der Zahl der Pflegebedürftigen

  • Aktualisiert: 28.05.2024
  • 09:25 Uhr
  • Clarissa Yigit

Die Zahl der pflegebedürftigen Personen im Jahr 2023 ist laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mehr als sieben Mal so hoch wie zuvor angenommen.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland hat im vergangenen Jahr statt der erwarteten 50 000 rund 360.000 Menschen betragen.

  • Als Grund hierfür sieht Lauterbach einen "Sandwich-Effekt".

  • So gebe es erstmals zwei Generationen, die gleichzeitig auf Pflege angewiesen sind.

Der Bedarf an Pflegekräften könnte sich bis zum Jahr 2049 auf 2,15 Millionen belaufen. Die Versorgungslücke in der Pflege könnte bis dahin allerdings circa 280.000 fehlende Pflegekräfte ausmachen, auch wenn die Anzahl der Pfleger:innen zunimmt. Sinkt diese auf 1,46 Millionen, würde dies sogar einen Mangel an Pflegekräften von 690.000 bedeuten, errechnete das Statistische Bundesamt bereits im März.

Nun befürchtet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits für dieses Jahr ein großes Problem in der Pflege, denn die Zahl der Pflegebedürftigen sei statt der berechneten 50.000 Personen auf rund 360.000 Menschen angestiegen.

"Demografisch bedingt wäre 2023 nur mit einem Zuwachs von rund 50.000 Personen zu rechnen gewesen. Doch tatsächlich beträgt das Plus über 360.000", äußerte sich Lauterbach gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Montag (27. Mai).

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"Sandwich-Effekt" Ursache für rasanten Anstieg

Als Ursache vermutet der Gesundheitsminister einen "Sandwich-Effekt". So gebe es erstmals zwei Generationen, die gleichzeitig auf Pflege angewiesen seien. "Zu den sehr alten, pflegebedürftigen Menschen kommen die ersten Babyboomer, die nun ebenfalls pflegebedürftig werden. Es gibt also erstmals zwei Generationen, die gleichzeitig auf Pflege angewiesen sind", beschreibt der SPD-Politiker gegenüber dem RND.

Daher rechnet Lauterbach auch zukünftig mit höheren Kosten in der Pflege. "Klar ist, dass wir mittel- und längerfristig eine solidere Form der Finanzierung der Pflege benötigen. Mit dem jetzigen Beitragssystem werden wir das Leistungsniveau der Pflege nicht erhalten können."

Allerdings werde es vermutlich in dieser Legislaturperiode keine umfassende Finanzreform in der Pflege mehr geben, auch wenn eine entsprechende Arbeitsgruppe aus mehreren Ministerien an Vorschlägen für eine Finanzreform arbeitet und diese bis Ende Mai vorlegen wolle. Hier werde es nach Angaben Lauterbachs "wohl kaum zu einer einheitlichen Empfehlung aller Beteiligten kommen." Die Arbeit sei allerdings eine gute Grundlage für eine große Pflegereform in der nächsten Wahlperiode.

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Lauterbach pocht auf "Pflege-Bürgerversicherung"

Lauterbach selbst ist der Meinung, "dass es nicht zu rechtfertigen sei, dass sich Gutverdiener und Beamte nicht an der solidarischen Finanzierung der Pflege beteiligen, weil sie sich privat absichern können." Da die Leistungen in beiden Pflegeversicherungen komplett identisch seien, brauche es daher eine "Pflege-Bürgerversicherung", in die alle einzahlen.

Zudem schlägt der Gesundheitsminister einen höheren Steuerzuschuss etwa für die Rentenbeiträge von pflegenden Angehörigen vor, als auch die Sozialhilfe für Pflegebedürftige zu reformieren. Hierbei solle den Betroffenen der Gang zum Sozialamt erspart werden, indem die Pflegekassen die Hilfe zur Pflege auszahlen würden.

:newstime

"Viele Betroffene empfinden es als entwürdigend, am Ende ihres Lebens, in dem sie hart gearbeitet haben, auf das Sozialamt angewiesen zu sein", betont der Minister. Um dies allerdings zu verhindern, müssten bei den Kommunen eingesparte Steuergelder an die Pflegeversicherung abgeführt werden.

"Jemand, der sein Leben lang gearbeitet hat und sich im Alter trotzdem die Pflege nicht leisten kann, hat ein Recht auf Unterstützung und ist kein Sozialfall", so Lauterbach.

  • Verwendete Quellen:
  • Statista: "Prognose zu Bedarf und Angebot an Pflegekräften in Deutschland nach Szenario in den Jahren 2024 bis 2049"
  • Nachrichtenagentur dpa
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